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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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Mckblicke auf den orientalischen Krieg 1877--1878
Ld. von
IV.
Die Ereignisse auf dem europäischen Kriegsschauplatze bis zum Falle von Plewna.

Im Anfang August 1877 waren die russischen Streitkräfte auf dem Kriegs¬
schauplatze in Bulgarien in folgender Weise gruppirt. Im Westen stand hinter
der Osma auf den Straßen, welche von Nikopoli, Schistowa und von Bjela
an der Jantra auf Plewna führen, der bei Plewna geschlagene Heertheil des
Generals Krüdener (9. Armeekorps und Theile des 4. und 11. Korps). Im
Süden, von Selwi über Tyrnowa bis Elena und in den südlich von dieser
Linie liegenden Bnlkanpässen stand das 8. Korps, verstärkt durch die bulga¬
rische Legion und die 3. Schützenbrigade vom Detachement Gurko, unter General
Radetzki. Im Osten waren unter dem Großfürst Thronfolger das 12. und
13. Korps im Begriff, über den schwarzen Lom vorzugehen und zur Einschlie¬
ßung von Ruschtschuk zu schreiten. Südlich davon, mehr in Verbindung mit
dem 8. Korps, deckten Theile des 11. Korps die Front gegen Osmanbazar
und Eski-Dschnma. Das Hauptquartier befand sich in Bjela.

Diese weit getrennten Aufstellungen waren allseitig von Angriffen bedroht.
Wie von Plewna aus Osman Pascha, so konnte im Süden des Balkan
Suleiman und, vom Festungsviereck aus, im Osten Mehemed Ali Pascha jeden
Augenblick zum Angriff schreiten, und nirgends waren Streitkräfte genug ver¬
sammelt, um mit möglichster Gewißheit des Erfolges einen energischen Angriff
abwehren zu können. Wohl mag die Frage des Rückzuges und einer größeren
Konzentration der Kräfte im russischen Hauptquartier ernstlich erwogen sein.
Vielleicht war es nur die Anwesenheit des russischen Kaisers, welche die russi¬
schen Armeen in ihren Stellungen südlich der Donau festhielt. Aber jeder
Schritt zurück öffnete den Türken ein weites Thor, so daß, mochte der An-


Grenzboten 1873. IV. 31
Mckblicke auf den orientalischen Krieg 1877—1878
Ld. von
IV.
Die Ereignisse auf dem europäischen Kriegsschauplatze bis zum Falle von Plewna.

Im Anfang August 1877 waren die russischen Streitkräfte auf dem Kriegs¬
schauplatze in Bulgarien in folgender Weise gruppirt. Im Westen stand hinter
der Osma auf den Straßen, welche von Nikopoli, Schistowa und von Bjela
an der Jantra auf Plewna führen, der bei Plewna geschlagene Heertheil des
Generals Krüdener (9. Armeekorps und Theile des 4. und 11. Korps). Im
Süden, von Selwi über Tyrnowa bis Elena und in den südlich von dieser
Linie liegenden Bnlkanpässen stand das 8. Korps, verstärkt durch die bulga¬
rische Legion und die 3. Schützenbrigade vom Detachement Gurko, unter General
Radetzki. Im Osten waren unter dem Großfürst Thronfolger das 12. und
13. Korps im Begriff, über den schwarzen Lom vorzugehen und zur Einschlie¬
ßung von Ruschtschuk zu schreiten. Südlich davon, mehr in Verbindung mit
dem 8. Korps, deckten Theile des 11. Korps die Front gegen Osmanbazar
und Eski-Dschnma. Das Hauptquartier befand sich in Bjela.

Diese weit getrennten Aufstellungen waren allseitig von Angriffen bedroht.
Wie von Plewna aus Osman Pascha, so konnte im Süden des Balkan
Suleiman und, vom Festungsviereck aus, im Osten Mehemed Ali Pascha jeden
Augenblick zum Angriff schreiten, und nirgends waren Streitkräfte genug ver¬
sammelt, um mit möglichster Gewißheit des Erfolges einen energischen Angriff
abwehren zu können. Wohl mag die Frage des Rückzuges und einer größeren
Konzentration der Kräfte im russischen Hauptquartier ernstlich erwogen sein.
Vielleicht war es nur die Anwesenheit des russischen Kaisers, welche die russi¬
schen Armeen in ihren Stellungen südlich der Donau festhielt. Aber jeder
Schritt zurück öffnete den Türken ein weites Thor, so daß, mochte der An-


Grenzboten 1873. IV. 31
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[0245] Mckblicke auf den orientalischen Krieg 1877—1878 Ld. von IV. Die Ereignisse auf dem europäischen Kriegsschauplatze bis zum Falle von Plewna. Im Anfang August 1877 waren die russischen Streitkräfte auf dem Kriegs¬ schauplatze in Bulgarien in folgender Weise gruppirt. Im Westen stand hinter der Osma auf den Straßen, welche von Nikopoli, Schistowa und von Bjela an der Jantra auf Plewna führen, der bei Plewna geschlagene Heertheil des Generals Krüdener (9. Armeekorps und Theile des 4. und 11. Korps). Im Süden, von Selwi über Tyrnowa bis Elena und in den südlich von dieser Linie liegenden Bnlkanpässen stand das 8. Korps, verstärkt durch die bulga¬ rische Legion und die 3. Schützenbrigade vom Detachement Gurko, unter General Radetzki. Im Osten waren unter dem Großfürst Thronfolger das 12. und 13. Korps im Begriff, über den schwarzen Lom vorzugehen und zur Einschlie¬ ßung von Ruschtschuk zu schreiten. Südlich davon, mehr in Verbindung mit dem 8. Korps, deckten Theile des 11. Korps die Front gegen Osmanbazar und Eski-Dschnma. Das Hauptquartier befand sich in Bjela. Diese weit getrennten Aufstellungen waren allseitig von Angriffen bedroht. Wie von Plewna aus Osman Pascha, so konnte im Süden des Balkan Suleiman und, vom Festungsviereck aus, im Osten Mehemed Ali Pascha jeden Augenblick zum Angriff schreiten, und nirgends waren Streitkräfte genug ver¬ sammelt, um mit möglichster Gewißheit des Erfolges einen energischen Angriff abwehren zu können. Wohl mag die Frage des Rückzuges und einer größeren Konzentration der Kräfte im russischen Hauptquartier ernstlich erwogen sein. Vielleicht war es nur die Anwesenheit des russischen Kaisers, welche die russi¬ schen Armeen in ihren Stellungen südlich der Donau festhielt. Aber jeder Schritt zurück öffnete den Türken ein weites Thor, so daß, mochte der An- Grenzboten 1873. IV. 31

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/245>, abgerufen am 29.04.2024.