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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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hinabschreitet. Seine Faustfertigkeit wird ihn auf diesem Wege voraussichtlich
auch noch weiter begleiten. Aber Mcckart wird nimmermehr zu jener geistigen
Vertiefung gelangen, welche den Routinier vom echten Künstler scheidet. Dafür
spricht Zug für Zug der Entwickelungsgang seines Talentes, wie wir ihn in
seinen Hauptmomenten verfolgt haben.


Adolf Rosenberg.


Jer Komponist Kayser und
seine Ireunde aus der Sturm- und Irangperiode.
C. A. H. Burkhardt. Von II.

Seitdem Kayser nach Zürich zurückgekehrt war, wurde der Briefwechsel
zwischen ihm und Goethe lebhafter. Die musikalischen Erörterungen über die
Komposition des neuen Singspiels "Scherz, List und Rache", die in der Haupt¬
sache seinen Inhalt bilden, sind nach verschiedenen Seiten hin von hohem
Interesse. Sie beleuchten das tiefe musikalische Verständniß Goethe's, das man
wenigstens von einer Seite mit, "etwas grobem Selbstempfinden ihm abge¬
sprochen", und kennzeichnen gleichzeitig die ersten Anfänge der deutschen Oper,
für die Goethe mit lebhaftem Interesse eintrat. Ans den nachfolgenden Briefen
Goethe's, die keines weiteren Kommentares bedürfen, ergibt sich zugleich hinrei¬
chend das, was Kayser beabsichtigte, wenn schon es zu bedauern ist, daß uns
der Wortlaut der Kayser'schen Briefe mangelt.

Goethe schrieb:

Weimar den 25. Apr. 1785.

Ich freue mich, daß Sie an dein kleinen Singspiel") eine Art von italiä¬
nischer Gestalt gefunden haben, geben Sie ihr nun den Geist, damit sie lebe
und wandle.

Die litiAÄQti habe ich leider noch nicht, sobald sie kommen, sollen sie




*) Scherz, List und Rache. Ueber die Entstehung Goethe's Werke Bd. 9. herausge¬
geben von Strehlke S. 196 ff. Vergl, Riemer's Mittheilungen I1 194--195, wo sich einige
Notizen aus den folgenden Briefen finden.
"*) Bon Giambattista Lorenzi, die 1772 G. Paisiello in Musik gesetzt hatte, später
auch Sarti, von dessen Komposition hier die Rede ist.

hinabschreitet. Seine Faustfertigkeit wird ihn auf diesem Wege voraussichtlich
auch noch weiter begleiten. Aber Mcckart wird nimmermehr zu jener geistigen
Vertiefung gelangen, welche den Routinier vom echten Künstler scheidet. Dafür
spricht Zug für Zug der Entwickelungsgang seines Talentes, wie wir ihn in
seinen Hauptmomenten verfolgt haben.


Adolf Rosenberg.


Jer Komponist Kayser und
seine Ireunde aus der Sturm- und Irangperiode.
C. A. H. Burkhardt. Von II.

Seitdem Kayser nach Zürich zurückgekehrt war, wurde der Briefwechsel
zwischen ihm und Goethe lebhafter. Die musikalischen Erörterungen über die
Komposition des neuen Singspiels „Scherz, List und Rache", die in der Haupt¬
sache seinen Inhalt bilden, sind nach verschiedenen Seiten hin von hohem
Interesse. Sie beleuchten das tiefe musikalische Verständniß Goethe's, das man
wenigstens von einer Seite mit, „etwas grobem Selbstempfinden ihm abge¬
sprochen", und kennzeichnen gleichzeitig die ersten Anfänge der deutschen Oper,
für die Goethe mit lebhaftem Interesse eintrat. Ans den nachfolgenden Briefen
Goethe's, die keines weiteren Kommentares bedürfen, ergibt sich zugleich hinrei¬
chend das, was Kayser beabsichtigte, wenn schon es zu bedauern ist, daß uns
der Wortlaut der Kayser'schen Briefe mangelt.

Goethe schrieb:

Weimar den 25. Apr. 1785.

Ich freue mich, daß Sie an dein kleinen Singspiel") eine Art von italiä¬
nischer Gestalt gefunden haben, geben Sie ihr nun den Geist, damit sie lebe
und wandle.

Die litiAÄQti habe ich leider noch nicht, sobald sie kommen, sollen sie




*) Scherz, List und Rache. Ueber die Entstehung Goethe's Werke Bd. 9. herausge¬
geben von Strehlke S. 196 ff. Vergl, Riemer's Mittheilungen I1 194—195, wo sich einige
Notizen aus den folgenden Briefen finden.
»*) Bon Giambattista Lorenzi, die 1772 G. Paisiello in Musik gesetzt hatte, später
auch Sarti, von dessen Komposition hier die Rede ist.
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[0519] hinabschreitet. Seine Faustfertigkeit wird ihn auf diesem Wege voraussichtlich auch noch weiter begleiten. Aber Mcckart wird nimmermehr zu jener geistigen Vertiefung gelangen, welche den Routinier vom echten Künstler scheidet. Dafür spricht Zug für Zug der Entwickelungsgang seines Talentes, wie wir ihn in seinen Hauptmomenten verfolgt haben. Adolf Rosenberg. Jer Komponist Kayser und seine Ireunde aus der Sturm- und Irangperiode. C. A. H. Burkhardt. Von II. Seitdem Kayser nach Zürich zurückgekehrt war, wurde der Briefwechsel zwischen ihm und Goethe lebhafter. Die musikalischen Erörterungen über die Komposition des neuen Singspiels „Scherz, List und Rache", die in der Haupt¬ sache seinen Inhalt bilden, sind nach verschiedenen Seiten hin von hohem Interesse. Sie beleuchten das tiefe musikalische Verständniß Goethe's, das man wenigstens von einer Seite mit, „etwas grobem Selbstempfinden ihm abge¬ sprochen", und kennzeichnen gleichzeitig die ersten Anfänge der deutschen Oper, für die Goethe mit lebhaftem Interesse eintrat. Ans den nachfolgenden Briefen Goethe's, die keines weiteren Kommentares bedürfen, ergibt sich zugleich hinrei¬ chend das, was Kayser beabsichtigte, wenn schon es zu bedauern ist, daß uns der Wortlaut der Kayser'schen Briefe mangelt. Goethe schrieb: Weimar den 25. Apr. 1785. Ich freue mich, daß Sie an dein kleinen Singspiel") eine Art von italiä¬ nischer Gestalt gefunden haben, geben Sie ihr nun den Geist, damit sie lebe und wandle. Die litiAÄQti habe ich leider noch nicht, sobald sie kommen, sollen sie *) Scherz, List und Rache. Ueber die Entstehung Goethe's Werke Bd. 9. herausge¬ geben von Strehlke S. 196 ff. Vergl, Riemer's Mittheilungen I1 194—195, wo sich einige Notizen aus den folgenden Briefen finden. »*) Bon Giambattista Lorenzi, die 1772 G. Paisiello in Musik gesetzt hatte, später auch Sarti, von dessen Komposition hier die Rede ist.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/519>, abgerufen am 06.05.2024.