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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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man alle Gesetze der Welt aufheben. Es ist aber doch ein Unterschied, ob
der Mißbrauch, der mit einer unvollkommenen Fassung getrieben wird, zur
Abstellung drängt oder nicht.

Die Abschaffung der drei Verfassungsa.reitet wurde bei der zweiten Be¬
L!--r. schlußfassung wiederholt genehmigt. '




Liniges über die Amerikanische Presse.

Bei dem Vertrieb der hiesigen Zeitungen ist besonders ins Auge zu
fassen, daß im Publikum ein ganz bedeutend größeres und allgemeineres In¬
teresse vorherrscht, die Zeitungen zu lesen, als dies in Deutschland, ja sogar
in England der Fall ist. In den großen Städten ist es Sitte, daß die An¬
hänger der einen Parteirichtung nicht allein das Blatt täglich lesen, welches
ihrer politischen Meinung huldigt, sondern auch die Ansichten der Gegenpartei
in ihren Organen möglichst oft lesen und hören. Weiter enthalten die großen
amerikanischen Blätter so viel nichtpolitischen Stoff, namentlich Abhandlun¬
gen über wissenschaftliche, landwirtschaftliche und sociale Verhältnisse, daß
bei einer großen Anzahl von Lesern die politische Färbung eines Blattes fast
zur Nebensache wird, wenn dasselbe nur alle übrigen, mit dem Landeswohl
zusammenhängenden Verhältnisse berührt und möglichst erschöpfend behan¬
delt. -- So entstand hier ein Zweig der Tagespresse, der in Deutschland erst
in den Anfängen bekannt ist: die halbwöchentliche und wöchentliche Ausgabe
der Tagesblätter, wie solche alle großen hiesigen Zeitungen, auch die deut¬
schen, veranstalten. Diese halbwöchentlichen und wöchentlichen Ausgaben ha¬
ben aber hauptsächlich auf dem Lande, nicht in den Städten, wo sie erscheinen,
und im Auslande ihre Abnehmer, und dadurch wird der Leserkreis dieser
Wochenausgaben ein von den Abonnenten der Tagesausgabe derselben Zei¬
tung grundverschiedener.

Die halbwöchentliche und wöchentliche Neu-Uork-Tribune z. B. ist dem
Farmer der ganzen Vereinigten Staaten von großem Werth, denn sie enthält
werthvolle Artikel, von Autoritäten geschrieben, über: Acker-, Feld-, Obst-
und Weinbau, über Viehzucht und Forstkultur und alle anderen in das
Farmergebiet einschlagenden Interessen. Dieses Fach allein erhält in diesen
Zeitungsausgaben jedes Mal (> bis 12 enggedruckte Spalten angewiesen.
Der Text aber ist häufig durch Zeichnungen erläutert, die Maschinen, Ge¬
bäude, neue Psropfsysteme u. s. w. bildlich darstellen. Außerdem behandeln


Grenzboten U, 1857. 40

man alle Gesetze der Welt aufheben. Es ist aber doch ein Unterschied, ob
der Mißbrauch, der mit einer unvollkommenen Fassung getrieben wird, zur
Abstellung drängt oder nicht.

Die Abschaffung der drei Verfassungsa.reitet wurde bei der zweiten Be¬
L!—r. schlußfassung wiederholt genehmigt. '




Liniges über die Amerikanische Presse.

Bei dem Vertrieb der hiesigen Zeitungen ist besonders ins Auge zu
fassen, daß im Publikum ein ganz bedeutend größeres und allgemeineres In¬
teresse vorherrscht, die Zeitungen zu lesen, als dies in Deutschland, ja sogar
in England der Fall ist. In den großen Städten ist es Sitte, daß die An¬
hänger der einen Parteirichtung nicht allein das Blatt täglich lesen, welches
ihrer politischen Meinung huldigt, sondern auch die Ansichten der Gegenpartei
in ihren Organen möglichst oft lesen und hören. Weiter enthalten die großen
amerikanischen Blätter so viel nichtpolitischen Stoff, namentlich Abhandlun¬
gen über wissenschaftliche, landwirtschaftliche und sociale Verhältnisse, daß
bei einer großen Anzahl von Lesern die politische Färbung eines Blattes fast
zur Nebensache wird, wenn dasselbe nur alle übrigen, mit dem Landeswohl
zusammenhängenden Verhältnisse berührt und möglichst erschöpfend behan¬
delt. — So entstand hier ein Zweig der Tagespresse, der in Deutschland erst
in den Anfängen bekannt ist: die halbwöchentliche und wöchentliche Ausgabe
der Tagesblätter, wie solche alle großen hiesigen Zeitungen, auch die deut¬
schen, veranstalten. Diese halbwöchentlichen und wöchentlichen Ausgaben ha¬
ben aber hauptsächlich auf dem Lande, nicht in den Städten, wo sie erscheinen,
und im Auslande ihre Abnehmer, und dadurch wird der Leserkreis dieser
Wochenausgaben ein von den Abonnenten der Tagesausgabe derselben Zei¬
tung grundverschiedener.

