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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Plaudereien aus London.
(Die Docks. Kunst, insbesondere Concerte und Theater.)

Wer in London war und die Docks nicht gesehen hat, ist dem zu ver¬
gleichen, der in Rom war und den Papst nicht zu Gesicht bekam. Und gewiß
!ob auch die Docks mehr als irgend etwas anderes dazu geeignet, einen Ein¬
blick in das unendliche Getriebe des englischen Handels, in den unermeßlichen
Reichthum der durch denselben beherrschten Länder und in den so bedeutenden
Antheil, der von diesem Reichthum auf England entfällt, zu gestatten.

Ist ja doch London nicht nur für Großbritanien und Irland der Haupt-
Markt für Colonial- und sonstige Produkte ferner Länder, sondern für beinahe
ganz Europa, selbst für solche Länder, die sich durch eigenen bedeutenden
Handel auszeichnen, denn die Massen der überseeischen Waaren, welche in
London verhandelt werden, sind so bedeutend, daß sie alle andern Märkte
beeinflussen. Viele dieser Waaren kommen allerdings niemals bis nach Lor-
^°n, sie bleiben in irgend einem andern Hafen liegen, bis sie nach vorgezeigten
Proben in London verkauft worden sind/ aber trotzdem sind immer noch genug
andere Waaren vorhanden, welche bis in den Hafen der englischen Hauptstadt
Anlaufen und dort in den Docks und den dazu gehörigen Lagerhäusern liegen,
^ sie von da aus in die Adern des europäischen Handels übergehen; Waaren
welche der Käufer im Ganzen sehen will, weil sie sich nach Proben nur schwer
^urtheilen lassen.

Unter den Dockgesellschaften Londons sind es hauptsächlich zwei, welche
Wegen ihrer vorzüglichen Anlagen und wegen der Geräumigkeit ihrer Parks
"ud Waaren-Lagerhäuser in erster Linie zu nennen sind und die auch weit¬
es dem größten Theil der Producte des in London pulsirenden Welthandels
Unterkommen gewähren. Es sind dieses die East and West Jndia und die
ondon Dock-Compagnie. Die erste dieser zwei Gesellschaften hat ihre fünf
^oßen Docks unterhalb Londons bei Blockwall angelegt und besonders die
^ großen Bassins, die zusammen den Namen West-Jndia-Docks führen, sind
^ohl die großartigsten derartigen Anlagen auf der ganzen Erde. Jedes dieser
^ Docks hat gegen 30 Acres Wasserfläche und sie fassen zusammen mehr
^um egg große Westindienfahrer. Trotzdem diese Anlagen theilweise noch
"us dem Jahre 1802 stammen, so genügen sie auch heute noch allen Än¬
derungen des Verkehrs, sie sind mit den vollkommensten Maschinen zum
^ut- und Befrachter ausgerüstet, so z. B. außer sehr vielen kleinern hydrau-
'leben Krahnen mit einem schwimmenden Krähn, der 600 Zentner zu heben
vermag. Einzig und allein darüber wird Klage geführt, daß sie nicht noch
großer, besonders daß sie nicht noch breiter sind. Es ist wirklich staunener-


Plaudereien aus London.
(Die Docks. Kunst, insbesondere Concerte und Theater.)

Wer in London war und die Docks nicht gesehen hat, ist dem zu ver¬
gleichen, der in Rom war und den Papst nicht zu Gesicht bekam. Und gewiß
!ob auch die Docks mehr als irgend etwas anderes dazu geeignet, einen Ein¬
blick in das unendliche Getriebe des englischen Handels, in den unermeßlichen
Reichthum der durch denselben beherrschten Länder und in den so bedeutenden
Antheil, der von diesem Reichthum auf England entfällt, zu gestatten.

Ist ja doch London nicht nur für Großbritanien und Irland der Haupt-
Markt für Colonial- und sonstige Produkte ferner Länder, sondern für beinahe
ganz Europa, selbst für solche Länder, die sich durch eigenen bedeutenden
Handel auszeichnen, denn die Massen der überseeischen Waaren, welche in
London verhandelt werden, sind so bedeutend, daß sie alle andern Märkte
beeinflussen. Viele dieser Waaren kommen allerdings niemals bis nach Lor-
^°n, sie bleiben in irgend einem andern Hafen liegen, bis sie nach vorgezeigten
Proben in London verkauft worden sind/ aber trotzdem sind immer noch genug
andere Waaren vorhanden, welche bis in den Hafen der englischen Hauptstadt
Anlaufen und dort in den Docks und den dazu gehörigen Lagerhäusern liegen,
^ sie von da aus in die Adern des europäischen Handels übergehen; Waaren
welche der Käufer im Ganzen sehen will, weil sie sich nach Proben nur schwer
^urtheilen lassen.

