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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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machen! -- Niemanden für besser geeignet halten zu diesem schwierigen und
verantwortungsvollen Auftrage als Herrn Direktor Nasemann in Halle.
Möchte er, der sich ja guter Beziehungen zu der Familie Schön erfreut, dieser
Aufgabe seinerseits sich nicht entziehen!


Ma u r en b re es er.


Der Uattenfänger von Kameln.
Von Moritz Busch.

Welches ist die anmuthigste Gegend an der Weser? Die Einen sagen
Münden, die Andern nennen Hameln. Ich stelle mich, ohne für Mündens
Reize blind zu sein, ohne Vorzug zu denen, die Hameln den Vorzug geben.
Die Aussicht von dem der Stadt gegenüber gelegnen Kind ist, wenn das gelbe Licht
der Nachmittagssonne auf die schön geformten Berge fällt, welche das breite
Flußthal in weitem Bogen und in verschieden Abstufungen umgeben, wenn
es die rothen Dächer der Häuser und Kirchen bestrahlt, in den silbernen
Wasserfall der Wehre sein Gold wirft, den vielgewundenen Strom leuchten
und die Fenster in den Dörfern der Fläche rechts und links wie von Feuers-
gluth entbrennen läßt, wohl überhaupt das Beste, was das norddeutsche Binnen¬
land in dieser Beziehung zu bieten hat. Wald und Feld, Wasser und Land,
Alles ist vertheilt und gruppirt wie von Malershand. Schon dreimal war
ich von Hannover drüben in diesem grünen Paradiese, im Frühling, im Som¬
mer, im Herbste, und jedes Mal war ich entzückt von neuen Schönheiten
ueben den alten, die ich in der Erinnerung mit hinweg genommen hatte.
nächster Tage, sobald der Mai seinen Regenmantel ausgezogen hat, gehe ich
wieder hin und berausche mich, und wenn -- ja nun, wenn es kein Wenn
und Aber gäbe, wer weiß, ob ich dann nicht mich entschlösse, bei einem
spätern Besuche gar nicht wieder abzureisen, sondern mit Sanct Peter zu
sagen: Hier ist gut sein, hier laßt uns Hütten bauen.

Aber ich wollte heute eigentlich nicht Landschaftsmaler und Naturenthu¬
siast sein, sondern die Leser mit einem merkwürdigen Hamelenser bekannt
machen, den viele von ihnen vermuthlich nur von Hörensagen kennen, der mir
aber interessant genug zu sein scheint. um eine nähere Beschäftigung mit ihm
zu rechtfertigen. Es ist der in der Ueberschrift genannte alte Herr, von dem
ich, damit man sich nicht vornehm von ihm abwende, gleich hier verrathen
will, daß er ein Gott ist.

Die Erzählung lautet, so wie sie jetzt im Volksmunde umläuft, ungefähr
folgendermaßen:


machen! — Niemanden für besser geeignet halten zu diesem schwierigen und
verantwortungsvollen Auftrage als Herrn Direktor Nasemann in Halle.
Möchte er, der sich ja guter Beziehungen zu der Familie Schön erfreut, dieser
Aufgabe seinerseits sich nicht entziehen!


Ma u r en b re es er.


Der Uattenfänger von Kameln.
Von Moritz Busch.

Welches ist die anmuthigste Gegend an der Weser? Die Einen sagen
Münden, die Andern nennen Hameln. Ich stelle mich, ohne für Mündens
Reize blind zu sein, ohne Vorzug zu denen, die Hameln den Vorzug geben.
Die Aussicht von dem der Stadt gegenüber gelegnen Kind ist, wenn das gelbe Licht
der Nachmittagssonne auf die schön geformten Berge fällt, welche das breite
Flußthal in weitem Bogen und in verschieden Abstufungen umgeben, wenn
es die rothen Dächer der Häuser und Kirchen bestrahlt, in den silbernen
Wasserfall der Wehre sein Gold wirft, den vielgewundenen Strom leuchten
und die Fenster in den Dörfern der Fläche rechts und links wie von Feuers-
gluth entbrennen läßt, wohl überhaupt das Beste, was das norddeutsche Binnen¬
land in dieser Beziehung zu bieten hat. Wald und Feld, Wasser und Land,
Alles ist vertheilt und gruppirt wie von Malershand. Schon dreimal war
ich von Hannover drüben in diesem grünen Paradiese, im Frühling, im Som¬
mer, im Herbste, und jedes Mal war ich entzückt von neuen Schönheiten
ueben den alten, die ich in der Erinnerung mit hinweg genommen hatte.
nächster Tage, sobald der Mai seinen Regenmantel ausgezogen hat, gehe ich
wieder hin und berausche mich, und wenn — ja nun, wenn es kein Wenn
und Aber gäbe, wer weiß, ob ich dann nicht mich entschlösse, bei einem
spätern Besuche gar nicht wieder abzureisen, sondern mit Sanct Peter zu
sagen: Hier ist gut sein, hier laßt uns Hütten bauen.

