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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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Betrachtungen user die AanKftage.
Bon Max Wirth-
III.

In Beziehung auf den Geschäftskreis der Zettelbanken hat sich eine inter¬
nationale Praxis herausgebildet, welche überall als Norm dient und von der
gegenwärtig nur wenige Ausnahmen noch vorkommen. Als der normale Ge¬
schäftskreis der Notenbanken ist das Wechsel-Geschäft zu betrachten; sie sollen
die Hauptmasse ihrer eigenen und fremden Betriebsmittel zur Discontirung
von kurzen guten Wechseln verwenden, welche auf Grund reeller Warenge¬
schäfte gezogen sind und dadurch müssig liegendes Geldkapital geldbedürftigen
Geschäftsleuten zuführen. Die Wechsel sollen die Unterschriften von drei und
ausnahmsweise wenigstens zwei, notorisch zahlungsfähigen Personen tragen
und nach dew am meisten geltenden Brauche auf nicht länger als drei Mo¬
nate ausgestellt sein. In letzterer Beziehung kommen in einzelnen Ländern
Ausnahmen von der allgemeinen Regel vor.

So giebt es z. B. in der Schweiz Banken, welche für die Wechsel, die sie
discontiren, Fristen von vier bis sechs Monaten gestatten, allein diese Anstal¬
ten werden nicht zu den solidesten gezählt und außerdem bilden in den meisten
Cantonen der Schweiz drakonische Schuldgesetze das Correktiv für leichteren
Credit. -

Eine hundertjährige Erfahrung hat übrigens festgestellt, daß Schuld¬
forderungen, welche aus kurzen Wechseln entspringen, am pünktlichsten und
sichersten abgetragen werden und am wenigsten Verluste mit sich bringen. Da
der große, namentlich der internationale Handelsverkehr, um überflüssige Hin-
und Hersendungen von ungeheuren Geldsummen zu ersparen, durch Compen-
sation mittelst der Wechsel vor sich geht, so hat sich auf der ganzen Erde der
Brauch eingebürgert, daß Waarenkäufe erst in bestimmten Fristen gezahlt
werden, während welcher eben die vom Verkäufer auf den Käufer gezogenen
Wechsel umlaufen. Der Käufer muß die Zahlungsfrist pünktlich einhalten,
wenn er nicht für die Zukunft seinen Credit verlieren und seine Lebensstellung
preisgeben will. Ueberdieß schärfen in den meisten civilisirten Staaten beson¬
dere Wechselgesetze mit rascherem Exekutionsverfahren diesen Brauch nachdrück¬
lich ein. Haben ja doch auch die Käufer den Werth ihrer Zahlung längst
vorher empfangen und Zeit gehabt ihn umzutreiben und für Deckung zu sorgen-
Weil also der Wechselverkehr auf reellen Handelsgeschäften beruhen soll, so
muß eine solide Bank auch alle Wechsel von sich weisen, welche auf fingirten
Geschäften beruhen und nur dazu dienen sollen, momentan Geld flüssig zu
machen -- alle sogenannten Reitwechsel. Als Beweis für die Sicherheit des


Betrachtungen user die AanKftage.
Bon Max Wirth-
III.

In Beziehung auf den Geschäftskreis der Zettelbanken hat sich eine inter¬
nationale Praxis herausgebildet, welche überall als Norm dient und von der
gegenwärtig nur wenige Ausnahmen noch vorkommen. Als der normale Ge¬
schäftskreis der Notenbanken ist das Wechsel-Geschäft zu betrachten; sie sollen
die Hauptmasse ihrer eigenen und fremden Betriebsmittel zur Discontirung
von kurzen guten Wechseln verwenden, welche auf Grund reeller Warenge¬
schäfte gezogen sind und dadurch müssig liegendes Geldkapital geldbedürftigen
Geschäftsleuten zuführen. Die Wechsel sollen die Unterschriften von drei und
ausnahmsweise wenigstens zwei, notorisch zahlungsfähigen Personen tragen
und nach dew am meisten geltenden Brauche auf nicht länger als drei Mo¬
nate ausgestellt sein. In letzterer Beziehung kommen in einzelnen Ländern
Ausnahmen von der allgemeinen Regel vor.

