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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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gemüthlich dabei um's Herz werden, vor allen Dingen aber wird sie lachen
über den gesunden Humor, der hier so gewandt dem Klavier der Sprache
die unerwartetsten Klänge und Anklänge entlockt. Einige von den Scherzen,
welche der Cyklus "Fröhliche Liebe" umfaßt, hätte Goethe nicht anmuthiger
schaffen können. Ur. 5, "Vor der künftigen Wohnung" ist ein wahres
Kabinetsstück neckischer, niedlicher Behaglichkeit. Von den Gedichten der
zweiten Gruppe "Für liebe Freunde und freundliche Gelegenheiten" wird
namentlich das von der Kukuksuhr, sowie das an Karl Mathy gefallen,
doch wolle uns der Verfasser verzeihen, wenn wir bet letzterem die Weglassung
des Epithetons "preußische" vor dem Worte Verschwörung auf dem Titel
nicht nothwendig und in der Veränderung der ursprünglichen Zeilen in
Strophe 6:


"Hin nach Berlin den trutz'gen Denker ,
Nach Pansa hin den Mann der That"

keine Verbesserung zu finden vermögen. Ungemein komisch und originell sind
in dem Kapitel "Jocus" zunächst die "Deutschlands akademischen Jüng¬
lingen" gewidmeten Verse, wo es von dem strebsamenStudirenden U.A. heißt:


"Als Glück von beträchtlicher Größe
Erkennt's auch mit Dank sein Gemüth,
Wenn er sich geöffnet die Schöße
Achtbarer Familien sieht,"

dann der "Dithyrambus auf das Relative". Ebenfalls voll schnurrige Ein¬
fälle und drollige Wendungen endlich ist "Das Buch der Jahrtausende" eine
gereimte Weltgeschichte "der Nation als Lehrbuch, zum Selbstunterricht und
für das Freiwilligenexamen dargereicht." Den Schluß machen eine Anzahl
hübscher Räthsel. Wir empfehlen das kleine Buch als zu dem Besten gehörig,
was die neuere deutsche Dichtkunst auf dem Gebiete des schalkhaft-Anmuthiger
uns geboten hat, und sind überzeugt, daß unsere Leser uns für die Empfehlung
von Herzen dankbar sein werden, wenn sie die Bekanntschaft dieses liebens¬
würdigen Dichters machen.


Abhandlungen von I. G. Droysen. Leipzig, Veit und Comp. 1876.

Neun Aufsätze des bekannten Geschichtsforschers, die zur Aufhellung
verschiedener Punkte in der neuen Geschichte dienen, und von denen die meisten
allgemeines Interesse beanspruchen, was namentlich von den drei ersten gilt.
Ur. 1 der Abhandlungen, die zugleich von allen den größten Raum ein¬
nimmt, ist ein Beitrag "zur Geschichte der preußischen Politik in den Jahren
1830 und 1832", der uns die Stellung zeigt, welche die deutschen Haupt-


gemüthlich dabei um's Herz werden, vor allen Dingen aber wird sie lachen
über den gesunden Humor, der hier so gewandt dem Klavier der Sprache
die unerwartetsten Klänge und Anklänge entlockt. Einige von den Scherzen,
welche der Cyklus „Fröhliche Liebe" umfaßt, hätte Goethe nicht anmuthiger
schaffen können. Ur. 5, „Vor der künftigen Wohnung" ist ein wahres
Kabinetsstück neckischer, niedlicher Behaglichkeit. Von den Gedichten der
zweiten Gruppe „Für liebe Freunde und freundliche Gelegenheiten" wird
namentlich das von der Kukuksuhr, sowie das an Karl Mathy gefallen,
doch wolle uns der Verfasser verzeihen, wenn wir bet letzterem die Weglassung
des Epithetons „preußische" vor dem Worte Verschwörung auf dem Titel
nicht nothwendig und in der Veränderung der ursprünglichen Zeilen in
Strophe 6:


„Hin nach Berlin den trutz'gen Denker ,
Nach Pansa hin den Mann der That"

keine Verbesserung zu finden vermögen. Ungemein komisch und originell sind
in dem Kapitel „Jocus" zunächst die „Deutschlands akademischen Jüng¬
lingen" gewidmeten Verse, wo es von dem strebsamenStudirenden U.A. heißt:


„Als Glück von beträchtlicher Größe
Erkennt's auch mit Dank sein Gemüth,
Wenn er sich geöffnet die Schöße
Achtbarer Familien sieht,"

dann der „Dithyrambus auf das Relative". Ebenfalls voll schnurrige Ein¬
fälle und drollige Wendungen endlich ist „Das Buch der Jahrtausende" eine
gereimte Weltgeschichte „der Nation als Lehrbuch, zum Selbstunterricht und
für das Freiwilligenexamen dargereicht." Den Schluß machen eine Anzahl
hübscher Räthsel. Wir empfehlen das kleine Buch als zu dem Besten gehörig,
was die neuere deutsche Dichtkunst auf dem Gebiete des schalkhaft-Anmuthiger
uns geboten hat, und sind überzeugt, daß unsere Leser uns für die Empfehlung
von Herzen dankbar sein werden, wenn sie die Bekanntschaft dieses liebens¬
würdigen Dichters machen.


Abhandlungen von I. G. Droysen. Leipzig, Veit und Comp. 1876.

Neun Aufsätze des bekannten Geschichtsforschers, die zur Aufhellung
verschiedener Punkte in der neuen Geschichte dienen, und von denen die meisten
allgemeines Interesse beanspruchen, was namentlich von den drei ersten gilt.
Ur. 1 der Abhandlungen, die zugleich von allen den größten Raum ein¬
nimmt, ist ein Beitrag „zur Geschichte der preußischen Politik in den Jahren
1830 und 1832", der uns die Stellung zeigt, welche die deutschen Haupt-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/162>, abgerufen am 29.04.2024.