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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Friedrich der Kroße und sein Aruder Milz Keinrich.

Am 18. Januar ist das neue deutsche Reich erstanden; Feinde von Außen
und im Innern möchten diesem Datum gern ein schwarzes Kreuz zufügen,
doch umsonst umkrächzen die Raben das jugendlich frische Leben. Wenige
Tage darauf zeigt uns der Kalender den Geburtstag eines Verstorbenen aus
dem erlauchten Hause der Hohenzollern, der den ersten Grundstein zum neuen
Reiche gelegt hat. Der 24. Januar wird uoch heute in allen den Kreisen,
die sich noch in direkter geistiger Beziehung zu dem Weisen von Sanssouci,
dem Helden des siebenjährigen Krieges wissen, durch eiuen Festakt in würdiger
Weise begangen und dadurch deu Ncichgebvrneu in Erinnerung gebracht. Es
sollten jedoch Alle, die treu zu Kaiser und Reich halten, an diesem Tage daran
gedenken, was sie einem der ersten Feldherrn aller Zeiten, einem Staatsmann
und König ohne Gleichen, verdanken. Durch ihn ward auf deutschem Boden
aus dem chaotischen Gewimmel hundertfältiger Territorialgewalten eine neue
Großmacht gegründet, deren Interessen mit denen Deutschlands nunmehr zu¬
sammenfielen.

Ohne diese Großmacht wäre das neue deutsche Reich nimmer erstanden.
Aber auch auf anderen Gebieten ist der fördernde, ja wir dürfen sagen bahn¬
brechende Einfluß Friedrich des Großen nicht hoch genug anzuschlagen. Er
war der Schöpfer des modernen Rechtsstaates. "Der König ist der erste
Diener des Staates": in diesen von ihm ausgesprochenen Worten liegt ein
glänzenderes Zeugniß, als in allen erfochtenen Siegen. Die Arbeit für den
Staat, den er beherrschte, galt ihm als die heiligste Pflicht seines Lebens. Er
war groß, als Leiter der äußern europäischen Politik, als Regent seines Landes,
als Feldherr und nicht weniger als Schriftsteller. "Daß der Weise von
Sanssouci nicht nur ein König, sondern auch ein Schriftsteller von Gottes
Gnaden war, darüber herrscht unter den Sachverständigen kein Zweifel", so


Greuzl'vier I. 1878. 21
Friedrich der Kroße und sein Aruder Milz Keinrich.

Am 18. Januar ist das neue deutsche Reich erstanden; Feinde von Außen
und im Innern möchten diesem Datum gern ein schwarzes Kreuz zufügen,
doch umsonst umkrächzen die Raben das jugendlich frische Leben. Wenige
Tage darauf zeigt uns der Kalender den Geburtstag eines Verstorbenen aus
dem erlauchten Hause der Hohenzollern, der den ersten Grundstein zum neuen
Reiche gelegt hat. Der 24. Januar wird uoch heute in allen den Kreisen,
die sich noch in direkter geistiger Beziehung zu dem Weisen von Sanssouci,
dem Helden des siebenjährigen Krieges wissen, durch eiuen Festakt in würdiger
Weise begangen und dadurch deu Ncichgebvrneu in Erinnerung gebracht. Es
sollten jedoch Alle, die treu zu Kaiser und Reich halten, an diesem Tage daran
gedenken, was sie einem der ersten Feldherrn aller Zeiten, einem Staatsmann
und König ohne Gleichen, verdanken. Durch ihn ward auf deutschem Boden
aus dem chaotischen Gewimmel hundertfältiger Territorialgewalten eine neue
Großmacht gegründet, deren Interessen mit denen Deutschlands nunmehr zu¬
sammenfielen.

Ohne diese Großmacht wäre das neue deutsche Reich nimmer erstanden.
Aber auch auf anderen Gebieten ist der fördernde, ja wir dürfen sagen bahn¬
brechende Einfluß Friedrich des Großen nicht hoch genug anzuschlagen. Er
war der Schöpfer des modernen Rechtsstaates. „Der König ist der erste
Diener des Staates": in diesen von ihm ausgesprochenen Worten liegt ein
glänzenderes Zeugniß, als in allen erfochtenen Siegen. Die Arbeit für den
Staat, den er beherrschte, galt ihm als die heiligste Pflicht seines Lebens. Er
war groß, als Leiter der äußern europäischen Politik, als Regent seines Landes,
als Feldherr und nicht weniger als Schriftsteller. „Daß der Weise von
Sanssouci nicht nur ein König, sondern auch ein Schriftsteller von Gottes
Gnaden war, darüber herrscht unter den Sachverständigen kein Zweifel", so


Greuzl'vier I. 1878. 21
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[0169] Friedrich der Kroße und sein Aruder Milz Keinrich. Am 18. Januar ist das neue deutsche Reich erstanden; Feinde von Außen und im Innern möchten diesem Datum gern ein schwarzes Kreuz zufügen, doch umsonst umkrächzen die Raben das jugendlich frische Leben. Wenige Tage darauf zeigt uns der Kalender den Geburtstag eines Verstorbenen aus dem erlauchten Hause der Hohenzollern, der den ersten Grundstein zum neuen Reiche gelegt hat. Der 24. Januar wird uoch heute in allen den Kreisen, die sich noch in direkter geistiger Beziehung zu dem Weisen von Sanssouci, dem Helden des siebenjährigen Krieges wissen, durch eiuen Festakt in würdiger Weise begangen und dadurch deu Ncichgebvrneu in Erinnerung gebracht. Es sollten jedoch Alle, die treu zu Kaiser und Reich halten, an diesem Tage daran gedenken, was sie einem der ersten Feldherrn aller Zeiten, einem Staatsmann und König ohne Gleichen, verdanken. Durch ihn ward auf deutschem Boden aus dem chaotischen Gewimmel hundertfältiger Territorialgewalten eine neue Großmacht gegründet, deren Interessen mit denen Deutschlands nunmehr zu¬ sammenfielen. Ohne diese Großmacht wäre das neue deutsche Reich nimmer erstanden. Aber auch auf anderen Gebieten ist der fördernde, ja wir dürfen sagen bahn¬ brechende Einfluß Friedrich des Großen nicht hoch genug anzuschlagen. Er war der Schöpfer des modernen Rechtsstaates. „Der König ist der erste Diener des Staates": in diesen von ihm ausgesprochenen Worten liegt ein glänzenderes Zeugniß, als in allen erfochtenen Siegen. Die Arbeit für den Staat, den er beherrschte, galt ihm als die heiligste Pflicht seines Lebens. Er war groß, als Leiter der äußern europäischen Politik, als Regent seines Landes, als Feldherr und nicht weniger als Schriftsteller. „Daß der Weise von Sanssouci nicht nur ein König, sondern auch ein Schriftsteller von Gottes Gnaden war, darüber herrscht unter den Sachverständigen kein Zweifel", so Greuzl'vier I. 1878. 21

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/169>, abgerufen am 29.04.2024.