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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Mal in sieben Jahrhunderten, d. h. seit die Wahl auf das Kardiualskvllegium
beschränkt ist (1179), ist das Kirchenoberhaupt auf solche Weise gewählt
worden.




Keuere theologische Literatur.
1. Das Leben des heiligen Johannes. Eine Festgabe von C. Niese, Pfarrer in
Bahrendorf. Leipzig, 1878. Verlag von Joh. Ambr. Barth.
2. Unser Glaube. Ein Wegweiser auf religiösem Gebiet für denkende Christen und
eine Gabe zur Confirmation von Dr. N, Schramm. Leipzig, 1878. Verlag von
Joh. Ambr. Barth.
3. Die Schlagworte der heutigen protestantischen Kirchenparteien. Zur Orientirung
für kirchlich gesinnte, zum Dienst der Kirche mit berufene Lnieukreise von einem alten,
erfahrenen Geistlichen. Leipzig, 1877. Verlag von Joh. Ambr. Barth.
4. Die innere Mission und die Zeichen der Zeit. Vortrag von Dir. Dr. Hase,
Militär-Oberpfarrer des 1. Armee-Korps, gehalten am 25. Okt. 1877 auf dem
Kongreß für innere Mission zu Königsberg i. Pr. und herausgegeben vom ostpreußi¬
schen Provinzialverein für innere Mission. Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf
und Härtel. 1877.

1. Die Schrift Niese's enthält eine chronologisch geordnete Zusammen¬
fassung der in den neutestcunentlichen Schriften, der Ueberlieferung und der
Legende berichteten Thatsachen aus dem Leben des Apostels Johannes in einer
das Gemüth ansprechenden Darstellung. Eine Charakteristik desselben, welche
den Ansprüchen wissenschaftlicher Bildung an historische Darstellung genügen
könnte, fehlt; aber ein Leserkreis, der an einer in warmem Tone verfaßten
Erzählung der auf das Leben des Johannes bezüglichen Begebenheiten sich
erbauen will, und der auch an einem ungelenken Periodenbau, wie er in den
ersten Abschnitten des Buchs häufig vorkommt, keinen Anstoß nimmt, kann in
demselben Befriedigung finden. Von diesem Standpunkt der Beurtheilung aus
können wir es auch nur billigen, daß der Verfasser aller kritischen Fragen
sich entschlagen hat, zumal wir kaum voraussetzen können, daß er für dieselben
eine ausreichende Befähigung besitzt. Denn der Grundsatz, den er S. 1 auf¬
stellt: "Es können historisch sehr wenig beglaubigte Begebenheiten demnach ge¬
schichtlich ganz wahre und dagegen historisch vollkommen beglaubigte dennoch
geschichtlich ganz unwahre Begebenheiten sein" zerstört die Grundlagen jeder
kritischen Untersuchung. Schärfe der Auffassung scheint überhaupt dem Ver-


Mal in sieben Jahrhunderten, d. h. seit die Wahl auf das Kardiualskvllegium
beschränkt ist (1179), ist das Kirchenoberhaupt auf solche Weise gewählt
worden.




Keuere theologische Literatur.
1. Das Leben des heiligen Johannes. Eine Festgabe von C. Niese, Pfarrer in
Bahrendorf. Leipzig, 1878. Verlag von Joh. Ambr. Barth.
2. Unser Glaube. Ein Wegweiser auf religiösem Gebiet für denkende Christen und
eine Gabe zur Confirmation von Dr. N, Schramm. Leipzig, 1878. Verlag von
Joh. Ambr. Barth.
3. Die Schlagworte der heutigen protestantischen Kirchenparteien. Zur Orientirung
für kirchlich gesinnte, zum Dienst der Kirche mit berufene Lnieukreise von einem alten,
erfahrenen Geistlichen. Leipzig, 1877. Verlag von Joh. Ambr. Barth.
4. Die innere Mission und die Zeichen der Zeit. Vortrag von Dir. Dr. Hase,
Militär-Oberpfarrer des 1. Armee-Korps, gehalten am 25. Okt. 1877 auf dem
Kongreß für innere Mission zu Königsberg i. Pr. und herausgegeben vom ostpreußi¬
schen Provinzialverein für innere Mission. Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf
und Härtel. 1877.

1. Die Schrift Niese's enthält eine chronologisch geordnete Zusammen¬
fassung der in den neutestcunentlichen Schriften, der Ueberlieferung und der
Legende berichteten Thatsachen aus dem Leben des Apostels Johannes in einer
das Gemüth ansprechenden Darstellung. Eine Charakteristik desselben, welche
den Ansprüchen wissenschaftlicher Bildung an historische Darstellung genügen
könnte, fehlt; aber ein Leserkreis, der an einer in warmem Tone verfaßten
Erzählung der auf das Leben des Johannes bezüglichen Begebenheiten sich
erbauen will, und der auch an einem ungelenken Periodenbau, wie er in den
ersten Abschnitten des Buchs häufig vorkommt, keinen Anstoß nimmt, kann in
demselben Befriedigung finden. Von diesem Standpunkt der Beurtheilung aus
können wir es auch nur billigen, daß der Verfasser aller kritischen Fragen
sich entschlagen hat, zumal wir kaum voraussetzen können, daß er für dieselben
eine ausreichende Befähigung besitzt. Denn der Grundsatz, den er S. 1 auf¬
stellt: „Es können historisch sehr wenig beglaubigte Begebenheiten demnach ge¬
schichtlich ganz wahre und dagegen historisch vollkommen beglaubigte dennoch
geschichtlich ganz unwahre Begebenheiten sein" zerstört die Grundlagen jeder
kritischen Untersuchung. Schärfe der Auffassung scheint überhaupt dem Ver-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/344>, abgerufen am 29.04.2024.