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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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Zur Würdigung des apostolischen Glaubensbekenntnisses. Ein Vortrag
von,Dr. Hera. Freiherr" von der Goltz, Propst und Obcrkonfistorialrnth. Berlin'
1878. Verlag von L. Schlcicrniacher.

Eine lichtvolle Darstellung sowohl der Entstehung des apostolischen Glau¬
bensbekenntnisses wie seiner Bedeutung sür die Gegenwart. Der Verfasser
findet diese auf dem liturgischen und katechetischen Gebiet. Das Apostolikum, das
seiner wesentlichen Gestalt nach bis in das zweite Jahrhundert zurückführt, ist
ein Heiligthum der christlichen Gemeinde, das sie nicht preisgeben darf. Es
verbindet die Kirche der Gegenwart mit der Kirche des Alterthums, es ver¬
knüpft mit einander die einzelnen christlichen Konfessionen. Frei von dogma¬
tischen Theorien faßt es die Thatsachen zusammen, die den Inhalt des christ¬
lichen Glaubens bilden. Der Doktrinarismus mag dies oder jenes im
Apostolikum anders wünschen, wem aber der Sinn für die geschichtliche Einheit
der Kirche erschlossen ist, und wer im christlichen Gottesdienst nicht den Tum¬
melplatz wechselnder und sich bestreitender Schulmeinungen sieht, sondern eine
Stätte, an welcher die Gemeinde aller Zeiten auf demselben Glaubensgrunde
sich erbauen soll, der wird die Bewahrung und Bezeugung desselben in den
Worten der Urkirche als einen liturgischen Schatz erkennen, dessen die Kirche
nicht entrathen kann.


Die Reform der evangelischen Kirchenverfassung in Bayern von Dr. PH.
Zorn, o. v. Professor der Universität Königsberg. separat-Abdruck aus der Zeit¬
schrift für Kirchenrecht. Tübingen 1878. Verlag der H. Laupp'schen Buchhandlung.

Diese von warmer Liebe zu der evangelischen Kirche und hingebenden
Eifer für ihre Interessen getragene Schrift stellt sich die Aufgabe, auf die
Mängel ernst hinzuweisen, unter denen die Verfassung der evangelischen Kirche
Bayern's leidet, und welche ihre Entwickelung gefährden, zugleich aber die Bah¬
nen zu zeigen, die ihr eine gesichertere Stellung verheißen. Mit den konkreten
Vorschlägen des Verfassers sind wir im Wesentlichen einverstanden. Wir stim¬
men ihm darin ganz bei, daß der katholische Fürst die ihm zustehende" kirch¬
lichen Rechte nur durch evangelische, damit betraute Minister ausüben darf;
ebenfalls darin, daß der prinzipielle Träger der Kirchengewalt die Gemeinde
ist, und daß die kirchliche Gesetzgebung deshalb in die Hände der General-
synode gelegt werden muß. Auch daß er die Mitwirkung des Synodal-Aus-
schusses bei der Ernennung der kirchlichen Behörden fordert, billigen wir, wenn
wir auch das Maß derselben mehr beschränkt wissen möchten. Es hängt dies
mit einer grundsätzlichen Differenz gegenüber dem Standpunkt des Verfassers
zusammen. Letzterer ist prinzipiell freikirchlich gerichtet und glaubt, daß der
gegenwärtige Staat wesentlich religionslos sei und deshalb das landesherrliche


Zur Würdigung des apostolischen Glaubensbekenntnisses. Ein Vortrag
von,Dr. Hera. Freiherr» von der Goltz, Propst und Obcrkonfistorialrnth. Berlin'
1878. Verlag von L. Schlcicrniacher.

Eine lichtvolle Darstellung sowohl der Entstehung des apostolischen Glau¬
bensbekenntnisses wie seiner Bedeutung sür die Gegenwart. Der Verfasser
findet diese auf dem liturgischen und katechetischen Gebiet. Das Apostolikum, das
seiner wesentlichen Gestalt nach bis in das zweite Jahrhundert zurückführt, ist
ein Heiligthum der christlichen Gemeinde, das sie nicht preisgeben darf. Es
verbindet die Kirche der Gegenwart mit der Kirche des Alterthums, es ver¬
knüpft mit einander die einzelnen christlichen Konfessionen. Frei von dogma¬
tischen Theorien faßt es die Thatsachen zusammen, die den Inhalt des christ¬
lichen Glaubens bilden. Der Doktrinarismus mag dies oder jenes im
Apostolikum anders wünschen, wem aber der Sinn für die geschichtliche Einheit
der Kirche erschlossen ist, und wer im christlichen Gottesdienst nicht den Tum¬
melplatz wechselnder und sich bestreitender Schulmeinungen sieht, sondern eine
Stätte, an welcher die Gemeinde aller Zeiten auf demselben Glaubensgrunde
sich erbauen soll, der wird die Bewahrung und Bezeugung desselben in den
Worten der Urkirche als einen liturgischen Schatz erkennen, dessen die Kirche
nicht entrathen kann.


