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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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zum Kriegsdienst, wer 4 erzeugt, von allen öffentlichen Lasten und Leistungen
freigesprochen -- ganz im Widerspruch mit der früheren Sitte, nach welcher
z. B. dem Leonidas nur solche Männer beigegeben wurden, die schon Kinder
hatten, durch welche, wenn sie selbst auch fielen, doch ihr Haus fortgesetzt
wurde. -- In jeder Weise sparte man jetzt das spartanische Blut. Schon im
8. Jahre des peloponnesischen Krieges hatte man dem Bmsidas, als er nach
der Chalkidike abging, gar kein spartanisches Korps, sondern nur 700 als
Hopliteu ausgerüstete Heiloten mitgegeben, zu welchen er im Peloponnes 1000
Söldner warb; und in der Folge wurden zu entfernteren Feldzügen überhaupt
nur Periöken, Nevdcnnoden, Heiloten und Söldner ausgesandt, von Spartiaten
aber nicht mehr als 30 mitgegeben, die den Stab des Feldherrn bildeten und
das Kommando der einzelnen Heerestheile übernahmen.

Die neue Einrichtung des Agesilaos führte nun in der That zu einer
bedeutenden Steigerung der lakonischer Wehrkraft, die sich der attischen bald
umsomehr überlegen erweisen mußte, als die Söldnertruppm Spartas nicht
wie die Athens auch von Söldnergeneralen geführt wurden, das Herrenvolk
vielmehr, so klein es war, doch der feste Kern des Heeres blieb. -- So kam
es, daß Sparta endlich wirklich die Hegemonie erkämpfte und sie vielleicht be¬
hauptet hätte, wenn der soldatische Uebermuth es nicht zur Mißhandlung der
Hellenen geführt und die Vorstandschaft in eine entehrende Zwangsgewalt ver¬
wandelt hätte.




Als Sie, lieber Freund, auf Ihrer letzten Sommerfahrt sich's bei mir
gefallen ließen und ich Ihnen unsere reiche und schöne Bibliothek zeigte und
dann des Abends allerlei von den Leiden und Freuden des Bibliothekars er¬
zählte,' da forderten Sie mich auf, das, was ich Ihnen vorgeplandert, einmal
ganz schmucklos niederzuschreiben für Ihre "grünen Blätter"; Sie meinten, es
könne das vielleicht für manchen "nützlich und angenehm" zu lesen sein. Ich
habe in der Zwischenzeit manchmal daran gedacht, ohne mich dazu entschließen
zu können. Neulich aber, als mir's wieder durch den Kopf ging, setzte ich
mich hin und schrieb bruns los, und so schicke ich's Ihnen denn. Thum sie
damit, was Sie nicht lassen können, wüthen Sie nach Herzenslust mit dem
Rothstift darin, aber machen Sie mir's nicht, wie Bolz mit dein armen Schmock,
daß am Ende bloß die "Brillanten" stehen bleiben; sonst räche ich mich an


zum Kriegsdienst, wer 4 erzeugt, von allen öffentlichen Lasten und Leistungen
freigesprochen — ganz im Widerspruch mit der früheren Sitte, nach welcher
z. B. dem Leonidas nur solche Männer beigegeben wurden, die schon Kinder
hatten, durch welche, wenn sie selbst auch fielen, doch ihr Haus fortgesetzt
wurde. — In jeder Weise sparte man jetzt das spartanische Blut. Schon im
8. Jahre des peloponnesischen Krieges hatte man dem Bmsidas, als er nach
der Chalkidike abging, gar kein spartanisches Korps, sondern nur 700 als
Hopliteu ausgerüstete Heiloten mitgegeben, zu welchen er im Peloponnes 1000
Söldner warb; und in der Folge wurden zu entfernteren Feldzügen überhaupt
nur Periöken, Nevdcnnoden, Heiloten und Söldner ausgesandt, von Spartiaten
aber nicht mehr als 30 mitgegeben, die den Stab des Feldherrn bildeten und
das Kommando der einzelnen Heerestheile übernahmen.

