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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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Karl den er am 18. April in Rouen antrifft. Im Mai besucht der
Ritter Paris und macht sich dann über Brabant auf den Heimweg. Einen
längeren Aufenthalt nahm er ans diesem noch in Heidelberg beim Pfalzgrafen,
wartete daun dem Kaiser in Ulm auf, dann besuchte er den Markgrafen Albrecht
Achilles, dann noch König Wladislaw in Böhmen, sodaß er erst im Sommer
1486 in seiner Vaterstadt anlangte.

Die Persönlichkeiten der Fürsten, die er besuchte, find genugsam bekannt,
um für des Ritters Reise Interesse zu erheischen, ein flüchtiger Blick in die
Geschichte lehrt, daß er die Fürsten und ihre Länder zumeist in höchst wichtigen
Perioden ihrer Regieruugsgeschichte traf, und daß die Person des Erzählenden
-- dessen frische Beobachtungsgabe, entschieden treuherzige Wahrhaftigkeit und
Fernsein von der Absicht durch Seusationserzählungen seine Aufzeichnungen zu
einer angenehmen Lektüre für deu Geschmack jener Zeiten zu machen, jeden
angenehm anmuthen muß, -- das Interesse nicht abschwächt, das, hoffe ich,
werden die,Leser durch seiue Erzählung selbst erfahren. ,

Es war nöthig eine Auswahl zu treffen; sie hat stattgefunden nnter Be¬
rücksichtigung des Zwecks dieser Blätter nach dem subjektiven Urtheil des Aus¬
wählenden. Ebenso mußte erklärende!: Bemerkungen eine ziemlich enge Grenze
gesteckt werden; der gelehrte Historiker wird sie sich leicht ergänzen, und wen"
er sich bewogen fülle, des alten Ritters geschichtlichem Werth etwas näher zu
Leibe zu gehen: die Quellen habe ich genannt, und die Stadtbibliothek z"
Breslau sucht in liebenswürdigem Zngünglichmachen ihrer reichen Schätze
Ihresgleichen.

1.
Reise durch Deutschland.

"Am Abend Purifieationis oder Mariä Lichtmeß im 1483"-) Jahre bin
ich von Wien ans Kaiserlicher Majestät Hof gezogen mit fünf Rossen und so
viel Gesinde znsamt dem Bischof von Gran und Fortin^), gen Meil eine Stadt





") Die Unrichtigkeiten des Textes habe ich so weit es möglich war verbessert, wußte
aber natürlich hier darauf verzichten die einzelnen Korrekturen zu erklären.
"*) 1. Februar.
5*") Gemeine ist Alexander de Malatcrio, Bischof von Forli in der Romagna (1470--
1484). Er war damals Legat und Nuuzius des Papstes in Deutschland mit dem vvlltönc"-
deu Titel: "6si et "postoliv"" 8"ni" sxiüvoxn" ^orliaionkiis e.t in <Zorn""la o"n
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dein Erzbischof von Gran ist der vertriebene Johann Veckeuloer, ein geborener Breslaiier,
zu verstehen, welcher große Schuhe bei seiner Flucht vo" Gran mitgeuomme" hulde >>>>
sich dadurch dem Kaiser unentbehrlich machte. Er war damals von diesem zum Erzbis")^
von Salzburg bestimmt worden.

Karl den er am 18. April in Rouen antrifft. Im Mai besucht der
Ritter Paris und macht sich dann über Brabant auf den Heimweg. Einen
längeren Aufenthalt nahm er ans diesem noch in Heidelberg beim Pfalzgrafen,
wartete daun dem Kaiser in Ulm auf, dann besuchte er den Markgrafen Albrecht
Achilles, dann noch König Wladislaw in Böhmen, sodaß er erst im Sommer
1486 in seiner Vaterstadt anlangte.

Die Persönlichkeiten der Fürsten, die er besuchte, find genugsam bekannt,
um für des Ritters Reise Interesse zu erheischen, ein flüchtiger Blick in die
Geschichte lehrt, daß er die Fürsten und ihre Länder zumeist in höchst wichtigen
Perioden ihrer Regieruugsgeschichte traf, und daß die Person des Erzählenden
— dessen frische Beobachtungsgabe, entschieden treuherzige Wahrhaftigkeit und
Fernsein von der Absicht durch Seusationserzählungen seine Aufzeichnungen zu
einer angenehmen Lektüre für deu Geschmack jener Zeiten zu machen, jeden
angenehm anmuthen muß, — das Interesse nicht abschwächt, das, hoffe ich,
werden die,Leser durch seiue Erzählung selbst erfahren. ,

Es war nöthig eine Auswahl zu treffen; sie hat stattgefunden nnter Be¬
rücksichtigung des Zwecks dieser Blätter nach dem subjektiven Urtheil des Aus¬
wählenden. Ebenso mußte erklärende!: Bemerkungen eine ziemlich enge Grenze
gesteckt werden; der gelehrte Historiker wird sie sich leicht ergänzen, und wen»
er sich bewogen fülle, des alten Ritters geschichtlichem Werth etwas näher zu
Leibe zu gehen: die Quellen habe ich genannt, und die Stadtbibliothek z»
Breslau sucht in liebenswürdigem Zngünglichmachen ihrer reichen Schätze
Ihresgleichen.

