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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Z)le Entwickelung des altrönnschen Kriegswesens.
Von Max Jcihns. II.
Von der Einführung des Staatssoldes bis zum Pyrrhischen Kriege.

In Etrurien stand Rom ein Städtebund gegenüber, dessen Macht diejenige
des ladinischen Bundes ganz unvergleichlich übertraf.

Die bisherigen Kriege hatten Rom's Gebiet immer nur in südöstlicher
Richtung ausgedehnt; nordwestlich zog in unmittelbarer Nähe der Stadt die
Grenze Etrurien's hin; das tuskische Veii ist wenig mehr als zwei deutsche
Meilen von Rom entfernt. -- Der Umfang Veii's war dem des damaligen
Rom gleich; es lag auf einer von drei Seiten durch tiefe Flußthäler abge¬
schnittenen Felsenhöhe und schloß zahlreiche Besatzung ein; die Solidität und
Pracht seiner Bauten übertraf diejenige Rom's. Veii war der Hauptort des
südlichen Etrurien's und vollkommen im Stande, auch ohne fremde Hilfe, seine
Unabhängigkeit zu wahren.

Die Römer erkannten, daß zu einem Kriege mit einem so ebenbürtigen
Feinde die alte Heeresverfassung nicht ausreiche. War diese doch lediglich auf
Sommerfeldzüge berechnet gewesen, wie sie einbrechende Räuberhorden der
Aeqner und Volsker nothwendig machten. -- Um eine große feste Stadt zu
besiegen, erschien die alte Bürgerwehr, die sich selbst bewaffnete und beköstigte
und nur auf kurze Zeit die Feldarbeit durch den Kriegsdienst unterbrach,
keineswegs genügend. Sie mußte ersetzt werden durch ein schlagfertiges Heer,
welches im Stande war, das ganze Jahr im Felde zu bleiben. Dies ging
nur an, wenn man ihm die Sorge für die häuslichen Geschäfte abnahm und
dazu bedürfte es der Einführung des Soldes.

Allerdings erhielt das Fußvolk schon in der königlichen Zeit ein Ver-


Grenzboten III. 1873. 16
Z)le Entwickelung des altrönnschen Kriegswesens.
Von Max Jcihns. II.
Von der Einführung des Staatssoldes bis zum Pyrrhischen Kriege.

In Etrurien stand Rom ein Städtebund gegenüber, dessen Macht diejenige
des ladinischen Bundes ganz unvergleichlich übertraf.

Die bisherigen Kriege hatten Rom's Gebiet immer nur in südöstlicher
Richtung ausgedehnt; nordwestlich zog in unmittelbarer Nähe der Stadt die
Grenze Etrurien's hin; das tuskische Veii ist wenig mehr als zwei deutsche
Meilen von Rom entfernt. — Der Umfang Veii's war dem des damaligen
Rom gleich; es lag auf einer von drei Seiten durch tiefe Flußthäler abge¬
schnittenen Felsenhöhe und schloß zahlreiche Besatzung ein; die Solidität und
Pracht seiner Bauten übertraf diejenige Rom's. Veii war der Hauptort des
südlichen Etrurien's und vollkommen im Stande, auch ohne fremde Hilfe, seine
Unabhängigkeit zu wahren.

Die Römer erkannten, daß zu einem Kriege mit einem so ebenbürtigen
Feinde die alte Heeresverfassung nicht ausreiche. War diese doch lediglich auf
Sommerfeldzüge berechnet gewesen, wie sie einbrechende Räuberhorden der
Aeqner und Volsker nothwendig machten. — Um eine große feste Stadt zu
besiegen, erschien die alte Bürgerwehr, die sich selbst bewaffnete und beköstigte
und nur auf kurze Zeit die Feldarbeit durch den Kriegsdienst unterbrach,
keineswegs genügend. Sie mußte ersetzt werden durch ein schlagfertiges Heer,
welches im Stande war, das ganze Jahr im Felde zu bleiben. Dies ging
nur an, wenn man ihm die Sorge für die häuslichen Geschäfte abnahm und
dazu bedürfte es der Einführung des Soldes.

Allerdings erhielt das Fußvolk schon in der königlichen Zeit ein Ver-


Grenzboten III. 1873. 16
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[0129] Z)le Entwickelung des altrönnschen Kriegswesens. Von Max Jcihns. II. Von der Einführung des Staatssoldes bis zum Pyrrhischen Kriege. In Etrurien stand Rom ein Städtebund gegenüber, dessen Macht diejenige des ladinischen Bundes ganz unvergleichlich übertraf. Die bisherigen Kriege hatten Rom's Gebiet immer nur in südöstlicher Richtung ausgedehnt; nordwestlich zog in unmittelbarer Nähe der Stadt die Grenze Etrurien's hin; das tuskische Veii ist wenig mehr als zwei deutsche Meilen von Rom entfernt. — Der Umfang Veii's war dem des damaligen Rom gleich; es lag auf einer von drei Seiten durch tiefe Flußthäler abge¬ schnittenen Felsenhöhe und schloß zahlreiche Besatzung ein; die Solidität und Pracht seiner Bauten übertraf diejenige Rom's. Veii war der Hauptort des südlichen Etrurien's und vollkommen im Stande, auch ohne fremde Hilfe, seine Unabhängigkeit zu wahren. Die Römer erkannten, daß zu einem Kriege mit einem so ebenbürtigen Feinde die alte Heeresverfassung nicht ausreiche. War diese doch lediglich auf Sommerfeldzüge berechnet gewesen, wie sie einbrechende Räuberhorden der Aeqner und Volsker nothwendig machten. — Um eine große feste Stadt zu besiegen, erschien die alte Bürgerwehr, die sich selbst bewaffnete und beköstigte und nur auf kurze Zeit die Feldarbeit durch den Kriegsdienst unterbrach, keineswegs genügend. Sie mußte ersetzt werden durch ein schlagfertiges Heer, welches im Stande war, das ganze Jahr im Felde zu bleiben. Dies ging nur an, wenn man ihm die Sorge für die häuslichen Geschäfte abnahm und dazu bedürfte es der Einführung des Soldes. Allerdings erhielt das Fußvolk schon in der königlichen Zeit ein Ver- Grenzboten III. 1873. 16

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/129>, abgerufen am 05.05.2024.