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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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die Wucherpflanze des Franzosenkrauts, in Leipzig an den Knoblauch, der seit einigen
Decennien von Jahr zu Jahr in weiteren Kreisen den schönen Eichenwald des
Rosenthals fiir Leute mit germanischen Geruchsnerven monatelang unzugänglich
macht. Ein älterer Freund erinnerte uns in Betreff des Phänomens an die
Bürger von Amsterdam, die mit schweren Bedenken bemerkten, ivie durch Schiffe
aus den Tropen Bohrwürmer in ihre Canäle verschleppt worden waren, von denen
zu befürchten stand, sie würden die Pfähle, auf denen die Stadt erbaut ist, mit
ihrem Nagen und Saugen allmählich zerstören. Zum Glücke erwies sich diese Be-
sorgniß als unbegründet.

Ob das wohl auch in unserm Fälle so sein wird? Wir können es vorläufig
weder bejahen noch mit voller Bestimmtheit verneinen, werden die Sache aber in
den folgenden Artikeln weiter prüfen und dann das Facit unsrer Untersuchung ziehen.




Krause.
Nach seinen Briefen.
V A. Procksch. on (Schluß.)
4.

Noch einmal war es Krause vergönnt, ohne Noth zu leben; es war, als
er die zweite Auflage der "Kunsturkunden" im März 1820 an den Buchhändler
Arnold verkaufte; aber die Zeit währte nicht lange. Noch einmal wandte er
sich an den Minister von Altenstein, der ihn persönlich von der Berliner Sprach¬
gesellschaft her kannte und ihn sehr schätzte; aber eine Anstellung an einer Uni¬
versität gab er ihm nicht. In Dresden -- das sah Krause klar -- konnte er
nicht länger bleiben. Aber wohin? Jedenfalls an eine Universität. Erdachte
an verschiedene; im Mai 1822 tauchte zuerst Göttingen als Ziel auf. Noch im
August desselben Jahres ging er dahin, um die Verhältnisse kennen zu lernen;
ein Jahr später, im Angust 1823, siedelte er, nachdem ihm seine Frau in Dresden
das vierzehnte Kind geboren hatte (zwei waren gestorben), mit seiner Familie-
nach Göttingen über.

Aus der Göttinger Zeit haben wir in dem von Leonhardi so sorgfältig
gesammelten Briefwechsel nur wenig Briefe, die für Krauses Leben von Interesse
sind; die folgenden Zeilen finden ihre Ergänzung hauptsächlich aus Lindemann
und dem sechsten Bande von Oppermcmns "Hundert Jahren". Der letzte Brief
Krauses an seinen Vater ist gegen Ende des Jahres 1821 geschrieben; aus der
späteren Zeit finden sich von ihm nnr wenige Briefconcepte.


die Wucherpflanze des Franzosenkrauts, in Leipzig an den Knoblauch, der seit einigen
Decennien von Jahr zu Jahr in weiteren Kreisen den schönen Eichenwald des
Rosenthals fiir Leute mit germanischen Geruchsnerven monatelang unzugänglich
macht. Ein älterer Freund erinnerte uns in Betreff des Phänomens an die
Bürger von Amsterdam, die mit schweren Bedenken bemerkten, ivie durch Schiffe
aus den Tropen Bohrwürmer in ihre Canäle verschleppt worden waren, von denen
zu befürchten stand, sie würden die Pfähle, auf denen die Stadt erbaut ist, mit
ihrem Nagen und Saugen allmählich zerstören. Zum Glücke erwies sich diese Be-
sorgniß als unbegründet.

Ob das wohl auch in unserm Fälle so sein wird? Wir können es vorläufig
weder bejahen noch mit voller Bestimmtheit verneinen, werden die Sache aber in
den folgenden Artikeln weiter prüfen und dann das Facit unsrer Untersuchung ziehen.




Krause.
Nach seinen Briefen.
V A. Procksch. on (Schluß.)
4.

Noch einmal war es Krause vergönnt, ohne Noth zu leben; es war, als
er die zweite Auflage der „Kunsturkunden" im März 1820 an den Buchhändler
Arnold verkaufte; aber die Zeit währte nicht lange. Noch einmal wandte er
sich an den Minister von Altenstein, der ihn persönlich von der Berliner Sprach¬
gesellschaft her kannte und ihn sehr schätzte; aber eine Anstellung an einer Uni¬
versität gab er ihm nicht. In Dresden — das sah Krause klar — konnte er
nicht länger bleiben. Aber wohin? Jedenfalls an eine Universität. Erdachte
an verschiedene; im Mai 1822 tauchte zuerst Göttingen als Ziel auf. Noch im
August desselben Jahres ging er dahin, um die Verhältnisse kennen zu lernen;
ein Jahr später, im Angust 1823, siedelte er, nachdem ihm seine Frau in Dresden
das vierzehnte Kind geboren hatte (zwei waren gestorben), mit seiner Familie-
nach Göttingen über.

Aus der Göttinger Zeit haben wir in dem von Leonhardi so sorgfältig
gesammelten Briefwechsel nur wenig Briefe, die für Krauses Leben von Interesse
sind; die folgenden Zeilen finden ihre Ergänzung hauptsächlich aus Lindemann
und dem sechsten Bande von Oppermcmns „Hundert Jahren". Der letzte Brief
Krauses an seinen Vater ist gegen Ende des Jahres 1821 geschrieben; aus der
späteren Zeit finden sich von ihm nnr wenige Briefconcepte.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/330>, abgerufen am 06.05.2024.