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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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schönen blauen Waldberge hinter den Bäumen auf! -- Ein einziger Blick aus
Ihren Fenstern, gnädige Fürstin! würde unsere ganze Gegend zu einem Para¬
dies., umschaffen. Unsere Frau Großherzogin, die gestern Abend ankam, wird
Wohl die Vogesen und die Bergstraße auch vergebens hier suchen.

Künftigen Sonntag werden wir sie wiedersehen, die Gräfin Schulenburg
soll mir von Homburg recht viel erzählen.

In den Zeitungen las ich, daß Sr. Durchlaucht der Prinz Louis schon
in Wien ist und von Constantinopel dort eingetroffen. Da werden Ew. Durch¬
laucht bald schöne Briefe oder gar einen Besuch bekommen.

Heute, gnädige Fürstin, konnte ich Ihnen nur von meinen Gefühlen für
Sie sprechen; ich habe noch wenig mit der Welt in Berührung gelebt, seit ich
hier bin, und war recht glücklich, in der Stille leben zu können, um da an
Alles, was mich so glücklich macht, denken zu können und mit meinen Kindern
allein zu sein, die auch dieselbe warme Anhänglichkeit empfinden wie ich.


Mit den Gefühlen der innigsten Verehrung Ew. Durchlaucht
unterthänige Dienerin
Charlotte v. Schiller.
11) Charlotte v. Schiller an dieselbe.

Weimar, den 15. April 1818,*)

Durchlauchtigste Fürstin! Daß ich so gern all' Ihre Wünsche erfüllte
und Ihnen recht viel über die Hoheit, die nun geliebte Erbgroßherzogin von
Mecklenburg sagen möchte, fühlen Sie selbst, gnädige Fürstin, da ich mir
schmeichle, Sie verstehen meine Liebe und unbegrenzte Verehrung für Sie.

Ich konnte leider nur die Briefe in die Hände der Fräulein S. geben.
Ich muß aber berichtigen, was ich falsch berichtet hatte, daß die Gesellschaft
am Großherzoglichen Hofe war; es waren noch weniger Damen, als ich dachte,
weil das Tafelzimmer nicht viel Raum hat, und da übrigens so selten souxer
ist bei der Großherzogin und so viel Fremde hier sind, so war es leider
"och weniger zu hoffen, daß ich dort sein würde. Aber es hat mir recht Leid
gethan, noch mehr betrübte ich mich, da die Hoheit sich bei der Geheimräthin
v. Fritsch sehr nach mir erkundigt hat und geäußert, sie sähe mich gern. Die
Großherzogin hat gegen Frau v. Stein sich sehr mit Lob und Antheil über



*) Am 3. April 1S18 hatte sich die Schwester der Fürstin, Prinzeß Auguste von
Hessen-Homburg mit dem Erbgroßherzoge von Mecklenburg-Schwerin vermählt, nachdem
dessen Gemahlin, geborene Prinzeß Karoline Louise von S, Weimar, den 2V, Januar 1316
gestorben war. Die Neuvermählten berührten auf ihrer Reise nach Ludwigslust Weimar.
Leider wurde auch diese Ehe durch den Tod des Erbgroßherzogs schon am 29. November
1819 gelöst.
Grenzboten II. 1877. 30

schönen blauen Waldberge hinter den Bäumen auf! — Ein einziger Blick aus
Ihren Fenstern, gnädige Fürstin! würde unsere ganze Gegend zu einem Para¬
dies., umschaffen. Unsere Frau Großherzogin, die gestern Abend ankam, wird
Wohl die Vogesen und die Bergstraße auch vergebens hier suchen.

Künftigen Sonntag werden wir sie wiedersehen, die Gräfin Schulenburg
soll mir von Homburg recht viel erzählen.

In den Zeitungen las ich, daß Sr. Durchlaucht der Prinz Louis schon
in Wien ist und von Constantinopel dort eingetroffen. Da werden Ew. Durch¬
laucht bald schöne Briefe oder gar einen Besuch bekommen.

Heute, gnädige Fürstin, konnte ich Ihnen nur von meinen Gefühlen für
Sie sprechen; ich habe noch wenig mit der Welt in Berührung gelebt, seit ich
hier bin, und war recht glücklich, in der Stille leben zu können, um da an
Alles, was mich so glücklich macht, denken zu können und mit meinen Kindern
allein zu sein, die auch dieselbe warme Anhänglichkeit empfinden wie ich.


Mit den Gefühlen der innigsten Verehrung Ew. Durchlaucht
unterthänige Dienerin
Charlotte v. Schiller.
11) Charlotte v. Schiller an dieselbe.

