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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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Lvon Hambetta als Diktator.

Leon Gambetta und seine Armeen. Von Colmar v. d. Goltz.
Mit einer Karte. Berlin, ^877. F. Schneider u. Komp.

> Die Erscheinung des Advokaten und Abgeordneten Gambetta als militäri¬
scher Organisator und Feldherr gehört zu den interessantesten, welche die Er¬
eignisse des großen deutsch-französischen Krieges nach der Schlacht bei sedem
und dem Sturze Napoleon's des Dritten in den Vordergrund treten ließen.
Er hat in jener Zeit eine Rolle gespielt, die seinen Namen für alle Zeiten
der Geschichte einverleibt, und wenn seine Gedanken und Maßregeln erfolglos
blieben, so verdient die großartige Energie, mit welcher er die^. Rettung Frank¬
reichs versuchte, entschieden Bewunderung. Er hat durch seinen gewaltigen
Willen und seine rastlose Thätigkeit ein fast entwaffnetes und schon im Wider¬
stande erlahmendes Land zu einem Kampfe entflammt, der die deutschen Heere
noch länger als vier Monate in Anspruch nahm. Er hat ferner der Welt
gezeigt, daß das Problem, Heere aus der Erde zu stampfen, auch heute noch
gelöst werden kann, wo der rasche Gang der Kriege und der ungeheure Auf¬
wand, dessen eine Armee bedarf, solche Improvisationen weit schwieriger machen
als ehedem. In wenigen Wochen hatte er das Chaos von Bewaffneten, wel¬
ches er vorfand, in ein gut ausgerüstetes Heer verwandelt, welches nach Hun¬
derttausenden zählte. Noch interessanter und lehrreicher als diese erstaunlichen
Leistungen, bei denen er sich allerdings durch den Charakter Frankreichs und
der Franzosen unterstützt sah, ist die Betrachtung der Ursachen und Gründe,
die ihn trotz aller seiner riesigen Anstrengungen, trotz seiner Rücksichtslosigkeit
und trotz der unermeßlichen Opfer, die das Land brachte, vor den an Zahl weit
schwächeren Gegnern auf allen Punkten scheitern ließen, und die einzig und
allein oder doch vor Allem darin liegen, daß diese Gegner wohlgeschulte Sol¬
daten, seine Heere aber in der Hauptsache Milizen waren.

Alles das wird nun in uuserem Buche nach guten und sorgfältig ver¬
arbeiteten Quellen ausführlich und anschaulich dargestellt. In Betreff der


Grenzboten II. 1377. 61
Lvon Hambetta als Diktator.

Leon Gambetta und seine Armeen. Von Colmar v. d. Goltz.
Mit einer Karte. Berlin, ^877. F. Schneider u. Komp.

> Die Erscheinung des Advokaten und Abgeordneten Gambetta als militäri¬
scher Organisator und Feldherr gehört zu den interessantesten, welche die Er¬
eignisse des großen deutsch-französischen Krieges nach der Schlacht bei sedem
und dem Sturze Napoleon's des Dritten in den Vordergrund treten ließen.
Er hat in jener Zeit eine Rolle gespielt, die seinen Namen für alle Zeiten
der Geschichte einverleibt, und wenn seine Gedanken und Maßregeln erfolglos
blieben, so verdient die großartige Energie, mit welcher er die^. Rettung Frank¬
reichs versuchte, entschieden Bewunderung. Er hat durch seinen gewaltigen
Willen und seine rastlose Thätigkeit ein fast entwaffnetes und schon im Wider¬
stande erlahmendes Land zu einem Kampfe entflammt, der die deutschen Heere
noch länger als vier Monate in Anspruch nahm. Er hat ferner der Welt
gezeigt, daß das Problem, Heere aus der Erde zu stampfen, auch heute noch
gelöst werden kann, wo der rasche Gang der Kriege und der ungeheure Auf¬
wand, dessen eine Armee bedarf, solche Improvisationen weit schwieriger machen
als ehedem. In wenigen Wochen hatte er das Chaos von Bewaffneten, wel¬
ches er vorfand, in ein gut ausgerüstetes Heer verwandelt, welches nach Hun¬
derttausenden zählte. Noch interessanter und lehrreicher als diese erstaunlichen
Leistungen, bei denen er sich allerdings durch den Charakter Frankreichs und
der Franzosen unterstützt sah, ist die Betrachtung der Ursachen und Gründe,
die ihn trotz aller seiner riesigen Anstrengungen, trotz seiner Rücksichtslosigkeit
und trotz der unermeßlichen Opfer, die das Land brachte, vor den an Zahl weit
schwächeren Gegnern auf allen Punkten scheitern ließen, und die einzig und
allein oder doch vor Allem darin liegen, daß diese Gegner wohlgeschulte Sol¬
daten, seine Heere aber in der Hauptsache Milizen waren.

Alles das wird nun in uuserem Buche nach guten und sorgfältig ver¬
arbeiteten Quellen ausführlich und anschaulich dargestellt. In Betreff der


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[0485] Lvon Hambetta als Diktator. Leon Gambetta und seine Armeen. Von Colmar v. d. Goltz. Mit einer Karte. Berlin, ^877. F. Schneider u. Komp. > Die Erscheinung des Advokaten und Abgeordneten Gambetta als militäri¬ scher Organisator und Feldherr gehört zu den interessantesten, welche die Er¬ eignisse des großen deutsch-französischen Krieges nach der Schlacht bei sedem und dem Sturze Napoleon's des Dritten in den Vordergrund treten ließen. Er hat in jener Zeit eine Rolle gespielt, die seinen Namen für alle Zeiten der Geschichte einverleibt, und wenn seine Gedanken und Maßregeln erfolglos blieben, so verdient die großartige Energie, mit welcher er die^. Rettung Frank¬ reichs versuchte, entschieden Bewunderung. Er hat durch seinen gewaltigen Willen und seine rastlose Thätigkeit ein fast entwaffnetes und schon im Wider¬ stande erlahmendes Land zu einem Kampfe entflammt, der die deutschen Heere noch länger als vier Monate in Anspruch nahm. Er hat ferner der Welt gezeigt, daß das Problem, Heere aus der Erde zu stampfen, auch heute noch gelöst werden kann, wo der rasche Gang der Kriege und der ungeheure Auf¬ wand, dessen eine Armee bedarf, solche Improvisationen weit schwieriger machen als ehedem. In wenigen Wochen hatte er das Chaos von Bewaffneten, wel¬ ches er vorfand, in ein gut ausgerüstetes Heer verwandelt, welches nach Hun¬ derttausenden zählte. Noch interessanter und lehrreicher als diese erstaunlichen Leistungen, bei denen er sich allerdings durch den Charakter Frankreichs und der Franzosen unterstützt sah, ist die Betrachtung der Ursachen und Gründe, die ihn trotz aller seiner riesigen Anstrengungen, trotz seiner Rücksichtslosigkeit und trotz der unermeßlichen Opfer, die das Land brachte, vor den an Zahl weit schwächeren Gegnern auf allen Punkten scheitern ließen, und die einzig und allein oder doch vor Allem darin liegen, daß diese Gegner wohlgeschulte Sol¬ daten, seine Heere aber in der Hauptsache Milizen waren. Alles das wird nun in uuserem Buche nach guten und sorgfältig ver¬ arbeiteten Quellen ausführlich und anschaulich dargestellt. In Betreff der Grenzboten II. 1377. 61

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/485>, abgerufen am 26.05.2024.