So giebt es z. B. in der Schweiz Banken, welche für die Wechsel, die sie
discontiren, Fristen von vier bis sechs Monaten gestatten, allein diese Anstal¬
ten werden nicht zu den solidesten gezählt und außerdem bilden in den meisten
Cantonen der Schweiz drakonische Schuldgesetze das Correktiv für leichteren
Credit. -

Eine hundertjährige Erfahrung hat übrigens festgestellt, daß Schuld¬
forderungen, welche aus kurzen Wechseln entspringen, am pünktlichsten und
sichersten abgetragen werden und am wenigsten Verluste mit sich bringen. Da
der große, namentlich der internationale Handelsverkehr, um überflüssige Hin-
und Hersendungen von ungeheuren Geldsummen zu ersparen, durch Compen-
sation mittelst der Wechsel vor sich geht, so hat sich auf der ganzen Erde der
Brauch eingebürgert, daß Waarenkäufe erst in bestimmten Fristen gezahlt
werden, während welcher eben die vom Verkäufer auf den Käufer gezogenen
Wechsel umlaufen. Der Käufer muß die Zahlungsfrist pünktlich einhalten,
wenn er nicht für die Zukunft seinen Credit verlieren und seine Lebensstellung
preisgeben will. Ueberdieß schärfen in den meisten civilisirten Staaten beson¬
dere Wechselgesetze mit rascherem Exekutionsverfahren diesen Brauch nachdrück¬
lich ein. Haben ja doch auch die Käufer den Werth ihrer Zahlung längst
vorher empfangen und Zeit gehabt ihn umzutreiben und für Deckung zu sorgen-
Weil also der Wechselverkehr auf reellen Handelsgeschäften beruhen soll, so
muß eine solide Bank auch alle Wechsel von sich weisen, welche auf fingirten
Geschäften beruhen und nur dazu dienen sollen, momentan Geld flüssig zu
machen — alle sogenannten Reitwechsel. Als Beweis für die Sicherheit des


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[0146] Betrachtungen user die AanKftage. Bon Max Wirth- III. In Beziehung auf den Geschäftskreis der Zettelbanken hat sich eine inter¬ nationale Praxis herausgebildet, welche überall als Norm dient und von der gegenwärtig nur wenige Ausnahmen noch vorkommen. Als der normale Ge¬ schäftskreis der Notenbanken ist das Wechsel-Geschäft zu betrachten; sie sollen die Hauptmasse ihrer eigenen und fremden Betriebsmittel zur Discontirung von kurzen guten Wechseln verwenden, welche auf Grund reeller Warenge¬ schäfte gezogen sind und dadurch müssig liegendes Geldkapital geldbedürftigen Geschäftsleuten zuführen. Die Wechsel sollen die Unterschriften von drei und ausnahmsweise wenigstens zwei, notorisch zahlungsfähigen Personen tragen und nach dew am meisten geltenden Brauche auf nicht länger als drei Mo¬ nate ausgestellt sein. In letzterer Beziehung kommen in einzelnen Ländern Ausnahmen von der allgemeinen Regel vor. So giebt es z. B. in der Schweiz Banken, welche für die Wechsel, die sie discontiren, Fristen von vier bis sechs Monaten gestatten, allein diese Anstal¬ ten werden nicht zu den solidesten gezählt und außerdem bilden in den meisten Cantonen der Schweiz drakonische Schuldgesetze das Correktiv für leichteren Credit. - Eine hundertjährige Erfahrung hat übrigens festgestellt, daß Schuld¬ forderungen, welche aus kurzen Wechseln entspringen, am pünktlichsten und sichersten abgetragen werden und am wenigsten Verluste mit sich bringen. Da der große, namentlich der internationale Handelsverkehr, um überflüssige Hin- und Hersendungen von ungeheuren Geldsummen zu ersparen, durch Compen- sation mittelst der Wechsel vor sich geht, so hat sich auf der ganzen Erde der Brauch eingebürgert, daß Waarenkäufe erst in bestimmten Fristen gezahlt werden, während welcher eben die vom Verkäufer auf den Käufer gezogenen Wechsel umlaufen. Der Käufer muß die Zahlungsfrist pünktlich einhalten, wenn er nicht für die Zukunft seinen Credit verlieren und seine Lebensstellung preisgeben will. Ueberdieß schärfen in den meisten civilisirten Staaten beson¬ dere Wechselgesetze mit rascherem Exekutionsverfahren diesen Brauch nachdrück¬ lich ein. Haben ja doch auch die Käufer den Werth ihrer Zahlung längst vorher empfangen und Zeit gehabt ihn umzutreiben und für Deckung zu sorgen- Weil also der Wechselverkehr auf reellen Handelsgeschäften beruhen soll, so muß eine solide Bank auch alle Wechsel von sich weisen, welche auf fingirten Geschäften beruhen und nur dazu dienen sollen, momentan Geld flüssig zu machen — alle sogenannten Reitwechsel. Als Beweis für die Sicherheit des

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/146>, abgerufen am 07.05.2024.