Aber ich wollte heute eigentlich nicht Landschaftsmaler und Naturenthu¬
siast sein, sondern die Leser mit einem merkwürdigen Hamelenser bekannt
machen, den viele von ihnen vermuthlich nur von Hörensagen kennen, der mir
aber interessant genug zu sein scheint. um eine nähere Beschäftigung mit ihm
zu rechtfertigen. Es ist der in der Ueberschrift genannte alte Herr, von dem
ich, damit man sich nicht vornehm von ihm abwende, gleich hier verrathen
will, daß er ein Gott ist.

Die Erzählung lautet, so wie sie jetzt im Volksmunde umläuft, ungefähr
folgendermaßen:


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[0502] machen! — Niemanden für besser geeignet halten zu diesem schwierigen und verantwortungsvollen Auftrage als Herrn Direktor Nasemann in Halle. Möchte er, der sich ja guter Beziehungen zu der Familie Schön erfreut, dieser Aufgabe seinerseits sich nicht entziehen! Ma u r en b re es er. Der Uattenfänger von Kameln. Von Moritz Busch. Welches ist die anmuthigste Gegend an der Weser? Die Einen sagen Münden, die Andern nennen Hameln. Ich stelle mich, ohne für Mündens Reize blind zu sein, ohne Vorzug zu denen, die Hameln den Vorzug geben. Die Aussicht von dem der Stadt gegenüber gelegnen Kind ist, wenn das gelbe Licht der Nachmittagssonne auf die schön geformten Berge fällt, welche das breite Flußthal in weitem Bogen und in verschieden Abstufungen umgeben, wenn es die rothen Dächer der Häuser und Kirchen bestrahlt, in den silbernen Wasserfall der Wehre sein Gold wirft, den vielgewundenen Strom leuchten und die Fenster in den Dörfern der Fläche rechts und links wie von Feuers- gluth entbrennen läßt, wohl überhaupt das Beste, was das norddeutsche Binnen¬ land in dieser Beziehung zu bieten hat. Wald und Feld, Wasser und Land, Alles ist vertheilt und gruppirt wie von Malershand. Schon dreimal war ich von Hannover drüben in diesem grünen Paradiese, im Frühling, im Som¬ mer, im Herbste, und jedes Mal war ich entzückt von neuen Schönheiten ueben den alten, die ich in der Erinnerung mit hinweg genommen hatte. nächster Tage, sobald der Mai seinen Regenmantel ausgezogen hat, gehe ich wieder hin und berausche mich, und wenn — ja nun, wenn es kein Wenn und Aber gäbe, wer weiß, ob ich dann nicht mich entschlösse, bei einem spätern Besuche gar nicht wieder abzureisen, sondern mit Sanct Peter zu sagen: Hier ist gut sein, hier laßt uns Hütten bauen. Aber ich wollte heute eigentlich nicht Landschaftsmaler und Naturenthu¬ siast sein, sondern die Leser mit einem merkwürdigen Hamelenser bekannt machen, den viele von ihnen vermuthlich nur von Hörensagen kennen, der mir aber interessant genug zu sein scheint. um eine nähere Beschäftigung mit ihm zu rechtfertigen. Es ist der in der Ueberschrift genannte alte Herr, von dem ich, damit man sich nicht vornehm von ihm abwende, gleich hier verrathen will, daß er ein Gott ist. Die Erzählung lautet, so wie sie jetzt im Volksmunde umläuft, ungefähr folgendermaßen:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/502>, abgerufen am 06.05.2024.