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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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er trifft mit wenigen Ausnahmen das Colorit der betreffenden Zeit und weiß
seinen Skizzen Stimmung im geben. Manche Kapitel find in ihren Natur¬
bildern wahre kleine Kabinetsstücke. Interessant und an wirksamer Stelle
eingeflochten sind endlich eine Anzahl alter Volkslieder und Reime, die sich auf
die betreffenden Ereignisse oder Zustände beziehen.


Aus vergangnen Tagen. -- Oldenburgs literarische und gesellschaftliche
Zustände während des Zeitraums von 1773 bis 1811.
Von G. Jansen, Oldenburg.

Ein zum Theil recht interessanter Beitrag zur deutschen Literaturgeschichte,
womit wir namentlich die sehr reichlichen Mittheilungen über den Grafen
Friedrich Leopold von Stolberg meinen, welchem wir in den verschiedenen
Kapiteln der Schrift begegnen, und die mancherlei Neues über den Dichter,
seine Stellung zum Herzog Peter Friedrich Ludwig, zu seinem Freunde
Halem, sein Verhältniß zu seiner ersten und seiner zweiten Frau und seine
religiöse und politische Entwickelung bis zu seinem Uebertritt zum Katho¬
licismus erzählen. Sonst ist von allgemeinem Interesse noch, was der Ver¬
fasser an mehreren Stellen über die Einwirkung der französischen Revolution
auf das geistige Leben im nordwestlichen Deutschland sagt. Auch ein kurzer
Blick auf das ziemlich rege literarische Treiben in der Stadt Oldenburg,
welche sich einige Jahrzehnte hier um Gerhard Anton v. Halem gruppirte
und zur Gründung der dortigen literarischen Gesellschaft führte, würde von
allgemeinem Interesse gewesen sein; in der breiten Ausführung aber, die wir
erhalten, wird man diese Mittheilungen über Schriftsteller und Dichter dritten
und vierten Ranges, wackere, wohlmeinende, strebsame, jetzt aber in weiteren
Kreisen längst vergessene, wenn überhaupt je zu einiger Geltung gelangte
Mittelmäßigkeiten, wohl nur in der Stadt Oldenburg, wo sie lebten und
eine gewisse Rolle spielten, willkommen heißen.


Illustrirter Weihna ches katalog für den deutschen Buchhandel.
Nebst literarischem Jahresbericht von Dr. Gustav Wustmann.
Leipzig, Seemann, 1376.

Eine Anzahl von Buchhändlerannoncen, die zum Theil mit Proben aus
den angezeigten illustrirten Werken ausgestattet sind, der aber zugleich ein
Bericht über die beachtenswerthen Erscheinungen des deutschen Büchermarktes
in der Zeit vom October 1875 bis zum September d. I. und ein syste¬
matisches Verzeichnis? bereits früher erschienener, für das größere Publicum
bestimmter Bücher vorausgehen. Letzteres ist reichhaltig, gut gewählt und
geschickt angeordnet. Der Jahresbericht zeigt allenthalben ein verständiges
Urtheil, volle Sachkenntniß und guten Geschmack in knapper Form.


er trifft mit wenigen Ausnahmen das Colorit der betreffenden Zeit und weiß
seinen Skizzen Stimmung im geben. Manche Kapitel find in ihren Natur¬
bildern wahre kleine Kabinetsstücke. Interessant und an wirksamer Stelle
eingeflochten sind endlich eine Anzahl alter Volkslieder und Reime, die sich auf
die betreffenden Ereignisse oder Zustände beziehen.


Aus vergangnen Tagen. — Oldenburgs literarische und gesellschaftliche
Zustände während des Zeitraums von 1773 bis 1811.
Von G. Jansen, Oldenburg.

Ein zum Theil recht interessanter Beitrag zur deutschen Literaturgeschichte,
womit wir namentlich die sehr reichlichen Mittheilungen über den Grafen
Friedrich Leopold von Stolberg meinen, welchem wir in den verschiedenen
Kapiteln der Schrift begegnen, und die mancherlei Neues über den Dichter,
seine Stellung zum Herzog Peter Friedrich Ludwig, zu seinem Freunde
Halem, sein Verhältniß zu seiner ersten und seiner zweiten Frau und seine
religiöse und politische Entwickelung bis zu seinem Uebertritt zum Katho¬
licismus erzählen. Sonst ist von allgemeinem Interesse noch, was der Ver¬
fasser an mehreren Stellen über die Einwirkung der französischen Revolution
auf das geistige Leben im nordwestlichen Deutschland sagt. Auch ein kurzer
Blick auf das ziemlich rege literarische Treiben in der Stadt Oldenburg,
welche sich einige Jahrzehnte hier um Gerhard Anton v. Halem gruppirte
und zur Gründung der dortigen literarischen Gesellschaft führte, würde von
allgemeinem Interesse gewesen sein; in der breiten Ausführung aber, die wir
erhalten, wird man diese Mittheilungen über Schriftsteller und Dichter dritten
und vierten Ranges, wackere, wohlmeinende, strebsame, jetzt aber in weiteren
Kreisen längst vergessene, wenn überhaupt je zu einiger Geltung gelangte
Mittelmäßigkeiten, wohl nur in der Stadt Oldenburg, wo sie lebten und
eine gewisse Rolle spielten, willkommen heißen.


Illustrirter Weihna ches katalog für den deutschen Buchhandel.
Nebst literarischem Jahresbericht von Dr. Gustav Wustmann.
Leipzig, Seemann, 1376.

Eine Anzahl von Buchhändlerannoncen, die zum Theil mit Proben aus
den angezeigten illustrirten Werken ausgestattet sind, der aber zugleich ein
Bericht über die beachtenswerthen Erscheinungen des deutschen Büchermarktes
in der Zeit vom October 1875 bis zum September d. I. und ein syste¬
matisches Verzeichnis? bereits früher erschienener, für das größere Publicum
bestimmter Bücher vorausgehen. Letzteres ist reichhaltig, gut gewählt und
geschickt angeordnet. Der Jahresbericht zeigt allenthalben ein verständiges
Urtheil, volle Sachkenntniß und guten Geschmack in knapper Form.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/482>, abgerufen am 29.04.2024.