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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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richtigen Wechselverkehrs führt Prof. Nasse die merkwürdige Thatsache an,
daß zur Zeit des tiefsten Unglückes Preußens nach der Schlacht von Jena, wo
für eine Reihe von Jahren sogar hypothekarische Forderungen nicht mehr ein¬
zutreiben waren, die von der preußischen Bank diskontirten Wechsel fast so
Pünktlich wie in gewöhnlichen Zeiten eingelöst wurden, so daß der Durchschnitts-
Verlust kaum nennenswert!) überschritten wurde.

Man ersteht daraus, daß der solide Wechselverkehr eine fast ebenso feste
Basis für die Sicherheit einer Zettelbank abgibt, wie die Baarschaft selbst.
Denn eine jede normal geleitete Bank kann fast mit mathematischer Sicherheit
berechnen, wie viel baares Geld jeden Tag in ihre Kasse zurückfließt, um dar¬
nach das Maß und die Bedingungen ihrer Creditbewilligungen bemessen zu
können. Sieht sie z. B,, daß die Creditbegehrer dieses Maß überschreiten, so
erschwert sie ihre Bedingungen, d. h. sie erhöht zunächst ihren Zinssatz und
schreckt dadurch einestheils Creditsuchende ab, deren Unternehmungen auf
billiges Kapital berechnet sind, anderntheils lockt sie Depositen heran, deren
Eigenthümer von dem höhern Zinsfuß Nutzen ziehen wollen. Aus diesen
Gründen bildet das regelmäßige Disconto - Geschäft für eine Zettelbank die
größte Sicherheit und wenn eine Bank in dieser Hinsicht nicht von den soli¬
den internationalen kaufmännischen Grundsätzen abweicht, so kann sie aller
Vorsichtsmaßregeln und Schranken entbehren, welche die Gesetzgebung in
einzelnen Staaten ihnen zur Sicherung der Notengläubiger auferlegen zu
müssen glaubte. Es können den Zettelbanken daher zwar noch einige andere
Geschäfte erlaubt werden, welche zu den Normen des reinen Discontoge-
schäftes passen, allein dieselben müssen sich hüten, ihre Mittel in Unterneh¬
mungen zu stecken oder Unternehmern zu ereditiren, bei welchen es entweder
auf sehr lange Zeit festgenagelt wird oder wo gar die Gefahr des Verlustes
sich wesentlich vergrößert. Es kann also den Zettelbanken noch das Dar¬
lehens - Geschäft gegen Unterpfand gestattet werden; es ist aber dabei rathsam
eine gewisse Grenze zu ziehen, weil man bei Darlehen nicht so sicher darauf
rechnen kann, daß sie auf Geschäften beruhen, für welche der Kaufpreis rasch
liquid wird und weil die Unterpfänder in kritischen Zeiten nicht so leicht
ohne Verlust veräußert werden können, selbst wenn man sie nur gegen einen
namhaften Abstrich vom Marktpreise bei der Darlehensbewilligung über¬
nommen hat. Deshalb werden auch bei der Berechnung der Notendeckung
der preußischen Bank die Lombarddarlehen gar nicht mit in Anschlag gebracht.
Zu ähnlichen regelmäßigen Geschäften gehört das Giro- oder Umschreibe¬
geschäft, sowie das Contoeurrentgeschäft soweit die deponirten Gelder nicht ver¬
zinset werden. Die Verzinsung von Contocurrent-Depositen ist bereits zu
den nicht absolut sicheren Zettelbankgeschäften zu rechnen; denn die Annahme
verzinslicher Depositen muß, wenn sie rationell sein soll, den Bedingungen


richtigen Wechselverkehrs führt Prof. Nasse die merkwürdige Thatsache an,
daß zur Zeit des tiefsten Unglückes Preußens nach der Schlacht von Jena, wo
für eine Reihe von Jahren sogar hypothekarische Forderungen nicht mehr ein¬
zutreiben waren, die von der preußischen Bank diskontirten Wechsel fast so
Pünktlich wie in gewöhnlichen Zeiten eingelöst wurden, so daß der Durchschnitts-
Verlust kaum nennenswert!) überschritten wurde.