Die Reform der evangelischen Kirchenverfassung in Bayern von Dr. PH.
Zorn, o. v. Professor der Universität Königsberg. separat-Abdruck aus der Zeit¬
schrift für Kirchenrecht. Tübingen 1878. Verlag der H. Laupp'schen Buchhandlung.

Diese von warmer Liebe zu der evangelischen Kirche und hingebenden
Eifer für ihre Interessen getragene Schrift stellt sich die Aufgabe, auf die
Mängel ernst hinzuweisen, unter denen die Verfassung der evangelischen Kirche
Bayern's leidet, und welche ihre Entwickelung gefährden, zugleich aber die Bah¬
nen zu zeigen, die ihr eine gesichertere Stellung verheißen. Mit den konkreten
Vorschlägen des Verfassers sind wir im Wesentlichen einverstanden. Wir stim¬
men ihm darin ganz bei, daß der katholische Fürst die ihm zustehende» kirch¬
lichen Rechte nur durch evangelische, damit betraute Minister ausüben darf;
ebenfalls darin, daß der prinzipielle Träger der Kirchengewalt die Gemeinde
ist, und daß die kirchliche Gesetzgebung deshalb in die Hände der General-
synode gelegt werden muß. Auch daß er die Mitwirkung des Synodal-Aus-
schusses bei der Ernennung der kirchlichen Behörden fordert, billigen wir, wenn
wir auch das Maß derselben mehr beschränkt wissen möchten. Es hängt dies
mit einer grundsätzlichen Differenz gegenüber dem Standpunkt des Verfassers
zusammen. Letzterer ist prinzipiell freikirchlich gerichtet und glaubt, daß der
gegenwärtige Staat wesentlich religionslos sei und deshalb das landesherrliche


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[0440] Zur Würdigung des apostolischen Glaubensbekenntnisses. Ein Vortrag von,Dr. Hera. Freiherr» von der Goltz, Propst und Obcrkonfistorialrnth. Berlin' 1878. Verlag von L. Schlcicrniacher. Eine lichtvolle Darstellung sowohl der Entstehung des apostolischen Glau¬ bensbekenntnisses wie seiner Bedeutung sür die Gegenwart. Der Verfasser findet diese auf dem liturgischen und katechetischen Gebiet. Das Apostolikum, das seiner wesentlichen Gestalt nach bis in das zweite Jahrhundert zurückführt, ist ein Heiligthum der christlichen Gemeinde, das sie nicht preisgeben darf. Es verbindet die Kirche der Gegenwart mit der Kirche des Alterthums, es ver¬ knüpft mit einander die einzelnen christlichen Konfessionen. Frei von dogma¬ tischen Theorien faßt es die Thatsachen zusammen, die den Inhalt des christ¬ lichen Glaubens bilden. Der Doktrinarismus mag dies oder jenes im Apostolikum anders wünschen, wem aber der Sinn für die geschichtliche Einheit der Kirche erschlossen ist, und wer im christlichen Gottesdienst nicht den Tum¬ melplatz wechselnder und sich bestreitender Schulmeinungen sieht, sondern eine Stätte, an welcher die Gemeinde aller Zeiten auf demselben Glaubensgrunde sich erbauen soll, der wird die Bewahrung und Bezeugung desselben in den Worten der Urkirche als einen liturgischen Schatz erkennen, dessen die Kirche nicht entrathen kann. Die Reform der evangelischen Kirchenverfassung in Bayern von Dr. PH. Zorn, o. v. Professor der Universität Königsberg. separat-Abdruck aus der Zeit¬ schrift für Kirchenrecht. Tübingen 1878. Verlag der H. Laupp'schen Buchhandlung. Diese von warmer Liebe zu der evangelischen Kirche und hingebenden Eifer für ihre Interessen getragene Schrift stellt sich die Aufgabe, auf die Mängel ernst hinzuweisen, unter denen die Verfassung der evangelischen Kirche Bayern's leidet, und welche ihre Entwickelung gefährden, zugleich aber die Bah¬ nen zu zeigen, die ihr eine gesichertere Stellung verheißen. Mit den konkreten Vorschlägen des Verfassers sind wir im Wesentlichen einverstanden. Wir stim¬ men ihm darin ganz bei, daß der katholische Fürst die ihm zustehende» kirch¬ lichen Rechte nur durch evangelische, damit betraute Minister ausüben darf; ebenfalls darin, daß der prinzipielle Träger der Kirchengewalt die Gemeinde ist, und daß die kirchliche Gesetzgebung deshalb in die Hände der General- synode gelegt werden muß. Auch daß er die Mitwirkung des Synodal-Aus- schusses bei der Ernennung der kirchlichen Behörden fordert, billigen wir, wenn wir auch das Maß derselben mehr beschränkt wissen möchten. Es hängt dies mit einer grundsätzlichen Differenz gegenüber dem Standpunkt des Verfassers zusammen. Letzterer ist prinzipiell freikirchlich gerichtet und glaubt, daß der gegenwärtige Staat wesentlich religionslos sei und deshalb das landesherrliche

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/440>, abgerufen am 29.04.2024.