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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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barn im Privatverkehr uns wieder erscheinen mögen, der rothe Faden in ihrem
öffentlichen Leben und Denken ist die Revanche. Ich kann nicht sagen,
mit welcher Wehmuth ich grade in den Tagen meiner Rückehr in die Hei¬
math jene von der deutschen Presse vielerwähnte Friedensbroschüre gelesen
habe, in welcher den Franzosen in so edelmüthiger Weise die Hand geboten
wurde. Wie die Dinge in Wirklichkeit liegen. könnte im besten Falle ein
stolzes Achselzucken über den sonderbaren Schwärmer als Antwort erwartet
werden. Und so ist es gekommen.




Dom deutschen Ueichstag.

In der ersten Sitzung dieser Woche, am 17. November, behandelte der
Reichstag zmei technische Gesetzentwürfe und sodann in erster Berathung den
Landeshaushalt von Elsaß-Lothringen. Derselbe wurde einer Commission von
21 Mitgliedern zur Vorberathung überwiesen. Bei der ersten Berathung kamen
von ultramontaner Seite die üblichen Beschwerden über die Behandlung der
Reichslande zur Sprache. Wir übergehen dieselben, denn, um eine einiger¬
maßen nützliche Erwägung daran zu knüpfen, müßten sie von minder be¬
fangenen Sachwaltern vorgetragen werden.

Am 19. Nov. begann die erste Berathung des Reichshaushalts für 1876, '
welche in der Sitzung vom 20. Nov. fortgesetzt und mit dem Beschluß beendet
wurde, den .Reichshaushalt bis auf einzelne, durch weiteren Beschluß des
Reichstags an die Budgetkommission zu überweisende Theile im Plenum zu
berathen.

Die erste Berathung wies die bereits zur Regel gewordenen Jncident-
punkte auf. Nach dem Einleitungsvortrag des Präsidenten Delbrück die große
Rede des Abgeordneten Eugen Richter, dessen Finanzkunde ihre Bewunderer
hat, die große Rede also, worin der Abgeordnete der Reichsverwaltung nach¬
weist, daß sie viel mehr Geld hat, als sie zugesteht, daß sie gar nichts zu
fordern braucht und daß alle ihre Forderungen abzulehnen sind, daß im
Militärwesen sehr viel überflüssige und unzweckmäßige Ausgaben gemacht wer¬
den, daß die Aufstellung derselben der Durchsichtigkeit entbehrt, daß alle Uebel
aus der Alleinverantwortlichkeit des Reichskanzlers hervorgehen, und daß
nichts dringender ist, als ein collegialisches, verantwortliches Reichsministerium.


barn im Privatverkehr uns wieder erscheinen mögen, der rothe Faden in ihrem
öffentlichen Leben und Denken ist die Revanche. Ich kann nicht sagen,
mit welcher Wehmuth ich grade in den Tagen meiner Rückehr in die Hei¬
math jene von der deutschen Presse vielerwähnte Friedensbroschüre gelesen
habe, in welcher den Franzosen in so edelmüthiger Weise die Hand geboten
wurde. Wie die Dinge in Wirklichkeit liegen. könnte im besten Falle ein
stolzes Achselzucken über den sonderbaren Schwärmer als Antwort erwartet
werden. Und so ist es gekommen.




Dom deutschen Ueichstag.

In der ersten Sitzung dieser Woche, am 17. November, behandelte der
Reichstag zmei technische Gesetzentwürfe und sodann in erster Berathung den
Landeshaushalt von Elsaß-Lothringen. Derselbe wurde einer Commission von
21 Mitgliedern zur Vorberathung überwiesen. Bei der ersten Berathung kamen
von ultramontaner Seite die üblichen Beschwerden über die Behandlung der
Reichslande zur Sprache. Wir übergehen dieselben, denn, um eine einiger¬
maßen nützliche Erwägung daran zu knüpfen, müßten sie von minder be¬
fangenen Sachwaltern vorgetragen werden.