Man ersteht daraus, daß der solide Wechselverkehr eine fast ebenso feste
Basis für die Sicherheit einer Zettelbank abgibt, wie die Baarschaft selbst.
Denn eine jede normal geleitete Bank kann fast mit mathematischer Sicherheit
berechnen, wie viel baares Geld jeden Tag in ihre Kasse zurückfließt, um dar¬
nach das Maß und die Bedingungen ihrer Creditbewilligungen bemessen zu
können. Sieht sie z. B,, daß die Creditbegehrer dieses Maß überschreiten, so
erschwert sie ihre Bedingungen, d. h. sie erhöht zunächst ihren Zinssatz und
schreckt dadurch einestheils Creditsuchende ab, deren Unternehmungen auf
billiges Kapital berechnet sind, anderntheils lockt sie Depositen heran, deren
Eigenthümer von dem höhern Zinsfuß Nutzen ziehen wollen. Aus diesen
Gründen bildet das regelmäßige Disconto - Geschäft für eine Zettelbank die
größte Sicherheit und wenn eine Bank in dieser Hinsicht nicht von den soli¬
den internationalen kaufmännischen Grundsätzen abweicht, so kann sie aller
Vorsichtsmaßregeln und Schranken entbehren, welche die Gesetzgebung in
einzelnen Staaten ihnen zur Sicherung der Notengläubiger auferlegen zu
müssen glaubte. Es können den Zettelbanken daher zwar noch einige andere
Geschäfte erlaubt werden, welche zu den Normen des reinen Discontoge-
schäftes passen, allein dieselben müssen sich hüten, ihre Mittel in Unterneh¬
mungen zu stecken oder Unternehmern zu ereditiren, bei welchen es entweder
auf sehr lange Zeit festgenagelt wird oder wo gar die Gefahr des Verlustes
sich wesentlich vergrößert. Es kann also den Zettelbanken noch das Dar¬
lehens - Geschäft gegen Unterpfand gestattet werden; es ist aber dabei rathsam
eine gewisse Grenze zu ziehen, weil man bei Darlehen nicht so sicher darauf
rechnen kann, daß sie auf Geschäften beruhen, für welche der Kaufpreis rasch
liquid wird und weil die Unterpfänder in kritischen Zeiten nicht so leicht
ohne Verlust veräußert werden können, selbst wenn man sie nur gegen einen
namhaften Abstrich vom Marktpreise bei der Darlehensbewilligung über¬
nommen hat. Deshalb werden auch bei der Berechnung der Notendeckung
der preußischen Bank die Lombarddarlehen gar nicht mit in Anschlag gebracht.
Zu ähnlichen regelmäßigen Geschäften gehört das Giro- oder Umschreibe¬
geschäft, sowie das Contoeurrentgeschäft soweit die deponirten Gelder nicht ver¬
zinset werden. Die Verzinsung von Contocurrent-Depositen ist bereits zu
den nicht absolut sicheren Zettelbankgeschäften zu rechnen; denn die Annahme
verzinslicher Depositen muß, wenn sie rationell sein soll, den Bedingungen


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[0147] richtigen Wechselverkehrs führt Prof. Nasse die merkwürdige Thatsache an, daß zur Zeit des tiefsten Unglückes Preußens nach der Schlacht von Jena, wo für eine Reihe von Jahren sogar hypothekarische Forderungen nicht mehr ein¬ zutreiben waren, die von der preußischen Bank diskontirten Wechsel fast so Pünktlich wie in gewöhnlichen Zeiten eingelöst wurden, so daß der Durchschnitts- Verlust kaum nennenswert!) überschritten wurde. Man ersteht daraus, daß der solide Wechselverkehr eine fast ebenso feste Basis für die Sicherheit einer Zettelbank abgibt, wie die Baarschaft selbst. Denn eine jede normal geleitete Bank kann fast mit mathematischer Sicherheit berechnen, wie viel baares Geld jeden Tag in ihre Kasse zurückfließt, um dar¬ nach das Maß und die Bedingungen ihrer Creditbewilligungen bemessen zu können. Sieht sie z. B,, daß die Creditbegehrer dieses Maß überschreiten, so erschwert sie ihre Bedingungen, d. h. sie erhöht zunächst ihren Zinssatz und schreckt dadurch einestheils Creditsuchende ab, deren Unternehmungen auf billiges Kapital berechnet sind, anderntheils lockt sie Depositen heran, deren Eigenthümer von dem höhern Zinsfuß Nutzen ziehen wollen. Aus diesen Gründen bildet das regelmäßige Disconto - Geschäft für eine Zettelbank die größte Sicherheit und wenn eine Bank in dieser Hinsicht nicht von den soli¬ den internationalen kaufmännischen Grundsätzen abweicht, so kann sie aller Vorsichtsmaßregeln und Schranken entbehren, welche die Gesetzgebung in einzelnen Staaten ihnen zur Sicherung der Notengläubiger auferlegen zu müssen glaubte. Es können den Zettelbanken daher zwar noch einige andere Geschäfte erlaubt werden, welche zu den Normen des reinen Discontoge- schäftes passen, allein dieselben müssen sich hüten, ihre Mittel in Unterneh¬ mungen zu stecken oder Unternehmern zu ereditiren, bei welchen es entweder auf sehr lange Zeit festgenagelt wird oder wo gar die Gefahr des Verlustes sich wesentlich vergrößert. Es kann also den Zettelbanken noch das Dar¬ lehens - Geschäft gegen Unterpfand gestattet werden; es ist aber dabei rathsam eine gewisse Grenze zu ziehen, weil man bei Darlehen nicht so sicher darauf rechnen kann, daß sie auf Geschäften beruhen, für welche der Kaufpreis rasch liquid wird und weil die Unterpfänder in kritischen Zeiten nicht so leicht ohne Verlust veräußert werden können, selbst wenn man sie nur gegen einen namhaften Abstrich vom Marktpreise bei der Darlehensbewilligung über¬ nommen hat. Deshalb werden auch bei der Berechnung der Notendeckung der preußischen Bank die Lombarddarlehen gar nicht mit in Anschlag gebracht. Zu ähnlichen regelmäßigen Geschäften gehört das Giro- oder Umschreibe¬ geschäft, sowie das Contoeurrentgeschäft soweit die deponirten Gelder nicht ver¬ zinset werden. Die Verzinsung von Contocurrent-Depositen ist bereits zu den nicht absolut sicheren Zettelbankgeschäften zu rechnen; denn die Annahme verzinslicher Depositen muß, wenn sie rationell sein soll, den Bedingungen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/147>, abgerufen am 27.05.2024.