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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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Neigungen nicht leiten läßt, geht aus der Geschichte dieser Streitigkeiten hervor,
und sie wird auch das Budget, dessen einseitiger Erlaß nun bevorsteht, nachdem
der Reichstag am 4. April d. I., ohne daß eine Einigung erzielt worden,
geschlossen war, unzweifelhaft einer nachträglichen Genehmigung der Thinge
vorbehalten. Die Linke schreit nun über Verfassuugsbruch, allein das Mani¬
fest, in welchem sie dies am 7. April d. I. that, scheint volle Befriedigung zu
athmen darüber, daß die Regierung endlich den Weg betreten hat, auf dem
man sie der Masse mit mehr äußerem Scheine von Recht als den frieden¬
störenden Theil darstellen kann. Der Streit beider Theile ist soeben in
vollem Zuge, in die Bahnen eines eigentlichen Verfassungsstreites auszulaufen,
welcher jedenfalls größere Gefahren für das Land enthält als demselben, nach
Ansicht der Regierung, möglicherweise von Außen erwachsen könnten, und das
provisorische Gesetz vom 12. April d. I. betreffend die Bewilligung der Ein¬
nahmen und Ausgaben bis zum Zustandekommen des Budgets hat nichts mit
I.. Ordonnanzen s. Ja Karl X. zu thun.




Literatur.

Franz Deal von Anton Czengery. Autorifirte deutsche Uebersetzung von
Gustav Heinrich. Leipzig, Verlag von Duncker und Humblot, 1877.

Eine ausführliche Abhandlung über den Charakter und die Verdienste des
verstorbenen magyarischen Patrioten und Staatsmannes, die bei der ersten Ge-
dächtuißfeier seines Todes von Seiten der ungarischen Akademie der Wissen¬
schaften ihrem wesentlichen Inhalte nach vorgetragen wurde und den Mittel¬
punkt dieser Feier bildete. Die Bedeutung Death für die neueste Geschichte
Ungarns und indirekt auch für die cisleithanische Hälfte des Doppelreichs an
der mittleren Donan braucht uicht hervorgehoben zu werden. Der Verfasser
dieser Gedächtnißrede auf ihn war als Präsident der Akademie und lang¬
jähriger Freund und Mitarbeiter des Verewigten ganz besonders berufen,
dessen Bild bei jener Gelegenheit zu zeichnen. Die Natur der Rede selbst
endlich, welche sich das Ziel steckt, Deal im Zusammenhange mit allen Vor¬
gängen in der Entwickelung Ungarns seit 1833 zu schildern, ist ein dritter
Grund, auch für das deutsche Publikum, sich für die Schrift zu interessiren.
Ob dieselbe ihren Gegenstand nicht vielleicht höher stellt und reichlicher mit
Lorbeeren schmückt, als die Zukunft billig finden wird, lassen wir unerörtert.
Doch will uns wenigstens nach dem Stile derselben scheinen, als ob fast durch-
gehends mehr die Rhetorik als die kalt erwägende, nüchterne und objektive Ge¬
schichtschreibung hier das Wort führte. Aber freilich ist zu berücksichtigen, daß
eben ein intimer Freund, ein Magyar und ein mit einer Gedächtnißrede Be¬
auftragter zu uns spricht.




Verantwortlicher Redacteur: or. Haus Blum in Leipzig.
Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. - Druck von Hüthel Herrmann in Leipzig.

Neigungen nicht leiten läßt, geht aus der Geschichte dieser Streitigkeiten hervor,
und sie wird auch das Budget, dessen einseitiger Erlaß nun bevorsteht, nachdem
der Reichstag am 4. April d. I., ohne daß eine Einigung erzielt worden,
geschlossen war, unzweifelhaft einer nachträglichen Genehmigung der Thinge
vorbehalten. Die Linke schreit nun über Verfassuugsbruch, allein das Mani¬
fest, in welchem sie dies am 7. April d. I. that, scheint volle Befriedigung zu
athmen darüber, daß die Regierung endlich den Weg betreten hat, auf dem
man sie der Masse mit mehr äußerem Scheine von Recht als den frieden¬
störenden Theil darstellen kann. Der Streit beider Theile ist soeben in
vollem Zuge, in die Bahnen eines eigentlichen Verfassungsstreites auszulaufen,
welcher jedenfalls größere Gefahren für das Land enthält als demselben, nach
Ansicht der Regierung, möglicherweise von Außen erwachsen könnten, und das
provisorische Gesetz vom 12. April d. I. betreffend die Bewilligung der Ein¬
nahmen und Ausgaben bis zum Zustandekommen des Budgets hat nichts mit
I.. Ordonnanzen s. Ja Karl X. zu thun.




Literatur.

Franz Deal von Anton Czengery. Autorifirte deutsche Uebersetzung von
Gustav Heinrich. Leipzig, Verlag von Duncker und Humblot, 1877.

