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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Die Bibel und ihre Autorität für den Glauben der christlichen Gemeinde. Ein Vor¬
trag von Dr. Wilhelm Mangold, Professor der co. Theologie an der Universität
Bonn. Berlin 1878. Dobberke und Schleiermacher. 8. S. 25.

Wir können den Anschauungen dieses Vortrags im Wesentlichen zustimmen
und halten ihn für geeignet, die Autorität der heiligen Schrift für diejenigen
wiederherzustellen und zu befestigen, in welchen dieselbe erschüttert ist. Nur
ein Zwiefaches haben wir auszusetzen. Der bei weitem größte Theil der
Schrift beschäftigt sich damit, die UnHaltbarkeit der aMrchlichen Jnspirations-
lehre darzulegen, dagegen ist die Ersatz bietende Theorie des Verfassers nur
mit wenigen Strichen angedeutet, und in Folge dessen entsteht in dem Leser
nicht das befriedigende Gleichgewicht der Stimmung, nach dem er gerade auf
religiösem Gebiet so sehr verlangt. Sodann haben wir einen Gedankengang
vermißt, der durch die Prinzipien des Verfassers durchaus nicht ausgeschlossen
ist, und der zu voller Würdigung der heiligen Schrift nicht entbehrt werden
kann. Es ist nicht bloß die Zeit der Entstehung, auch nicht bloß der Inhalt
der heiligen Schrift, die ihren Werth bedingen: es ist anch das Maß der Er¬
leuchtung durch den heiligen Geist, dessen die Kirche inne geworden ist, und
das sich ihren Gliedern allezeit bezeugt, welches ihr die Autorität verleiht, in
deren Besitz sie sich befindet. So viele literarische Denkmale jener Zeiten, denen
die einzelnen biblischen Bücher entstammen, sind theils verloren gegangen, theils
haben sie? ein jenen gleiches Ansehen nicht erringen können. Daß die in der
Bibel gesammelten Schriften kanonisch geworden sind, ist nur als eine Folge
davon zu bezeichnen, daß ihre Verfasser ein höheres Maß göttlicher Erleuchtung
besaßen als die Urheber jener übrigen literarischen Erzeugnisse. Diesen Ge¬
dankengang, der dem Ideenkreise des Verfassers gewiß nicht fremd ist, hätten
wir gern wenigstens angedeutet gesehen.


K. i. Pr.
H. I.


Joel ungedruckte Hoetijeöriefe. *1
Mitgetheilt von E. A. H. Burckhardt.
Goethe an Schmauß**)

Vielleicht fänden Ew. Hochwohlgeboren es in diesem Augenblicke nicht
ungütig, wenn wir bei Serenissimo unsers Abwesenden, guten Meyers gedächten,




*) Orig. im Geh. Haupt und Staats-Archiv zu Weimar. Abth. Staatsdienerangelegen¬
heiten.
**) Nach dem Original. Christ. Friedrich Schmauß war Geh. Rath. Dieser verfuhr
Die Bibel und ihre Autorität für den Glauben der christlichen Gemeinde. Ein Vor¬
trag von Dr. Wilhelm Mangold, Professor der co. Theologie an der Universität
Bonn. Berlin 1878. Dobberke und Schleiermacher. 8. S. 25.

Wir können den Anschauungen dieses Vortrags im Wesentlichen zustimmen
und halten ihn für geeignet, die Autorität der heiligen Schrift für diejenigen
wiederherzustellen und zu befestigen, in welchen dieselbe erschüttert ist. Nur
ein Zwiefaches haben wir auszusetzen. Der bei weitem größte Theil der
Schrift beschäftigt sich damit, die UnHaltbarkeit der aMrchlichen Jnspirations-
lehre darzulegen, dagegen ist die Ersatz bietende Theorie des Verfassers nur
mit wenigen Strichen angedeutet, und in Folge dessen entsteht in dem Leser
nicht das befriedigende Gleichgewicht der Stimmung, nach dem er gerade auf
religiösem Gebiet so sehr verlangt. Sodann haben wir einen Gedankengang
vermißt, der durch die Prinzipien des Verfassers durchaus nicht ausgeschlossen
ist, und der zu voller Würdigung der heiligen Schrift nicht entbehrt werden
kann. Es ist nicht bloß die Zeit der Entstehung, auch nicht bloß der Inhalt
der heiligen Schrift, die ihren Werth bedingen: es ist anch das Maß der Er¬
leuchtung durch den heiligen Geist, dessen die Kirche inne geworden ist, und
das sich ihren Gliedern allezeit bezeugt, welches ihr die Autorität verleiht, in
deren Besitz sie sich befindet. So viele literarische Denkmale jener Zeiten, denen
die einzelnen biblischen Bücher entstammen, sind theils verloren gegangen, theils
haben sie? ein jenen gleiches Ansehen nicht erringen können. Daß die in der
Bibel gesammelten Schriften kanonisch geworden sind, ist nur als eine Folge
davon zu bezeichnen, daß ihre Verfasser ein höheres Maß göttlicher Erleuchtung
besaßen als die Urheber jener übrigen literarischen Erzeugnisse. Diesen Ge¬
dankengang, der dem Ideenkreise des Verfassers gewiß nicht fremd ist, hätten
wir gern wenigstens angedeutet gesehen.