Am 19. Nov. begann die erste Berathung des Reichshaushalts für 1876, '
welche in der Sitzung vom 20. Nov. fortgesetzt und mit dem Beschluß beendet
wurde, den .Reichshaushalt bis auf einzelne, durch weiteren Beschluß des
Reichstags an die Budgetkommission zu überweisende Theile im Plenum zu
berathen.

Die erste Berathung wies die bereits zur Regel gewordenen Jncident-
punkte auf. Nach dem Einleitungsvortrag des Präsidenten Delbrück die große
Rede des Abgeordneten Eugen Richter, dessen Finanzkunde ihre Bewunderer
hat, die große Rede also, worin der Abgeordnete der Reichsverwaltung nach¬
weist, daß sie viel mehr Geld hat, als sie zugesteht, daß sie gar nichts zu
fordern braucht und daß alle ihre Forderungen abzulehnen sind, daß im
Militärwesen sehr viel überflüssige und unzweckmäßige Ausgaben gemacht wer¬
den, daß die Aufstellung derselben der Durchsichtigkeit entbehrt, daß alle Uebel
aus der Alleinverantwortlichkeit des Reichskanzlers hervorgehen, und daß
nichts dringender ist, als ein collegialisches, verantwortliches Reichsministerium.


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[0356] barn im Privatverkehr uns wieder erscheinen mögen, der rothe Faden in ihrem öffentlichen Leben und Denken ist die Revanche. Ich kann nicht sagen, mit welcher Wehmuth ich grade in den Tagen meiner Rückehr in die Hei¬ math jene von der deutschen Presse vielerwähnte Friedensbroschüre gelesen habe, in welcher den Franzosen in so edelmüthiger Weise die Hand geboten wurde. Wie die Dinge in Wirklichkeit liegen. könnte im besten Falle ein stolzes Achselzucken über den sonderbaren Schwärmer als Antwort erwartet werden. Und so ist es gekommen. Dom deutschen Ueichstag. In der ersten Sitzung dieser Woche, am 17. November, behandelte der Reichstag zmei technische Gesetzentwürfe und sodann in erster Berathung den Landeshaushalt von Elsaß-Lothringen. Derselbe wurde einer Commission von 21 Mitgliedern zur Vorberathung überwiesen. Bei der ersten Berathung kamen von ultramontaner Seite die üblichen Beschwerden über die Behandlung der Reichslande zur Sprache. Wir übergehen dieselben, denn, um eine einiger¬ maßen nützliche Erwägung daran zu knüpfen, müßten sie von minder be¬ fangenen Sachwaltern vorgetragen werden. Am 19. Nov. begann die erste Berathung des Reichshaushalts für 1876, ' welche in der Sitzung vom 20. Nov. fortgesetzt und mit dem Beschluß beendet wurde, den .Reichshaushalt bis auf einzelne, durch weiteren Beschluß des Reichstags an die Budgetkommission zu überweisende Theile im Plenum zu berathen. Die erste Berathung wies die bereits zur Regel gewordenen Jncident- punkte auf. Nach dem Einleitungsvortrag des Präsidenten Delbrück die große Rede des Abgeordneten Eugen Richter, dessen Finanzkunde ihre Bewunderer hat, die große Rede also, worin der Abgeordnete der Reichsverwaltung nach¬ weist, daß sie viel mehr Geld hat, als sie zugesteht, daß sie gar nichts zu fordern braucht und daß alle ihre Forderungen abzulehnen sind, daß im Militärwesen sehr viel überflüssige und unzweckmäßige Ausgaben gemacht wer¬ den, daß die Aufstellung derselben der Durchsichtigkeit entbehrt, daß alle Uebel aus der Alleinverantwortlichkeit des Reichskanzlers hervorgehen, und daß nichts dringender ist, als ein collegialisches, verantwortliches Reichsministerium.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/356>, abgerufen am 05.05.2024.