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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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Schilderung eines Tages "während der Bayreuther Schreckenszeit," umfaßt
also die Zeit vom Mai 1873 bis zum August 1876. stofflich dagegen ziehen
diese "Spaziergänge" Alles in ihren Bereich, was in diesen Tagen irgend Be-
merkenswerthes sich zugetragen hat, und bieten daher wie ihre Vorgänger
jedem, der Antheil an den Ereignissen seiner Zeit nimmt, das Urtheil eines
geistvollen Mannes in einer Form, die jedem unvergeßlich bleiben muß, der
H. B. mit einiger Genußfähigkeit für stilistischen Reiz begabt ist.




Literatur.
Die Wasserstraßen in den Vereinigten Staaten von Nordamerika in ihrer
kommerziellen und industriellen Bedeutung. Im Auftrage des Ministers für Handel,
Gewerbe und öffentliche Arbeiten verfaßt von Chr. Mosler, Bergassessor. Mit 2
Farbendruck-Tafeln. Berlin, Ernst und Korn, 1877.

Die hohe Wichtigkeit, welche die Kanalfrage für Deutschland hat, ist die
Veranlassung zu der obigen Schrift geworden. Der preußische Handelsminister
hat den Bergassessor Mosler nach Amerika gesandt, um einen Bericht über
das dortige Kanalwesen zu erstatten. Dieser ist nun allerdings so ausgefallen,
wie man es bei einer solchen Sendung voraussagen konnte. Die Agitation
für die Förderung der Wasserstraßen ist dem preußischen Handelsminister
änßerst unbequem; da trifft es sich nun sehr gut, daß der Hilfsarbeiter im
Handelsministerium nach seiner Rückkehr ein Votum abgibt, welches
zufälligerweise mit den Intentionen des Handelsministers sehr genau zusammen¬
trifft-, deun das Resultat desselben lautet: "Was die Zukunft des Kanal¬
wesens in den Vereinigten Staaten anbelangt, so ist mit ziemlicher Wahrschein¬
lichkeit vorauszusehen, daß die stets wachsende Konkurrenz der Eisenbahnen
und der freien Binnensee- und Flußschifffahrt auch die noch belebten Schiff¬
fahrtskanäle, mit Ausnahme der Küsten- und Seekanäle, allmählich zum Ver¬
siechen und schließlich zum Erliegen bringen wird." Ist dieses Urtheil motivirt,
dann wäre es allerdings mit der Agitation für die Kanüle in Deutschland
vorbei. Allein wir sehen uns vergeblich in dieser Schrift nach einer wirklichen
Motivirung um. Die kleinen lokalen Kanäle, welche ohne Fortsetzung sind
und früher die Stelle der Landstraßen einnahmen, haben allerdings in Amerika
den Eisenbahnen gegenüber ihre Bedeutung eingebüßt. Dies zu constatiren,
hätte der Verfasser keine Reise nach Amerika zu machen brauchen, denn das
wußte man längst. Daß aber die großen durchgehenden Kanäle, welche dem


Schilderung eines Tages „während der Bayreuther Schreckenszeit," umfaßt
also die Zeit vom Mai 1873 bis zum August 1876. stofflich dagegen ziehen
diese „Spaziergänge" Alles in ihren Bereich, was in diesen Tagen irgend Be-
merkenswerthes sich zugetragen hat, und bieten daher wie ihre Vorgänger
jedem, der Antheil an den Ereignissen seiner Zeit nimmt, das Urtheil eines
geistvollen Mannes in einer Form, die jedem unvergeßlich bleiben muß, der
H. B. mit einiger Genußfähigkeit für stilistischen Reiz begabt ist.




Literatur.
Die Wasserstraßen in den Vereinigten Staaten von Nordamerika in ihrer
kommerziellen und industriellen Bedeutung. Im Auftrage des Ministers für Handel,
Gewerbe und öffentliche Arbeiten verfaßt von Chr. Mosler, Bergassessor. Mit 2
Farbendruck-Tafeln. Berlin, Ernst und Korn, 1877.