K. i. Pr.
H. I.


Joel ungedruckte Hoetijeöriefe. *1
Mitgetheilt von E. A. H. Burckhardt.
Goethe an Schmauß**)

Vielleicht fänden Ew. Hochwohlgeboren es in diesem Augenblicke nicht
ungütig, wenn wir bei Serenissimo unsers Abwesenden, guten Meyers gedächten,




*) Orig. im Geh. Haupt und Staats-Archiv zu Weimar. Abth. Staatsdienerangelegen¬
heiten.
**) Nach dem Original. Christ. Friedrich Schmauß war Geh. Rath. Dieser verfuhr
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[0367] Die Bibel und ihre Autorität für den Glauben der christlichen Gemeinde. Ein Vor¬ trag von Dr. Wilhelm Mangold, Professor der co. Theologie an der Universität Bonn. Berlin 1878. Dobberke und Schleiermacher. 8. S. 25. Wir können den Anschauungen dieses Vortrags im Wesentlichen zustimmen und halten ihn für geeignet, die Autorität der heiligen Schrift für diejenigen wiederherzustellen und zu befestigen, in welchen dieselbe erschüttert ist. Nur ein Zwiefaches haben wir auszusetzen. Der bei weitem größte Theil der Schrift beschäftigt sich damit, die UnHaltbarkeit der aMrchlichen Jnspirations- lehre darzulegen, dagegen ist die Ersatz bietende Theorie des Verfassers nur mit wenigen Strichen angedeutet, und in Folge dessen entsteht in dem Leser nicht das befriedigende Gleichgewicht der Stimmung, nach dem er gerade auf religiösem Gebiet so sehr verlangt. Sodann haben wir einen Gedankengang vermißt, der durch die Prinzipien des Verfassers durchaus nicht ausgeschlossen ist, und der zu voller Würdigung der heiligen Schrift nicht entbehrt werden kann. Es ist nicht bloß die Zeit der Entstehung, auch nicht bloß der Inhalt der heiligen Schrift, die ihren Werth bedingen: es ist anch das Maß der Er¬ leuchtung durch den heiligen Geist, dessen die Kirche inne geworden ist, und das sich ihren Gliedern allezeit bezeugt, welches ihr die Autorität verleiht, in deren Besitz sie sich befindet. So viele literarische Denkmale jener Zeiten, denen die einzelnen biblischen Bücher entstammen, sind theils verloren gegangen, theils haben sie? ein jenen gleiches Ansehen nicht erringen können. Daß die in der Bibel gesammelten Schriften kanonisch geworden sind, ist nur als eine Folge davon zu bezeichnen, daß ihre Verfasser ein höheres Maß göttlicher Erleuchtung besaßen als die Urheber jener übrigen literarischen Erzeugnisse. Diesen Ge¬ dankengang, der dem Ideenkreise des Verfassers gewiß nicht fremd ist, hätten wir gern wenigstens angedeutet gesehen. K. i. Pr. H. I. Joel ungedruckte Hoetijeöriefe. *1 Mitgetheilt von E. A. H. Burckhardt. Goethe an Schmauß**) Vielleicht fänden Ew. Hochwohlgeboren es in diesem Augenblicke nicht ungütig, wenn wir bei Serenissimo unsers Abwesenden, guten Meyers gedächten, *) Orig. im Geh. Haupt und Staats-Archiv zu Weimar. Abth. Staatsdienerangelegen¬ heiten. **) Nach dem Original. Christ. Friedrich Schmauß war Geh. Rath. Dieser verfuhr

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/367>, abgerufen am 29.04.2024.