Unter den Dockgesellschaften Londons sind es hauptsächlich zwei, welche
Wegen ihrer vorzüglichen Anlagen und wegen der Geräumigkeit ihrer Parks
"ud Waaren-Lagerhäuser in erster Linie zu nennen sind und die auch weit¬
es dem größten Theil der Producte des in London pulsirenden Welthandels
Unterkommen gewähren. Es sind dieses die East and West Jndia und die
ondon Dock-Compagnie. Die erste dieser zwei Gesellschaften hat ihre fünf
^oßen Docks unterhalb Londons bei Blockwall angelegt und besonders die
^ großen Bassins, die zusammen den Namen West-Jndia-Docks führen, sind
^ohl die großartigsten derartigen Anlagen auf der ganzen Erde. Jedes dieser
^ Docks hat gegen 30 Acres Wasserfläche und sie fassen zusammen mehr
^um egg große Westindienfahrer. Trotzdem diese Anlagen theilweise noch
«us dem Jahre 1802 stammen, so genügen sie auch heute noch allen Än¬
derungen des Verkehrs, sie sind mit den vollkommensten Maschinen zum
^ut- und Befrachter ausgerüstet, so z. B. außer sehr vielen kleinern hydrau-
'leben Krahnen mit einem schwimmenden Krähn, der 600 Zentner zu heben
vermag. Einzig und allein darüber wird Klage geführt, daß sie nicht noch
großer, besonders daß sie nicht noch breiter sind. Es ist wirklich staunener-


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[0223] Plaudereien aus London. (Die Docks. Kunst, insbesondere Concerte und Theater.) Wer in London war und die Docks nicht gesehen hat, ist dem zu ver¬ gleichen, der in Rom war und den Papst nicht zu Gesicht bekam. Und gewiß !ob auch die Docks mehr als irgend etwas anderes dazu geeignet, einen Ein¬ blick in das unendliche Getriebe des englischen Handels, in den unermeßlichen Reichthum der durch denselben beherrschten Länder und in den so bedeutenden Antheil, der von diesem Reichthum auf England entfällt, zu gestatten. Ist ja doch London nicht nur für Großbritanien und Irland der Haupt- Markt für Colonial- und sonstige Produkte ferner Länder, sondern für beinahe ganz Europa, selbst für solche Länder, die sich durch eigenen bedeutenden Handel auszeichnen, denn die Massen der überseeischen Waaren, welche in London verhandelt werden, sind so bedeutend, daß sie alle andern Märkte beeinflussen. Viele dieser Waaren kommen allerdings niemals bis nach Lor- ^°n, sie bleiben in irgend einem andern Hafen liegen, bis sie nach vorgezeigten Proben in London verkauft worden sind/ aber trotzdem sind immer noch genug andere Waaren vorhanden, welche bis in den Hafen der englischen Hauptstadt Anlaufen und dort in den Docks und den dazu gehörigen Lagerhäusern liegen, ^ sie von da aus in die Adern des europäischen Handels übergehen; Waaren welche der Käufer im Ganzen sehen will, weil sie sich nach Proben nur schwer ^urtheilen lassen. Unter den Dockgesellschaften Londons sind es hauptsächlich zwei, welche Wegen ihrer vorzüglichen Anlagen und wegen der Geräumigkeit ihrer Parks "ud Waaren-Lagerhäuser in erster Linie zu nennen sind und die auch weit¬ es dem größten Theil der Producte des in London pulsirenden Welthandels Unterkommen gewähren. Es sind dieses die East and West Jndia und die ondon Dock-Compagnie. Die erste dieser zwei Gesellschaften hat ihre fünf ^oßen Docks unterhalb Londons bei Blockwall angelegt und besonders die ^ großen Bassins, die zusammen den Namen West-Jndia-Docks führen, sind ^ohl die großartigsten derartigen Anlagen auf der ganzen Erde. Jedes dieser ^ Docks hat gegen 30 Acres Wasserfläche und sie fassen zusammen mehr ^um egg große Westindienfahrer. Trotzdem diese Anlagen theilweise noch «us dem Jahre 1802 stammen, so genügen sie auch heute noch allen Än¬ derungen des Verkehrs, sie sind mit den vollkommensten Maschinen zum ^ut- und Befrachter ausgerüstet, so z. B. außer sehr vielen kleinern hydrau- 'leben Krahnen mit einem schwimmenden Krähn, der 600 Zentner zu heben vermag. Einzig und allein darüber wird Klage geführt, daß sie nicht noch großer, besonders daß sie nicht noch breiter sind. Es ist wirklich staunener-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/223>, abgerufen am 06.05.2024.