1.
Reise durch Deutschland.

„Am Abend Purifieationis oder Mariä Lichtmeß im 1483«-) Jahre bin
ich von Wien ans Kaiserlicher Majestät Hof gezogen mit fünf Rossen und so
viel Gesinde znsamt dem Bischof von Gran und Fortin^), gen Meil eine Stadt





") Die Unrichtigkeiten des Textes habe ich so weit es möglich war verbessert, wußte
aber natürlich hier darauf verzichten die einzelnen Korrekturen zu erklären.
"*) 1. Februar.
5*») Gemeine ist Alexander de Malatcrio, Bischof von Forli in der Romagna (1470—
1484). Er war damals Legat und Nuuzius des Papstes in Deutschland mit dem vvlltönc»-
deu Titel: „6si et »postoliv»« 8«ni« sxiüvoxn» ^orliaionkiis e.t in <Zorn»»la o»n
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dein Erzbischof von Gran ist der vertriebene Johann Veckeuloer, ein geborener Breslaiier,
zu verstehen, welcher große Schuhe bei seiner Flucht vo» Gran mitgeuomme« hulde >>>>
sich dadurch dem Kaiser unentbehrlich machte. Er war damals von diesem zum Erzbis»)^
von Salzburg bestimmt worden.
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[0428] Karl den er am 18. April in Rouen antrifft. Im Mai besucht der Ritter Paris und macht sich dann über Brabant auf den Heimweg. Einen längeren Aufenthalt nahm er ans diesem noch in Heidelberg beim Pfalzgrafen, wartete daun dem Kaiser in Ulm auf, dann besuchte er den Markgrafen Albrecht Achilles, dann noch König Wladislaw in Böhmen, sodaß er erst im Sommer 1486 in seiner Vaterstadt anlangte. Die Persönlichkeiten der Fürsten, die er besuchte, find genugsam bekannt, um für des Ritters Reise Interesse zu erheischen, ein flüchtiger Blick in die Geschichte lehrt, daß er die Fürsten und ihre Länder zumeist in höchst wichtigen Perioden ihrer Regieruugsgeschichte traf, und daß die Person des Erzählenden — dessen frische Beobachtungsgabe, entschieden treuherzige Wahrhaftigkeit und Fernsein von der Absicht durch Seusationserzählungen seine Aufzeichnungen zu einer angenehmen Lektüre für deu Geschmack jener Zeiten zu machen, jeden angenehm anmuthen muß, — das Interesse nicht abschwächt, das, hoffe ich, werden die,Leser durch seiue Erzählung selbst erfahren. , Es war nöthig eine Auswahl zu treffen; sie hat stattgefunden nnter Be¬ rücksichtigung des Zwecks dieser Blätter nach dem subjektiven Urtheil des Aus¬ wählenden. Ebenso mußte erklärende!: Bemerkungen eine ziemlich enge Grenze gesteckt werden; der gelehrte Historiker wird sie sich leicht ergänzen, und wen» er sich bewogen fülle, des alten Ritters geschichtlichem Werth etwas näher zu Leibe zu gehen: die Quellen habe ich genannt, und die Stadtbibliothek z» Breslau sucht in liebenswürdigem Zngünglichmachen ihrer reichen Schätze Ihresgleichen. 1. Reise durch Deutschland. „Am Abend Purifieationis oder Mariä Lichtmeß im 1483«-) Jahre bin ich von Wien ans Kaiserlicher Majestät Hof gezogen mit fünf Rossen und so viel Gesinde znsamt dem Bischof von Gran und Fortin^), gen Meil eine Stadt ") Die Unrichtigkeiten des Textes habe ich so weit es möglich war verbessert, wußte aber natürlich hier darauf verzichten die einzelnen Korrekturen zu erklären. "*) 1. Februar. 5*») Gemeine ist Alexander de Malatcrio, Bischof von Forli in der Romagna (1470— 1484). Er war damals Legat und Nuuzius des Papstes in Deutschland mit dem vvlltönc»- deu Titel: „6si et »postoliv»« 8«ni« sxiüvoxn» ^orliaionkiis e.t in <Zorn»»la o»n elmisula,: ,,M in <mit>u»e.>iiuius !lui» too!« ircl iug,s llevlinm'v e.nntix;prit" — in Spirit" !i.l>nu» vt t'Sinxorkiidiis pun xlena xotkikitato lex^ti alö I-rterv nuutiu« vt orator.'' — linke^ dein Erzbischof von Gran ist der vertriebene Johann Veckeuloer, ein geborener Breslaiier, zu verstehen, welcher große Schuhe bei seiner Flucht vo» Gran mitgeuomme« hulde >>>> sich dadurch dem Kaiser unentbehrlich machte. Er war damals von diesem zum Erzbis»)^ von Salzburg bestimmt worden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/428>, abgerufen am 05.05.2024.