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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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griff von der einen oder der anderen Seite kommen, sofort der Rückzug bis
hinter die Donan in Frage kam.

Um diesen Rückzug zu erzwingen, dazu fehlte den Türken -- der Sultan.
Der Herrscher allein hätte vielleicht vermocht, seine uneinigen drei Feldherrn
gleichzeitig zu energischem Vorgehen zu zwingen, und hätte die Verantwortung
anch für die kühnste That und die damit verbundenen Opfer übernehmen können.
Der Sultan blieb aus, die Russen blieben stehen, die Gelegenheit zum Siege
für die Türken ging unwiderbringlich verloren.

Die Verstärkungen für das russische Heer wurden nun in ununterbro¬
chener Reihenfolge herangezogen. Zunächst galt es, Krüdener in Stand zu
setzen, einem Vorstöße Osman Pascha's auf Schistowa zu widerstehen. Von
russischen Truppen war zunächst nur noch eine Division des 4. Armeekorps
zum Uebergang über die Donau bereit; eine rumänische Division stand schon
in Nikopvli. So sehr man bis jetzt die Rumänen bei Seite gehalten, in der
Noth mußte man sie rufen. Beide genannten Divisionen trafen in den ersten
Augusttagen beim General Krüdener ein. Bald sehen wir auch eine zweite
und dritte rumänische Division in den Verband der gegen Plewna operirenden
russischen Armee treten. Aus dem Innern Rußland's stießen zur Operations¬
armee: die 2, und 3. Infanterie-Division, beide außer jedem Kvrpsverband,
die 24. und 26. Division, welche als dritte Divisionen dem 1. und 2. Armee¬
korps angehörten, dann die Garde mit 3 Infanterie-Divisionen und der
unter General Gurko vereinigten Garde-Kavallerie (die Garde-Kürassier-Division
blieb jedoch in Petersburg); zuletzt noch 2 Infanterie- und 1 Kavallerie-Divi¬
sion des Grenadierkorps. Vom 7. Korps, dessen eine (15.) Diviston bereits der
Dobrudscha-Armee angehörte, wurde die 36. Division an die Donau gegenüber
Silistria gezogen. Drei neu formirte Reservedivisionen blieben theils an der
Küste, theils in Rumänien. Auch Theile der 24. und 26. Division blieben
noch längere Zeit nördlich der Donau namentlich gegenüber Ruschtschuk stehen.

Wie die zunächst verfügbaren Truppen dem General Krüdener, so wurde
die 2. Infanterie-Division bei ihrem Eintreffen der Südarmee zugetheilt, die
übrigen Verstärkungen werden wir im Laufe der Ereignisse selbst die ihnen
angewiesenen Plätze einnehmen sehen.

Nach Eintreffen der 16. Division 4. Armeekorps beim General Krüdener
wurde die dort stehende Brigade des 11. Korps zu diesem zurückgeschickt. Gleich¬
zeitig übernahm General Zotow, Kommandirender des 4. Korps, als älterer
General das Kommando der "Westarmee", die also nun aus dem 4. und
9. russischen Armeekorps und der 4. rumänischen Diviston bestand.

Osman Pascha unterließ, wie schon früher gesagt, jedes Vorgehen und


griff von der einen oder der anderen Seite kommen, sofort der Rückzug bis
hinter die Donan in Frage kam.

Um diesen Rückzug zu erzwingen, dazu fehlte den Türken — der Sultan.
Der Herrscher allein hätte vielleicht vermocht, seine uneinigen drei Feldherrn
gleichzeitig zu energischem Vorgehen zu zwingen, und hätte die Verantwortung
anch für die kühnste That und die damit verbundenen Opfer übernehmen können.
Der Sultan blieb aus, die Russen blieben stehen, die Gelegenheit zum Siege
für die Türken ging unwiderbringlich verloren.

Die Verstärkungen für das russische Heer wurden nun in ununterbro¬
chener Reihenfolge herangezogen. Zunächst galt es, Krüdener in Stand zu
setzen, einem Vorstöße Osman Pascha's auf Schistowa zu widerstehen. Von
russischen Truppen war zunächst nur noch eine Division des 4. Armeekorps
zum Uebergang über die Donau bereit; eine rumänische Division stand schon
in Nikopvli. So sehr man bis jetzt die Rumänen bei Seite gehalten, in der
Noth mußte man sie rufen. Beide genannten Divisionen trafen in den ersten
Augusttagen beim General Krüdener ein. Bald sehen wir auch eine zweite
und dritte rumänische Division in den Verband der gegen Plewna operirenden
russischen Armee treten. Aus dem Innern Rußland's stießen zur Operations¬
armee: die 2, und 3. Infanterie-Division, beide außer jedem Kvrpsverband,
die 24. und 26. Division, welche als dritte Divisionen dem 1. und 2. Armee¬
korps angehörten, dann die Garde mit 3 Infanterie-Divisionen und der
unter General Gurko vereinigten Garde-Kavallerie (die Garde-Kürassier-Division
blieb jedoch in Petersburg); zuletzt noch 2 Infanterie- und 1 Kavallerie-Divi¬
sion des Grenadierkorps. Vom 7. Korps, dessen eine (15.) Diviston bereits der
Dobrudscha-Armee angehörte, wurde die 36. Division an die Donau gegenüber
Silistria gezogen. Drei neu formirte Reservedivisionen blieben theils an der
Küste, theils in Rumänien. Auch Theile der 24. und 26. Division blieben
noch längere Zeit nördlich der Donau namentlich gegenüber Ruschtschuk stehen.

Wie die zunächst verfügbaren Truppen dem General Krüdener, so wurde
die 2. Infanterie-Division bei ihrem Eintreffen der Südarmee zugetheilt, die
übrigen Verstärkungen werden wir im Laufe der Ereignisse selbst die ihnen
angewiesenen Plätze einnehmen sehen.

Nach Eintreffen der 16. Division 4. Armeekorps beim General Krüdener
wurde die dort stehende Brigade des 11. Korps zu diesem zurückgeschickt. Gleich¬
zeitig übernahm General Zotow, Kommandirender des 4. Korps, als älterer
General das Kommando der „Westarmee", die also nun aus dem 4. und
9. russischen Armeekorps und der 4. rumänischen Diviston bestand.

Osman Pascha unterließ, wie schon früher gesagt, jedes Vorgehen und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/246>, abgerufen am 15.05.2024.