Weimar, den 15. April 1818,*)

Durchlauchtigste Fürstin! Daß ich so gern all' Ihre Wünsche erfüllte
und Ihnen recht viel über die Hoheit, die nun geliebte Erbgroßherzogin von
Mecklenburg sagen möchte, fühlen Sie selbst, gnädige Fürstin, da ich mir
schmeichle, Sie verstehen meine Liebe und unbegrenzte Verehrung für Sie.

Ich konnte leider nur die Briefe in die Hände der Fräulein S. geben.
Ich muß aber berichtigen, was ich falsch berichtet hatte, daß die Gesellschaft
am Großherzoglichen Hofe war; es waren noch weniger Damen, als ich dachte,
weil das Tafelzimmer nicht viel Raum hat, und da übrigens so selten souxer
ist bei der Großherzogin und so viel Fremde hier sind, so war es leider
«och weniger zu hoffen, daß ich dort sein würde. Aber es hat mir recht Leid
gethan, noch mehr betrübte ich mich, da die Hoheit sich bei der Geheimräthin
v. Fritsch sehr nach mir erkundigt hat und geäußert, sie sähe mich gern. Die
Großherzogin hat gegen Frau v. Stein sich sehr mit Lob und Antheil über



*) Am 3. April 1S18 hatte sich die Schwester der Fürstin, Prinzeß Auguste von
Hessen-Homburg mit dem Erbgroßherzoge von Mecklenburg-Schwerin vermählt, nachdem
dessen Gemahlin, geborene Prinzeß Karoline Louise von S, Weimar, den 2V, Januar 1316
gestorben war. Die Neuvermählten berührten auf ihrer Reise nach Ludwigslust Weimar.
Leider wurde auch diese Ehe durch den Tod des Erbgroßherzogs schon am 29. November
1819 gelöst.
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[0237] schönen blauen Waldberge hinter den Bäumen auf! — Ein einziger Blick aus Ihren Fenstern, gnädige Fürstin! würde unsere ganze Gegend zu einem Para¬ dies., umschaffen. Unsere Frau Großherzogin, die gestern Abend ankam, wird Wohl die Vogesen und die Bergstraße auch vergebens hier suchen. Künftigen Sonntag werden wir sie wiedersehen, die Gräfin Schulenburg soll mir von Homburg recht viel erzählen. In den Zeitungen las ich, daß Sr. Durchlaucht der Prinz Louis schon in Wien ist und von Constantinopel dort eingetroffen. Da werden Ew. Durch¬ laucht bald schöne Briefe oder gar einen Besuch bekommen. Heute, gnädige Fürstin, konnte ich Ihnen nur von meinen Gefühlen für Sie sprechen; ich habe noch wenig mit der Welt in Berührung gelebt, seit ich hier bin, und war recht glücklich, in der Stille leben zu können, um da an Alles, was mich so glücklich macht, denken zu können und mit meinen Kindern allein zu sein, die auch dieselbe warme Anhänglichkeit empfinden wie ich. Mit den Gefühlen der innigsten Verehrung Ew. Durchlaucht unterthänige Dienerin Charlotte v. Schiller. 11) Charlotte v. Schiller an dieselbe. Weimar, den 15. April 1818,*) Durchlauchtigste Fürstin! Daß ich so gern all' Ihre Wünsche erfüllte und Ihnen recht viel über die Hoheit, die nun geliebte Erbgroßherzogin von Mecklenburg sagen möchte, fühlen Sie selbst, gnädige Fürstin, da ich mir schmeichle, Sie verstehen meine Liebe und unbegrenzte Verehrung für Sie. Ich konnte leider nur die Briefe in die Hände der Fräulein S. geben. Ich muß aber berichtigen, was ich falsch berichtet hatte, daß die Gesellschaft am Großherzoglichen Hofe war; es waren noch weniger Damen, als ich dachte, weil das Tafelzimmer nicht viel Raum hat, und da übrigens so selten souxer ist bei der Großherzogin und so viel Fremde hier sind, so war es leider «och weniger zu hoffen, daß ich dort sein würde. Aber es hat mir recht Leid gethan, noch mehr betrübte ich mich, da die Hoheit sich bei der Geheimräthin v. Fritsch sehr nach mir erkundigt hat und geäußert, sie sähe mich gern. Die Großherzogin hat gegen Frau v. Stein sich sehr mit Lob und Antheil über *) Am 3. April 1S18 hatte sich die Schwester der Fürstin, Prinzeß Auguste von Hessen-Homburg mit dem Erbgroßherzoge von Mecklenburg-Schwerin vermählt, nachdem dessen Gemahlin, geborene Prinzeß Karoline Louise von S, Weimar, den 2V, Januar 1316 gestorben war. Die Neuvermählten berührten auf ihrer Reise nach Ludwigslust Weimar. Leider wurde auch diese Ehe durch den Tod des Erbgroßherzogs schon am 29. November 1819 gelöst. Grenzboten II. 1877. 30

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/237>, abgerufen am 26.05.2024.