Die hohe Wichtigkeit, welche die Kanalfrage für Deutschland hat, ist die
Veranlassung zu der obigen Schrift geworden. Der preußische Handelsminister
hat den Bergassessor Mosler nach Amerika gesandt, um einen Bericht über
das dortige Kanalwesen zu erstatten. Dieser ist nun allerdings so ausgefallen,
wie man es bei einer solchen Sendung voraussagen konnte. Die Agitation
für die Förderung der Wasserstraßen ist dem preußischen Handelsminister
änßerst unbequem; da trifft es sich nun sehr gut, daß der Hilfsarbeiter im
Handelsministerium nach seiner Rückkehr ein Votum abgibt, welches
zufälligerweise mit den Intentionen des Handelsministers sehr genau zusammen¬
trifft-, deun das Resultat desselben lautet: „Was die Zukunft des Kanal¬
wesens in den Vereinigten Staaten anbelangt, so ist mit ziemlicher Wahrschein¬
lichkeit vorauszusehen, daß die stets wachsende Konkurrenz der Eisenbahnen
und der freien Binnensee- und Flußschifffahrt auch die noch belebten Schiff¬
fahrtskanäle, mit Ausnahme der Küsten- und Seekanäle, allmählich zum Ver¬
siechen und schließlich zum Erliegen bringen wird." Ist dieses Urtheil motivirt,
dann wäre es allerdings mit der Agitation für die Kanüle in Deutschland
vorbei. Allein wir sehen uns vergeblich in dieser Schrift nach einer wirklichen
Motivirung um. Die kleinen lokalen Kanäle, welche ohne Fortsetzung sind
und früher die Stelle der Landstraßen einnahmen, haben allerdings in Amerika
den Eisenbahnen gegenüber ihre Bedeutung eingebüßt. Dies zu constatiren,
hätte der Verfasser keine Reise nach Amerika zu machen brauchen, denn das
wußte man längst. Daß aber die großen durchgehenden Kanäle, welche dem


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[0326] Schilderung eines Tages „während der Bayreuther Schreckenszeit," umfaßt also die Zeit vom Mai 1873 bis zum August 1876. stofflich dagegen ziehen diese „Spaziergänge" Alles in ihren Bereich, was in diesen Tagen irgend Be- merkenswerthes sich zugetragen hat, und bieten daher wie ihre Vorgänger jedem, der Antheil an den Ereignissen seiner Zeit nimmt, das Urtheil eines geistvollen Mannes in einer Form, die jedem unvergeßlich bleiben muß, der H. B. mit einiger Genußfähigkeit für stilistischen Reiz begabt ist. Literatur. Die Wasserstraßen in den Vereinigten Staaten von Nordamerika in ihrer kommerziellen und industriellen Bedeutung. Im Auftrage des Ministers für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten verfaßt von Chr. Mosler, Bergassessor. Mit 2 Farbendruck-Tafeln. Berlin, Ernst und Korn, 1877. Die hohe Wichtigkeit, welche die Kanalfrage für Deutschland hat, ist die Veranlassung zu der obigen Schrift geworden. Der preußische Handelsminister hat den Bergassessor Mosler nach Amerika gesandt, um einen Bericht über das dortige Kanalwesen zu erstatten. Dieser ist nun allerdings so ausgefallen, wie man es bei einer solchen Sendung voraussagen konnte. Die Agitation für die Förderung der Wasserstraßen ist dem preußischen Handelsminister änßerst unbequem; da trifft es sich nun sehr gut, daß der Hilfsarbeiter im Handelsministerium nach seiner Rückkehr ein Votum abgibt, welches zufälligerweise mit den Intentionen des Handelsministers sehr genau zusammen¬ trifft-, deun das Resultat desselben lautet: „Was die Zukunft des Kanal¬ wesens in den Vereinigten Staaten anbelangt, so ist mit ziemlicher Wahrschein¬ lichkeit vorauszusehen, daß die stets wachsende Konkurrenz der Eisenbahnen und der freien Binnensee- und Flußschifffahrt auch die noch belebten Schiff¬ fahrtskanäle, mit Ausnahme der Küsten- und Seekanäle, allmählich zum Ver¬ siechen und schließlich zum Erliegen bringen wird." Ist dieses Urtheil motivirt, dann wäre es allerdings mit der Agitation für die Kanüle in Deutschland vorbei. Allein wir sehen uns vergeblich in dieser Schrift nach einer wirklichen Motivirung um. Die kleinen lokalen Kanäle, welche ohne Fortsetzung sind und früher die Stelle der Landstraßen einnahmen, haben allerdings in Amerika den Eisenbahnen gegenüber ihre Bedeutung eingebüßt. Dies zu constatiren, hätte der Verfasser keine Reise nach Amerika zu machen brauchen, denn das wußte man längst. Daß aber die großen durchgehenden Kanäle, welche dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/326>, abgerufen am 03.05.2024.