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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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beginnt der neueste Uebersetzer der Werke Friedrich des Großen sein Vorwort^)
und fährt dann fort; "Es war immer ein sonderbares Verhängnis), daß die
Schriften eines der größten spezifisch deutschen Genies dem französischen Volke
verständlicher waren, als dem unsrigen. Soll das im materiellen wie intellek¬
tuellen Ausbau so mächtig vorschreitende Deutschland von den Geistesstrahlen
seines großen und geliebten Friedrich, seines königlichen Volkshelden, ganz
durchwärmt und befruchtet werden, so muß es seine Werke in deutscher Zunge
besitze:?, d. h. in der Ausbildung und Prägung miserer heutigen Sprache."
Ganz abgesehen von dem geschriebenen Worte des großen Königs zehren wir
noch heute von seinem Geiste. Auch seine unsterblichen Werke in allen Be¬
reichen staatsmänuischer Thätigkeit zeugen für ihn. In der Politik, in der
Verwaltung, in der Gesetzgebung, im Heerwesen stoßen wir anch heute noch
ans die Spuren seines Geistes. Die bewegenden Kräfte, welche er überall
ansetzte, waren Vaterlandsliebe, Ehre und Pflicht. Speziell die Armee erzog
er in solchem Geist und dieser Geist erhielt durch ihn, unter Vorzeichnung
idealer Ziele, wir möchten sagen einen poetischen Schwung. Er verstand es
die Herzen mit hoher Begeisterung für das "Ludlime des Kriegsmetiers" zu
erfüllen. Er stand an der Spitze seiner Armee nicht nur als Feldherr, er war
auch ihr Lehrer und Erzieher in der vollsten Bedeutung des Wortes.

Ueber keine Persönlichkeit der neueren Geschichte besitze" wir wohl eine
so reiche Literatur, als über deu großen König. Schon Dohm führt in seinen
1819 erschienen Denkwürdigkeiten nicht weniger als 109 Schriften an, die ihn
mehr oder weniger eingehend behandeln. Seit jener Zeit ist deren Zahl noch
bedeutend gewachsen. Hat doch sogar ein Engländer, Carlyle, unserenI^riclo
i-ieus liex zum würdigen Gegenstand eingehender Forschungen und Betrach-
tungen gemacht. Es ist daher kaum möglich dein Helden eine neue Seite ab¬
zugewinnen und doch wollen wir es versuchen. Es ist vielleicht nicht ganz
uninteressant, Friedrich II. und seinen berühmten Bruder Heinrich, der, im
größeren Publikum viel zu wenig bekannt, vielleicht grade deshalb nicht nach
Verdienst gewürdigt wird, neben einander zu stellen. Wir glauben dazu mit
Rücksicht auf unsere Eingangsworte umsomehr berechtigt zu sein, als Prinz
Heinrich, auch ein Kind des Jännermonats, mit dem neuen deutschen Reich
einen Geburtstag hat. Wie kommt es, daß der kluge, geistvolle Prinz, ein
Diplomat von Nus, neben seinem königlichen Bruder unzweifelhaft der be¬
deutendste Feldherr des siebenjährigen Krieges, dein aus kompetentesten Munde
das Zeugniß gegeben wurde, nie einen Fehler gemacht zu haben, -- wie



*) Ausgewählte Werke Friedrichs des Großen. Ins Deutsche übertragen von Heinrich
Wertens. Eingeleitet von Dr. Franz Wegele.

beginnt der neueste Uebersetzer der Werke Friedrich des Großen sein Vorwort^)
und fährt dann fort; „Es war immer ein sonderbares Verhängnis), daß die
Schriften eines der größten spezifisch deutschen Genies dem französischen Volke
verständlicher waren, als dem unsrigen. Soll das im materiellen wie intellek¬
tuellen Ausbau so mächtig vorschreitende Deutschland von den Geistesstrahlen
seines großen und geliebten Friedrich, seines königlichen Volkshelden, ganz
durchwärmt und befruchtet werden, so muß es seine Werke in deutscher Zunge
besitze:?, d. h. in der Ausbildung und Prägung miserer heutigen Sprache."
Ganz abgesehen von dem geschriebenen Worte des großen Königs zehren wir
noch heute von seinem Geiste. Auch seine unsterblichen Werke in allen Be¬
reichen staatsmänuischer Thätigkeit zeugen für ihn. In der Politik, in der
Verwaltung, in der Gesetzgebung, im Heerwesen stoßen wir anch heute noch
ans die Spuren seines Geistes. Die bewegenden Kräfte, welche er überall
ansetzte, waren Vaterlandsliebe, Ehre und Pflicht. Speziell die Armee erzog
er in solchem Geist und dieser Geist erhielt durch ihn, unter Vorzeichnung
idealer Ziele, wir möchten sagen einen poetischen Schwung. Er verstand es
die Herzen mit hoher Begeisterung für das „Ludlime des Kriegsmetiers" zu
erfüllen. Er stand an der Spitze seiner Armee nicht nur als Feldherr, er war
auch ihr Lehrer und Erzieher in der vollsten Bedeutung des Wortes.

Ueber keine Persönlichkeit der neueren Geschichte besitze« wir wohl eine
so reiche Literatur, als über deu großen König. Schon Dohm führt in seinen
1819 erschienen Denkwürdigkeiten nicht weniger als 109 Schriften an, die ihn
mehr oder weniger eingehend behandeln. Seit jener Zeit ist deren Zahl noch
bedeutend gewachsen. Hat doch sogar ein Engländer, Carlyle, unserenI^riclo
i-ieus liex zum würdigen Gegenstand eingehender Forschungen und Betrach-
tungen gemacht. Es ist daher kaum möglich dein Helden eine neue Seite ab¬
zugewinnen und doch wollen wir es versuchen. Es ist vielleicht nicht ganz
uninteressant, Friedrich II. und seinen berühmten Bruder Heinrich, der, im
größeren Publikum viel zu wenig bekannt, vielleicht grade deshalb nicht nach
Verdienst gewürdigt wird, neben einander zu stellen. Wir glauben dazu mit
Rücksicht auf unsere Eingangsworte umsomehr berechtigt zu sein, als Prinz
Heinrich, auch ein Kind des Jännermonats, mit dem neuen deutschen Reich
einen Geburtstag hat. Wie kommt es, daß der kluge, geistvolle Prinz, ein
Diplomat von Nus, neben seinem königlichen Bruder unzweifelhaft der be¬
deutendste Feldherr des siebenjährigen Krieges, dein aus kompetentesten Munde
das Zeugniß gegeben wurde, nie einen Fehler gemacht zu haben, — wie



*) Ausgewählte Werke Friedrichs des Großen. Ins Deutsche übertragen von Heinrich
Wertens. Eingeleitet von Dr. Franz Wegele.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/170>, abgerufen am 15.05.2024.