Die halbwöchentliche und wöchentliche Neu-Uork-Tribune z. B. ist dem
Farmer der ganzen Vereinigten Staaten von großem Werth, denn sie enthält
werthvolle Artikel, von Autoritäten geschrieben, über: Acker-, Feld-, Obst-
und Weinbau, über Viehzucht und Forstkultur und alle anderen in das
Farmergebiet einschlagenden Interessen. Dieses Fach allein erhält in diesen
Zeitungsausgaben jedes Mal (> bis 12 enggedruckte Spalten angewiesen.
Der Text aber ist häufig durch Zeichnungen erläutert, die Maschinen, Ge¬
bäude, neue Psropfsysteme u. s. w. bildlich darstellen. Außerdem behandeln


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[0317] man alle Gesetze der Welt aufheben. Es ist aber doch ein Unterschied, ob der Mißbrauch, der mit einer unvollkommenen Fassung getrieben wird, zur Abstellung drängt oder nicht. Die Abschaffung der drei Verfassungsa.reitet wurde bei der zweiten Be¬ L!—r. schlußfassung wiederholt genehmigt. ' Liniges über die Amerikanische Presse. Bei dem Vertrieb der hiesigen Zeitungen ist besonders ins Auge zu fassen, daß im Publikum ein ganz bedeutend größeres und allgemeineres In¬ teresse vorherrscht, die Zeitungen zu lesen, als dies in Deutschland, ja sogar in England der Fall ist. In den großen Städten ist es Sitte, daß die An¬ hänger der einen Parteirichtung nicht allein das Blatt täglich lesen, welches ihrer politischen Meinung huldigt, sondern auch die Ansichten der Gegenpartei in ihren Organen möglichst oft lesen und hören. Weiter enthalten die großen amerikanischen Blätter so viel nichtpolitischen Stoff, namentlich Abhandlun¬ gen über wissenschaftliche, landwirtschaftliche und sociale Verhältnisse, daß bei einer großen Anzahl von Lesern die politische Färbung eines Blattes fast zur Nebensache wird, wenn dasselbe nur alle übrigen, mit dem Landeswohl zusammenhängenden Verhältnisse berührt und möglichst erschöpfend behan¬ delt. — So entstand hier ein Zweig der Tagespresse, der in Deutschland erst in den Anfängen bekannt ist: die halbwöchentliche und wöchentliche Ausgabe der Tagesblätter, wie solche alle großen hiesigen Zeitungen, auch die deut¬ schen, veranstalten. Diese halbwöchentlichen und wöchentlichen Ausgaben ha¬ ben aber hauptsächlich auf dem Lande, nicht in den Städten, wo sie erscheinen, und im Auslande ihre Abnehmer, und dadurch wird der Leserkreis dieser Wochenausgaben ein von den Abonnenten der Tagesausgabe derselben Zei¬ tung grundverschiedener. Die halbwöchentliche und wöchentliche Neu-Uork-Tribune z. B. ist dem Farmer der ganzen Vereinigten Staaten von großem Werth, denn sie enthält werthvolle Artikel, von Autoritäten geschrieben, über: Acker-, Feld-, Obst- und Weinbau, über Viehzucht und Forstkultur und alle anderen in das Farmergebiet einschlagenden Interessen. Dieses Fach allein erhält in diesen Zeitungsausgaben jedes Mal (> bis 12 enggedruckte Spalten angewiesen. Der Text aber ist häufig durch Zeichnungen erläutert, die Maschinen, Ge¬ bäude, neue Psropfsysteme u. s. w. bildlich darstellen. Außerdem behandeln Grenzboten U, 1857. 40

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/317>, abgerufen am 06.05.2024.