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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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Der deutsche Buchhandel auf der Weltausstellung
in MMdelphia.

Wer die Wiener Weltausstellung 1873 gesehen und insbesondere den
Erzeugnissen des Buchhandels auf derselben eine genauere Betrachtung ge¬
widmet hat, der wird wissen, daß auch dieser Theil der deutschen Ausstellung
-- in trauriger Uebereinstimmung mit vielen andern Theilen -- hinter dem
vom Auslande, namentlich dem von den Franzosen geleisteten zurückblieb, und
zwar nicht blos in dem, was, sondern namentlich auch darin, wie es aus¬
gestellt war. Ich denke selbstverständlich hierbei nicht an den Inhalt, sondern
nur an die Ausstattung der Bücher, also an die rein gewerbliche oder, wenn
man will, kunstgewerbliche Seite der Bücherherstellung. Eine Unmasse ge¬
wöhnlicher Waare, auf schlechtem Papier mit unschönen Schriften gedruckt,
in geschmacklosen, unsolider oder noch lieber gar keinen Einbänden, möglichst
verzettelt, durch tausend Hände herumgeworfen und beschmuzt -- so soll sich
nach den Versicherungen von Augenzeugen die Ausstellung des deutschen Buch¬
handels schließlich ausgenommen haben; dagegen eine mäßige Anzahl hervor¬
ragender Publicationen, herrliche typographische Leistungen, in gediegenen, ge¬
schmackvollen Bänden, wohl verwahrt, wohl beaufsichtigt, jedem sich dafür
interessirenden in zuvorkommender Weise von besonders dazu beauftragten
vorgezeigt und erläutert -- so repräsentirte sich der französische Buchhandel.

Diese beschämenden Erfahrungen haben zu dem Entschlüsse geführt, auf
der bevorstehenden Weltausstellung in Philadelphia den deutschen Buchhandel
durch eine Collectivausstellung vertreten zu lassen und die ganze Angelegenheit
in die Hände eines Comites zu legen, dessen Mitglieder -- die Herren Lorck,
Seemann, Dr. Hase, Dr. Lampe-Fischer u. a. -- zwar nicht ein vorläufiges
Juryamt an den eingehenden Gegenständen ausüben und etwa entscheiden
sollten über das, was zuzulassen und was zurückzuweisen sei, vermöge ihrer
Sachkenntniß aber doch im allgemeinen ein würdiges Zustandekommen des
Unternehmens verbürgten. Ursprünglich war es nur der Leipziger Buch-


Grenzvoten I. 187<i. 41
Der deutsche Buchhandel auf der Weltausstellung
in MMdelphia.

Wer die Wiener Weltausstellung 1873 gesehen und insbesondere den
Erzeugnissen des Buchhandels auf derselben eine genauere Betrachtung ge¬
widmet hat, der wird wissen, daß auch dieser Theil der deutschen Ausstellung
— in trauriger Uebereinstimmung mit vielen andern Theilen — hinter dem
vom Auslande, namentlich dem von den Franzosen geleisteten zurückblieb, und
zwar nicht blos in dem, was, sondern namentlich auch darin, wie es aus¬
gestellt war. Ich denke selbstverständlich hierbei nicht an den Inhalt, sondern
nur an die Ausstattung der Bücher, also an die rein gewerbliche oder, wenn
man will, kunstgewerbliche Seite der Bücherherstellung. Eine Unmasse ge¬
wöhnlicher Waare, auf schlechtem Papier mit unschönen Schriften gedruckt,
in geschmacklosen, unsolider oder noch lieber gar keinen Einbänden, möglichst
verzettelt, durch tausend Hände herumgeworfen und beschmuzt — so soll sich
nach den Versicherungen von Augenzeugen die Ausstellung des deutschen Buch¬
handels schließlich ausgenommen haben; dagegen eine mäßige Anzahl hervor¬
ragender Publicationen, herrliche typographische Leistungen, in gediegenen, ge¬
schmackvollen Bänden, wohl verwahrt, wohl beaufsichtigt, jedem sich dafür
interessirenden in zuvorkommender Weise von besonders dazu beauftragten
vorgezeigt und erläutert — so repräsentirte sich der französische Buchhandel.

Diese beschämenden Erfahrungen haben zu dem Entschlüsse geführt, auf
der bevorstehenden Weltausstellung in Philadelphia den deutschen Buchhandel
durch eine Collectivausstellung vertreten zu lassen und die ganze Angelegenheit
in die Hände eines Comites zu legen, dessen Mitglieder — die Herren Lorck,
Seemann, Dr. Hase, Dr. Lampe-Fischer u. a. — zwar nicht ein vorläufiges
Juryamt an den eingehenden Gegenständen ausüben und etwa entscheiden
sollten über das, was zuzulassen und was zurückzuweisen sei, vermöge ihrer
Sachkenntniß aber doch im allgemeinen ein würdiges Zustandekommen des
Unternehmens verbürgten. Ursprünglich war es nur der Leipziger Buch-


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[0329] Der deutsche Buchhandel auf der Weltausstellung in MMdelphia. Wer die Wiener Weltausstellung 1873 gesehen und insbesondere den Erzeugnissen des Buchhandels auf derselben eine genauere Betrachtung ge¬ widmet hat, der wird wissen, daß auch dieser Theil der deutschen Ausstellung — in trauriger Uebereinstimmung mit vielen andern Theilen — hinter dem vom Auslande, namentlich dem von den Franzosen geleisteten zurückblieb, und zwar nicht blos in dem, was, sondern namentlich auch darin, wie es aus¬ gestellt war. Ich denke selbstverständlich hierbei nicht an den Inhalt, sondern nur an die Ausstattung der Bücher, also an die rein gewerbliche oder, wenn man will, kunstgewerbliche Seite der Bücherherstellung. Eine Unmasse ge¬ wöhnlicher Waare, auf schlechtem Papier mit unschönen Schriften gedruckt, in geschmacklosen, unsolider oder noch lieber gar keinen Einbänden, möglichst verzettelt, durch tausend Hände herumgeworfen und beschmuzt — so soll sich nach den Versicherungen von Augenzeugen die Ausstellung des deutschen Buch¬ handels schließlich ausgenommen haben; dagegen eine mäßige Anzahl hervor¬ ragender Publicationen, herrliche typographische Leistungen, in gediegenen, ge¬ schmackvollen Bänden, wohl verwahrt, wohl beaufsichtigt, jedem sich dafür interessirenden in zuvorkommender Weise von besonders dazu beauftragten vorgezeigt und erläutert — so repräsentirte sich der französische Buchhandel. Diese beschämenden Erfahrungen haben zu dem Entschlüsse geführt, auf der bevorstehenden Weltausstellung in Philadelphia den deutschen Buchhandel durch eine Collectivausstellung vertreten zu lassen und die ganze Angelegenheit in die Hände eines Comites zu legen, dessen Mitglieder — die Herren Lorck, Seemann, Dr. Hase, Dr. Lampe-Fischer u. a. — zwar nicht ein vorläufiges Juryamt an den eingehenden Gegenständen ausüben und etwa entscheiden sollten über das, was zuzulassen und was zurückzuweisen sei, vermöge ihrer Sachkenntniß aber doch im allgemeinen ein würdiges Zustandekommen des Unternehmens verbürgten. Ursprünglich war es nur der Leipziger Buch- Grenzvoten I. 187<i. 41

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/329>, abgerufen am 04.05.2024.