Die neue Einrichtung des Agesilaos führte nun in der That zu einer
bedeutenden Steigerung der lakonischer Wehrkraft, die sich der attischen bald
umsomehr überlegen erweisen mußte, als die Söldnertruppm Spartas nicht
wie die Athens auch von Söldnergeneralen geführt wurden, das Herrenvolk
vielmehr, so klein es war, doch der feste Kern des Heeres blieb. — So kam
es, daß Sparta endlich wirklich die Hegemonie erkämpfte und sie vielleicht be¬
hauptet hätte, wenn der soldatische Uebermuth es nicht zur Mißhandlung der
Hellenen geführt und die Vorstandschaft in eine entehrende Zwangsgewalt ver¬
wandelt hätte.




Als Sie, lieber Freund, auf Ihrer letzten Sommerfahrt sich's bei mir
gefallen ließen und ich Ihnen unsere reiche und schöne Bibliothek zeigte und
dann des Abends allerlei von den Leiden und Freuden des Bibliothekars er¬
zählte,' da forderten Sie mich auf, das, was ich Ihnen vorgeplandert, einmal
ganz schmucklos niederzuschreiben für Ihre „grünen Blätter"; Sie meinten, es
könne das vielleicht für manchen „nützlich und angenehm" zu lesen sein. Ich
habe in der Zwischenzeit manchmal daran gedacht, ohne mich dazu entschließen
zu können. Neulich aber, als mir's wieder durch den Kopf ging, setzte ich
mich hin und schrieb bruns los, und so schicke ich's Ihnen denn. Thum sie
damit, was Sie nicht lassen können, wüthen Sie nach Herzenslust mit dem
Rothstift darin, aber machen Sie mir's nicht, wie Bolz mit dein armen Schmock,
daß am Ende bloß die „Brillanten" stehen bleiben; sonst räche ich mich an


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[0259] zum Kriegsdienst, wer 4 erzeugt, von allen öffentlichen Lasten und Leistungen freigesprochen — ganz im Widerspruch mit der früheren Sitte, nach welcher z. B. dem Leonidas nur solche Männer beigegeben wurden, die schon Kinder hatten, durch welche, wenn sie selbst auch fielen, doch ihr Haus fortgesetzt wurde. — In jeder Weise sparte man jetzt das spartanische Blut. Schon im 8. Jahre des peloponnesischen Krieges hatte man dem Bmsidas, als er nach der Chalkidike abging, gar kein spartanisches Korps, sondern nur 700 als Hopliteu ausgerüstete Heiloten mitgegeben, zu welchen er im Peloponnes 1000 Söldner warb; und in der Folge wurden zu entfernteren Feldzügen überhaupt nur Periöken, Nevdcnnoden, Heiloten und Söldner ausgesandt, von Spartiaten aber nicht mehr als 30 mitgegeben, die den Stab des Feldherrn bildeten und das Kommando der einzelnen Heerestheile übernahmen. Die neue Einrichtung des Agesilaos führte nun in der That zu einer bedeutenden Steigerung der lakonischer Wehrkraft, die sich der attischen bald umsomehr überlegen erweisen mußte, als die Söldnertruppm Spartas nicht wie die Athens auch von Söldnergeneralen geführt wurden, das Herrenvolk vielmehr, so klein es war, doch der feste Kern des Heeres blieb. — So kam es, daß Sparta endlich wirklich die Hegemonie erkämpfte und sie vielleicht be¬ hauptet hätte, wenn der soldatische Uebermuth es nicht zur Mißhandlung der Hellenen geführt und die Vorstandschaft in eine entehrende Zwangsgewalt ver¬ wandelt hätte. Als Sie, lieber Freund, auf Ihrer letzten Sommerfahrt sich's bei mir gefallen ließen und ich Ihnen unsere reiche und schöne Bibliothek zeigte und dann des Abends allerlei von den Leiden und Freuden des Bibliothekars er¬ zählte,' da forderten Sie mich auf, das, was ich Ihnen vorgeplandert, einmal ganz schmucklos niederzuschreiben für Ihre „grünen Blätter"; Sie meinten, es könne das vielleicht für manchen „nützlich und angenehm" zu lesen sein. Ich habe in der Zwischenzeit manchmal daran gedacht, ohne mich dazu entschließen zu können. Neulich aber, als mir's wieder durch den Kopf ging, setzte ich mich hin und schrieb bruns los, und so schicke ich's Ihnen denn. Thum sie damit, was Sie nicht lassen können, wüthen Sie nach Herzenslust mit dem Rothstift darin, aber machen Sie mir's nicht, wie Bolz mit dein armen Schmock, daß am Ende bloß die „Brillanten" stehen bleiben; sonst räche ich mich an

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/259>, abgerufen am 28.04.2024.