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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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noch gar nicht; aber er tröstet sich: "I denk, sie bringen uns schon van am
Sunntag aus der Fruhmeß hoam." Hans endlich bleibt nicht ungerührt
bei dem Borwurf, daß er jetzt mit den Schwarzen gehe: "Wo niemand lesen
kann und Schreiben, da habn's am besten ihrer Treiben. So schaug Di
nu a weni una, bei Ent (Euch) san doch die mehrern Duenna." Aber
auch dafür hat Hans einen Trost: "Ja ja, dös glaub i selber bald, die
Dümmern san mir scho, aber die mehrern san mer do(es)." Auf solchen
Dörfern ist dann der Wirth neben dem Pfarrer die Ortsvorsehung. Bon
ganz besonderer Klugheit muß aber natürlich der Wirth sein, bei dem die
Schwarzen am Montag und die Liberalen am Sonntag kneipen und
beide ihn plagen bei den Wahlen: "Gek, bei uns wählst mit." Das plagt
ihn in der That ungeheuer. Endlich hat ers heraus:


[Beginn Spaltensatz] [Spaltenumbruch]
Die Schwarzen und die Liberalen,
Wieviel daß s trinken und daß s' zahlen.
Dös wird ganz haarscharf außizählt,
Wer mehra hat -- mit dem wird g'wählt.
[Ende Spaltensatz]
Dös nachstmal, wenn's jetzt wieder kemma,
Da will i mich in Obacht mesma
Und da wird's aufgeschrieb'n ganz all'rat,
Wieviel Maß Bier daß jeder hat,


In die lichteren Kreise Oberbaierns ist dagegen wohl der hübsche Wort¬
streit zu verlegen, den verschiedene Arbeiter über "den Bismarch" halten.
Der Fuhrknecht meint, der Kanzler wäre ein guter Fuhrmann geworden.
Der Maurersepp hätte ihn am liebsten als Maurer gesehen, da er sein Meister¬
stück mit Niederreißen der "alten Hütten" bereits abgelegt "und hat uns
hing'stellt a schön's Haus." Der Zimmermann sagt: "der hat aa drumbaut
noch an Zaun, daß d' Spitzbub'n sich nit einitraun." Der Jägerhaus
meint: "A Jager hätt er werden sollen, weil er allweil an (den) Punkten
trifft. Der Hausknecht aber ruft:


Was besser ist -- dös best i's g'wiß:
Daß er der Bismarch wor'n is.

Diese Proben mögen genügen. Sie beweisen, daß nicht allemal ein
B. politisch Lied ein garstig Lied ist.


Neue Auslagen von Bädeker's Handbüchern für Reisende:
1) Südbaiern, Tirol und Salzburg, Steiermark, Kärnten, Kram und
Küstenland. 17. Aufl., 2) die Rheinlands, 19. Aufl.. 3) Süddeutschland und
Oesterreich, 17. Aufl.

Ueber Natur, Inhalt, Werth dieser Reiseführer zu sprechen, ist über¬
flüssig, allerseits sind sie bekannt und geschätzt, und Jeder betrachtet es als
selbstverständlich, daß die neuen Auflagen sorgfältig durchgesehen und dem
Bedürfniß des Publikums angemessen verändert und ergänzt sind. Auch hier
ist nichts unterlassen, was geeignet war, die rothen Bücher auf der Höhe der
Zeit zu erhalten. Bei Ur. 1 sind die Pläne und special-Kärtchen nach dem


noch gar nicht; aber er tröstet sich: „I denk, sie bringen uns schon van am
Sunntag aus der Fruhmeß hoam." Hans endlich bleibt nicht ungerührt
bei dem Borwurf, daß er jetzt mit den Schwarzen gehe: „Wo niemand lesen
kann und Schreiben, da habn's am besten ihrer Treiben. So schaug Di
nu a weni una, bei Ent (Euch) san doch die mehrern Duenna." Aber
auch dafür hat Hans einen Trost: „Ja ja, dös glaub i selber bald, die
Dümmern san mir scho, aber die mehrern san mer do(es)." Auf solchen
Dörfern ist dann der Wirth neben dem Pfarrer die Ortsvorsehung. Bon
ganz besonderer Klugheit muß aber natürlich der Wirth sein, bei dem die
Schwarzen am Montag und die Liberalen am Sonntag kneipen und
beide ihn plagen bei den Wahlen: „Gek, bei uns wählst mit." Das plagt
ihn in der That ungeheuer. Endlich hat ers heraus:


[Beginn Spaltensatz] [Spaltenumbruch]
Die Schwarzen und die Liberalen,
Wieviel daß s trinken und daß s' zahlen.
Dös wird ganz haarscharf außizählt,
Wer mehra hat — mit dem wird g'wählt.
[Ende Spaltensatz]
Dös nachstmal, wenn's jetzt wieder kemma,
Da will i mich in Obacht mesma
Und da wird's aufgeschrieb'n ganz all'rat,
Wieviel Maß Bier daß jeder hat,


In die lichteren Kreise Oberbaierns ist dagegen wohl der hübsche Wort¬
streit zu verlegen, den verschiedene Arbeiter über „den Bismarch" halten.
Der Fuhrknecht meint, der Kanzler wäre ein guter Fuhrmann geworden.
Der Maurersepp hätte ihn am liebsten als Maurer gesehen, da er sein Meister¬
stück mit Niederreißen der „alten Hütten" bereits abgelegt „und hat uns
hing'stellt a schön's Haus." Der Zimmermann sagt: „der hat aa drumbaut
noch an Zaun, daß d' Spitzbub'n sich nit einitraun." Der Jägerhaus
meint: „A Jager hätt er werden sollen, weil er allweil an (den) Punkten
trifft. Der Hausknecht aber ruft:


Was besser ist — dös best i's g'wiß:
Daß er der Bismarch wor'n is.

Diese Proben mögen genügen. Sie beweisen, daß nicht allemal ein
B. politisch Lied ein garstig Lied ist.


Neue Auslagen von Bädeker's Handbüchern für Reisende:
1) Südbaiern, Tirol und Salzburg, Steiermark, Kärnten, Kram und
Küstenland. 17. Aufl., 2) die Rheinlands, 19. Aufl.. 3) Süddeutschland und
Oesterreich, 17. Aufl.

Ueber Natur, Inhalt, Werth dieser Reiseführer zu sprechen, ist über¬
flüssig, allerseits sind sie bekannt und geschätzt, und Jeder betrachtet es als
selbstverständlich, daß die neuen Auflagen sorgfältig durchgesehen und dem
Bedürfniß des Publikums angemessen verändert und ergänzt sind. Auch hier
ist nichts unterlassen, was geeignet war, die rothen Bücher auf der Höhe der
Zeit zu erhalten. Bei Ur. 1 sind die Pläne und special-Kärtchen nach dem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/122>, abgerufen am 29.04.2024.