Eine ausführliche Abhandlung über den Charakter und die Verdienste des
verstorbenen magyarischen Patrioten und Staatsmannes, die bei der ersten Ge-
dächtuißfeier seines Todes von Seiten der ungarischen Akademie der Wissen¬
schaften ihrem wesentlichen Inhalte nach vorgetragen wurde und den Mittel¬
punkt dieser Feier bildete. Die Bedeutung Death für die neueste Geschichte
Ungarns und indirekt auch für die cisleithanische Hälfte des Doppelreichs an
der mittleren Donan braucht uicht hervorgehoben zu werden. Der Verfasser
dieser Gedächtnißrede auf ihn war als Präsident der Akademie und lang¬
jähriger Freund und Mitarbeiter des Verewigten ganz besonders berufen,
dessen Bild bei jener Gelegenheit zu zeichnen. Die Natur der Rede selbst
endlich, welche sich das Ziel steckt, Deal im Zusammenhange mit allen Vor¬
gängen in der Entwickelung Ungarns seit 1833 zu schildern, ist ein dritter
Grund, auch für das deutsche Publikum, sich für die Schrift zu interessiren.
Ob dieselbe ihren Gegenstand nicht vielleicht höher stellt und reichlicher mit
Lorbeeren schmückt, als die Zukunft billig finden wird, lassen wir unerörtert.
Doch will uns wenigstens nach dem Stile derselben scheinen, als ob fast durch-
gehends mehr die Rhetorik als die kalt erwägende, nüchterne und objektive Ge¬
schichtschreibung hier das Wort führte. Aber freilich ist zu berücksichtigen, daß
eben ein intimer Freund, ein Magyar und ein mit einer Gedächtnißrede Be¬
auftragter zu uns spricht.




Verantwortlicher Redacteur: or. Haus Blum in Leipzig.
Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. - Druck von Hüthel Herrmann in Leipzig.
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[0164] Neigungen nicht leiten läßt, geht aus der Geschichte dieser Streitigkeiten hervor, und sie wird auch das Budget, dessen einseitiger Erlaß nun bevorsteht, nachdem der Reichstag am 4. April d. I., ohne daß eine Einigung erzielt worden, geschlossen war, unzweifelhaft einer nachträglichen Genehmigung der Thinge vorbehalten. Die Linke schreit nun über Verfassuugsbruch, allein das Mani¬ fest, in welchem sie dies am 7. April d. I. that, scheint volle Befriedigung zu athmen darüber, daß die Regierung endlich den Weg betreten hat, auf dem man sie der Masse mit mehr äußerem Scheine von Recht als den frieden¬ störenden Theil darstellen kann. Der Streit beider Theile ist soeben in vollem Zuge, in die Bahnen eines eigentlichen Verfassungsstreites auszulaufen, welcher jedenfalls größere Gefahren für das Land enthält als demselben, nach Ansicht der Regierung, möglicherweise von Außen erwachsen könnten, und das provisorische Gesetz vom 12. April d. I. betreffend die Bewilligung der Ein¬ nahmen und Ausgaben bis zum Zustandekommen des Budgets hat nichts mit I.. Ordonnanzen s. Ja Karl X. zu thun. Literatur. Franz Deal von Anton Czengery. Autorifirte deutsche Uebersetzung von Gustav Heinrich. Leipzig, Verlag von Duncker und Humblot, 1877. Eine ausführliche Abhandlung über den Charakter und die Verdienste des verstorbenen magyarischen Patrioten und Staatsmannes, die bei der ersten Ge- dächtuißfeier seines Todes von Seiten der ungarischen Akademie der Wissen¬ schaften ihrem wesentlichen Inhalte nach vorgetragen wurde und den Mittel¬ punkt dieser Feier bildete. Die Bedeutung Death für die neueste Geschichte Ungarns und indirekt auch für die cisleithanische Hälfte des Doppelreichs an der mittleren Donan braucht uicht hervorgehoben zu werden. Der Verfasser dieser Gedächtnißrede auf ihn war als Präsident der Akademie und lang¬ jähriger Freund und Mitarbeiter des Verewigten ganz besonders berufen, dessen Bild bei jener Gelegenheit zu zeichnen. Die Natur der Rede selbst endlich, welche sich das Ziel steckt, Deal im Zusammenhange mit allen Vor¬ gängen in der Entwickelung Ungarns seit 1833 zu schildern, ist ein dritter Grund, auch für das deutsche Publikum, sich für die Schrift zu interessiren. Ob dieselbe ihren Gegenstand nicht vielleicht höher stellt und reichlicher mit Lorbeeren schmückt, als die Zukunft billig finden wird, lassen wir unerörtert. Doch will uns wenigstens nach dem Stile derselben scheinen, als ob fast durch- gehends mehr die Rhetorik als die kalt erwägende, nüchterne und objektive Ge¬ schichtschreibung hier das Wort führte. Aber freilich ist zu berücksichtigen, daß eben ein intimer Freund, ein Magyar und ein mit einer Gedächtnißrede Be¬ auftragter zu uns spricht. Verantwortlicher Redacteur: or. Haus Blum in Leipzig. Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. - Druck von Hüthel Herrmann in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/164>, abgerufen am 26.05.2024.