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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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der Front gewissermaßen sturmsrei. Ein zweites Treffen fehlte ihr allerdings,
wohl auch deshalb weil es an Menschen mangelte, um ein solches herzustellen,
wenn man den ungeheueren Massen des Feindes gegenüber die Front nicht
gar zu sehr verkürzen wollte. Doch dieser Mangel machte sich, angesichts der
persischen Unbeholfenheit, ebenso wenig fühlbar wie der Umstand, daß die
Griechen der starken und tüchtigen Reiterei der Asiaten so gut wie gar keine
Kavallerie entgegen führen konnten; denn in dieser Hinsicht kämpften die Tcrnnn-
verhältnisse für Griechenland.

8. Die Taktik nach den Perserkriegen.

Den Hellenen selbst erschienen offenbar Disziplin und Fechtweise als
entscheidende Gründe des Sieges über die Barbaren. Der Entwickelung beider
wendeten sie daher unmittelbar nach dem Zurückweisen des persischen Einbruchs
die höchste Sorgfalt zu, und darum ist hier der Ort, der griechischen Elementar¬
taktik mit einiger Ausführlichkeit zu gedenken,*)

Man kann im Allgemeinen 8 Mann als die normale Tiefe der
Hoplitenphalanx annehmen. Zur Parade, oder da, wo es sich darum
handelt, mit wenig Truppen breite Fronten zu decken, wird die Tiefe durch
Eindoppeln nach der Länge auf 4, auf beschränktem Terrain durch Eindoppeln
nach der Tiefe auf 16 Glieder gebracht. -- Auf das Kommando s"?
ö?r^et! "An die Gewehre!" nehmen die Hopliten ihre Waffen und treten in
der Grundstellung, d. h. der Phalanx, an; noch aber sind die Sklaven
um ihre Herren beschäftigt. Der Polemarch kommandirt dann weiter o?r/to<xo^<,?
"?rtr" ?M <M/i,"//<>5! "Rotten klar gemacht!" worauf sich die Troßbuben
entfernen. Nun erfolgt das Kommando: Ti^vo^- ?<z? Tro^"//"^^^"!
"stillgestanden! Achtung!" -- Der kurze Hoplitenspieß wird durchaus mit
einer, der rechten Hand geführt. Der Krieger nimmt ihn auf Befehl auf die
rechte Schulter zum Marsch oder fällt ihn zum Angriff. so^"?"!
-- In Bewegung setzt sich der Mann ans das Kommando Tr^o"/-! "Marsch!"
-- Die Wendungen (xAset?) finden wie bei uns statt; nur wird "Kehrt"
rechtsum- "Front" linksnmkehrt gemacht. "Halbrechts!" "halblinks!" "gerade¬
aus!" werden in bekannter Weise ausgeführt. -- Die Rotte wird bei Arrian
und Aelian mit "^ve", bei Xenophon mit "o^os" bezeichnet; ihre ungeraden
Mitglieder heißen "Vordermänner", die geraden "Hintermänner." Den Ersten



Unsere Darstellung folgt hierbei der "Geschichte des Griechischen Kriegswesens" von
Rüstow und Kvchly, deren Auffassung der Elemcntartaktik sich allerdings zunächst auf
Schriftsteller der späteren hellenistischen Zeit stützt. Indeß dürfte es jenen Autoren in
hohem Grade gelungen sein, die Angaben Arrians und Aelians mit Hülfe der Schriften
?kenophons zu kritisiren und für die früheren Perioden verwendbar zu machen,

der Front gewissermaßen sturmsrei. Ein zweites Treffen fehlte ihr allerdings,
wohl auch deshalb weil es an Menschen mangelte, um ein solches herzustellen,
wenn man den ungeheueren Massen des Feindes gegenüber die Front nicht
gar zu sehr verkürzen wollte. Doch dieser Mangel machte sich, angesichts der
persischen Unbeholfenheit, ebenso wenig fühlbar wie der Umstand, daß die
Griechen der starken und tüchtigen Reiterei der Asiaten so gut wie gar keine
Kavallerie entgegen führen konnten; denn in dieser Hinsicht kämpften die Tcrnnn-
verhältnisse für Griechenland.

8. Die Taktik nach den Perserkriegen.

Den Hellenen selbst erschienen offenbar Disziplin und Fechtweise als
entscheidende Gründe des Sieges über die Barbaren. Der Entwickelung beider
wendeten sie daher unmittelbar nach dem Zurückweisen des persischen Einbruchs
die höchste Sorgfalt zu, und darum ist hier der Ort, der griechischen Elementar¬
taktik mit einiger Ausführlichkeit zu gedenken,*)

