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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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den Gesang auf der Oboe und andern Instrumenten, die sie mit hineinnehmen
konnten -- und ich gehörte zu den Ersten, die hinein und wieder heraus¬
schlüpften. Aber setzt -- du lieber Himmel! -- bin ich kaum im Stande,
ohne Hülfe über die Stube zu gehen. Doch was soll das? Dorcas in der
Bettleroper sagt: Es kann doch eins seinen Kuchen nicht aufessen und ihn dann
noch haben wollen." -- Eine andere Anekdote vom großen Teleskop ist
folgende, die in demselben Briefe mitgetheilt wird: "Ehe noch die optischen
Theile eingesetzt waren, machte sich mancher Besucher den Spaß durch das
Rohr zu gehen. Unter ihnen waren auch der König Georg der Dritte und
der Erzbischof von Canterbury. Letzterer, der hinter dem Könige herging, fand
es schwierig, vorwärts zu kommen. Da drehte sich der König um, reichte
ihm die Hand und sagte: Kommen -Sie, Mylord Bischof, ich will Ihnen
den Weg zum Himmel zeigen."

In einem andern Briefe, vom 22. März 1831, sagt die alte Dame mit
komischer Resignation: "Ich thue, was ich kann, um meinen Muth unter
der täglich zunehmenden Gebrechlichkeit aufrecht zu erhalten, aber ich war
den größten Theil des Winters an's Zimmer gefesselt. Und meine Krankheit
ist unheilbar; denn sie heißt Altersschwäche. Neun Tage nach Deinem Ge¬
burtstage werde ich einundachtzig Jahre alt. Welch abscheulicher Gedanke,
im Absterben, in der Auflösung begriffen zu sein! Aber was thut's im
Grunde? Je mehr von einem hier schon vergeht, desto weniger braucht im
Grabe zu vermodern."


Geschichte des Feldzugs von 181S nach archivalischen Quellen von
v. Ottens, General der Infanterie. Mit 4 lithographirten Karten
und einem Facsimile. Berlin 1876, Mittler und Sohn.

Ein Separatabdruck aus der bekannten sehr werthvollen Biographie des
General von Reyher, wobei alles das weggefallen ist, was nur die persön¬
lichen Verhältnisse desselben und nicht seine unmittelbare Einwirkung aus
den Gang der Operationen betrifft. Eine andere Abänderung besteht in der
Einfügung einiger ergänzenden Notizen, die der Verfasser, bekanntlich zu den
tüchtigsten unsrer wissenschaftlich gebildeten Offiziere gehörig, den hinterlassnen
Denkwürdigkeiten des Generals v. Wussow entnehmen durfte. Die Notizen
betreffen zunächst den Rapport, den v. Wussow, damals Leutnant und
Generalstabsoffizier im Stäbe Blüchers, im Auftrage Gneisenaus dem Herzoge
v. Wellington in Quarre Bras über den Stand der Schlacht bei Ligny ab¬
stattete, und der darauf hinauslief, daß man sich preußischer Seits dort
höchstens bis zum Einbruch der Nacht auf dem Schlachtfelde zu behaupten
im Stande sein werde, dann einige Momente der Schlacht bei Waterloo.
Das Facsimile ist ein Brief, den Wellington am 16. Juni 10^ Uhr früh
an Blücher schrieb, und nach welchem dieser und Gneisenau auf eine active


den Gesang auf der Oboe und andern Instrumenten, die sie mit hineinnehmen
konnten — und ich gehörte zu den Ersten, die hinein und wieder heraus¬
schlüpften. Aber setzt — du lieber Himmel! — bin ich kaum im Stande,
ohne Hülfe über die Stube zu gehen. Doch was soll das? Dorcas in der
Bettleroper sagt: Es kann doch eins seinen Kuchen nicht aufessen und ihn dann
noch haben wollen." — Eine andere Anekdote vom großen Teleskop ist
folgende, die in demselben Briefe mitgetheilt wird: „Ehe noch die optischen
Theile eingesetzt waren, machte sich mancher Besucher den Spaß durch das
Rohr zu gehen. Unter ihnen waren auch der König Georg der Dritte und
der Erzbischof von Canterbury. Letzterer, der hinter dem Könige herging, fand
es schwierig, vorwärts zu kommen. Da drehte sich der König um, reichte
ihm die Hand und sagte: Kommen -Sie, Mylord Bischof, ich will Ihnen
den Weg zum Himmel zeigen."

In einem andern Briefe, vom 22. März 1831, sagt die alte Dame mit
komischer Resignation: „Ich thue, was ich kann, um meinen Muth unter
der täglich zunehmenden Gebrechlichkeit aufrecht zu erhalten, aber ich war
den größten Theil des Winters an's Zimmer gefesselt. Und meine Krankheit
ist unheilbar; denn sie heißt Altersschwäche. Neun Tage nach Deinem Ge¬
burtstage werde ich einundachtzig Jahre alt. Welch abscheulicher Gedanke,
im Absterben, in der Auflösung begriffen zu sein! Aber was thut's im
Grunde? Je mehr von einem hier schon vergeht, desto weniger braucht im
Grabe zu vermodern."


Geschichte des Feldzugs von 181S nach archivalischen Quellen von
v. Ottens, General der Infanterie. Mit 4 lithographirten Karten
und einem Facsimile. Berlin 1876, Mittler und Sohn.

Ein Separatabdruck aus der bekannten sehr werthvollen Biographie des
General von Reyher, wobei alles das weggefallen ist, was nur die persön¬
lichen Verhältnisse desselben und nicht seine unmittelbare Einwirkung aus
den Gang der Operationen betrifft. Eine andere Abänderung besteht in der
Einfügung einiger ergänzenden Notizen, die der Verfasser, bekanntlich zu den
tüchtigsten unsrer wissenschaftlich gebildeten Offiziere gehörig, den hinterlassnen
Denkwürdigkeiten des Generals v. Wussow entnehmen durfte. Die Notizen
betreffen zunächst den Rapport, den v. Wussow, damals Leutnant und
Generalstabsoffizier im Stäbe Blüchers, im Auftrage Gneisenaus dem Herzoge
v. Wellington in Quarre Bras über den Stand der Schlacht bei Ligny ab¬
stattete, und der darauf hinauslief, daß man sich preußischer Seits dort
höchstens bis zum Einbruch der Nacht auf dem Schlachtfelde zu behaupten
im Stande sein werde, dann einige Momente der Schlacht bei Waterloo.
Das Facsimile ist ein Brief, den Wellington am 16. Juni 10^ Uhr früh
an Blücher schrieb, und nach welchem dieser und Gneisenau auf eine active


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/362>, abgerufen am 29.04.2024.