Man kann im Allgemeinen 8 Mann als die normale Tiefe der
Hoplitenphalanx annehmen. Zur Parade, oder da, wo es sich darum
handelt, mit wenig Truppen breite Fronten zu decken, wird die Tiefe durch
Eindoppeln nach der Länge auf 4, auf beschränktem Terrain durch Eindoppeln
nach der Tiefe auf 16 Glieder gebracht. — Auf das Kommando s«?
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der Grundstellung, d. h. der Phalanx, an; noch aber sind die Sklaven
um ihre Herren beschäftigt. Der Polemarch kommandirt dann weiter o?r/to<xo^<,?
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einer, der rechten Hand geführt. Der Krieger nimmt ihn auf Befehl auf die
rechte Schulter zum Marsch oder fällt ihn zum Angriff. so^«?«!
— In Bewegung setzt sich der Mann ans das Kommando Tr^o«/-! „Marsch!"
— Die Wendungen (xAset?) finden wie bei uns statt; nur wird „Kehrt"
rechtsum- „Front" linksnmkehrt gemacht. „Halbrechts!" „halblinks!" „gerade¬
aus!" werden in bekannter Weise ausgeführt. — Die Rotte wird bei Arrian
und Aelian mit „^ve", bei Xenophon mit „o^os" bezeichnet; ihre ungeraden
Mitglieder heißen „Vordermänner", die geraden „Hintermänner." Den Ersten



Unsere Darstellung folgt hierbei der „Geschichte des Griechischen Kriegswesens" von
Rüstow und Kvchly, deren Auffassung der Elemcntartaktik sich allerdings zunächst auf
Schriftsteller der späteren hellenistischen Zeit stützt. Indeß dürfte es jenen Autoren in
hohem Grade gelungen sein, die Angaben Arrians und Aelians mit Hülfe der Schriften
?kenophons zu kritisiren und für die früheren Perioden verwendbar zu machen,
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[0130] der Front gewissermaßen sturmsrei. Ein zweites Treffen fehlte ihr allerdings, wohl auch deshalb weil es an Menschen mangelte, um ein solches herzustellen, wenn man den ungeheueren Massen des Feindes gegenüber die Front nicht gar zu sehr verkürzen wollte. Doch dieser Mangel machte sich, angesichts der persischen Unbeholfenheit, ebenso wenig fühlbar wie der Umstand, daß die Griechen der starken und tüchtigen Reiterei der Asiaten so gut wie gar keine Kavallerie entgegen führen konnten; denn in dieser Hinsicht kämpften die Tcrnnn- verhältnisse für Griechenland. 8. Die Taktik nach den Perserkriegen. Den Hellenen selbst erschienen offenbar Disziplin und Fechtweise als entscheidende Gründe des Sieges über die Barbaren. Der Entwickelung beider wendeten sie daher unmittelbar nach dem Zurückweisen des persischen Einbruchs die höchste Sorgfalt zu, und darum ist hier der Ort, der griechischen Elementar¬ taktik mit einiger Ausführlichkeit zu gedenken,*) Man kann im Allgemeinen 8 Mann als die normale Tiefe der Hoplitenphalanx annehmen. Zur Parade, oder da, wo es sich darum handelt, mit wenig Truppen breite Fronten zu decken, wird die Tiefe durch Eindoppeln nach der Länge auf 4, auf beschränktem Terrain durch Eindoppeln nach der Tiefe auf 16 Glieder gebracht. — Auf das Kommando s«? ö?r^et! „An die Gewehre!" nehmen die Hopliten ihre Waffen und treten in der Grundstellung, d. h. der Phalanx, an; noch aber sind die Sklaven um ihre Herren beschäftigt. Der Polemarch kommandirt dann weiter o?r/to<xo^<,? «?rtr« ?M <M/i,«//<>5! „Rotten klar gemacht!" worauf sich die Troßbuben entfernen. Nun erfolgt das Kommando: Ti^vo^- ?<z? Tro^«//«^^^«! „stillgestanden! Achtung!" — Der kurze Hoplitenspieß wird durchaus mit einer, der rechten Hand geführt. Der Krieger nimmt ihn auf Befehl auf die rechte Schulter zum Marsch oder fällt ihn zum Angriff. so^«?«! — In Bewegung setzt sich der Mann ans das Kommando Tr^o«/-! „Marsch!" — Die Wendungen (xAset?) finden wie bei uns statt; nur wird „Kehrt" rechtsum- „Front" linksnmkehrt gemacht. „Halbrechts!" „halblinks!" „gerade¬ aus!" werden in bekannter Weise ausgeführt. — Die Rotte wird bei Arrian und Aelian mit „^ve", bei Xenophon mit „o^os" bezeichnet; ihre ungeraden Mitglieder heißen „Vordermänner", die geraden „Hintermänner." Den Ersten Unsere Darstellung folgt hierbei der „Geschichte des Griechischen Kriegswesens" von Rüstow und Kvchly, deren Auffassung der Elemcntartaktik sich allerdings zunächst auf Schriftsteller der späteren hellenistischen Zeit stützt. Indeß dürfte es jenen Autoren in hohem Grade gelungen sein, die Angaben Arrians und Aelians mit Hülfe der Schriften ?kenophons zu kritisiren und für die früheren Perioden verwendbar zu machen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/130>, abgerufen am 28.04.2024.