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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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der englischen Revolution sich durch Lebendigkeit der Gruppirung vortheilhaft
auszeichnen.


Adolf Rosenberg.


Literatur.

Die Vereinigung des Herzogthums Magdeburg mit Kurbranden¬
burg. Festschrift zur Erinnerung an die zweihundertjährige Vereinigung, heraus¬
gegeben in: Namen der historischen Commission der Provinz Sachsen. Von Dr.
Julius Opel, Halle, Otto Hendel, 1880.

Diese stilvoll ausgestattete Schrift schildert in ihrer ersten Abhandlung die
Regierung des letzten Administrators des Erzstifts Magdeburg, des Herzogs August
vou Sachsen, der nach einem kurzen Anlauf, in der Verwaltung und im Unterrichts¬
wesen das Land zu heben, immer abhängiger von seinen orthodox-lutherischen Geist¬
lichen und gewinnsüchtigen Günstlingen, allmählich in vollständige Unabhängigkeit
versank, bis ihm, dem kraftlosen Greis, die Zügel der Regierung entglitten, die sein
im westfälischen Frieden bestimmter Nachfolger, Kurfürst Friedrich Wilhelm von
Brandenburg, als erster Herzog von Magdeburg im Jahre 1680 mit lang erprob¬
ten Nachdruck und mit Kraft ergriff. Die folgenden Abschnitte beschreiben die
Feierlichkeiten bei Gelegenheit der damaligen Huldigung zu Magdeburg und Halle
und legen dar, wie das Erzstift nach Verlust seiner phäakischen Sonderexistenz in
den Kreis moderner Staatsverhältnisse eintrat, und damit die alten verrotteten Zu¬
stände in Staat und Kirche, Wissenschaft und Leben zusammenbrachen. Da alle
ständischen und confessionellen Sondergelüste, für die im brandenburgischen Staate
kein Raum war, von nun an mit Entschiedenheit zurückgewiesen wurden, so empfand
man den Wechsel der Regierung nicht selten schwer, und nicht immer waren es die
schlechtesten Männer, die damals sich zu einer herben Kritik der neuen Zustände
herausgefordert fühlten. Wie groß aber auch der Mißmuth war, der anfangs
herrschen mochte, niemals führte er zu irgend einer Ausschreitung, und rasch ist er
verschwunden. "Die Heldengestalt des Großen Kurfürsten, des deutschen Achilles,
die weit höheren und glänzenderen Ziele, welche der äußeren Stellung und dem
Talente in dem größeren Staatswesen winkten und die hohen Aufgaben dieses
Staates selbst haben den Gedanken der Menschen über Erwarten schnell eine andere
Richtung gegeben, und auch ihre Herzen dem neuen Herrscherhause bald vollständig
gewonnen." Mit diesen Worten wendet sich der Verfasser der trefflich geschriebenen
Abhandlungen zum Schluß, in welchem er die Bedeutung des Herzogthums Magde¬
burg, als des Mittelpunkts jenes reformatorischen Geistes, der seit der letzten Hälfte
des 17. Jahrhunderts von Brandenburg ausgegangen ist, gedenkt, namentlich an
Frankes, Thomasius' und Christian Wolfs Thätigkeit in Halle erinnert, und mit
warmen Worten ans die Reihe jener erlauchten Regenten des brandenburgisch-preu-
ßischen Staates hinweist, "durch deren Genie und Thatkraft unserem ganzen Volks¬
leben eine Verjüngung zu Theil geworden, und das alte mehrmals verfehlte Ziel
deutscher Entwicklung glücklich erreicht ist."




Für die Redaction verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig.
Verlag wu L, Herbig in Leipzig- -- Druck von Hiithel K Herrmann in Leipzig.

der englischen Revolution sich durch Lebendigkeit der Gruppirung vortheilhaft
auszeichnen.


Adolf Rosenberg.


Literatur.

Die Vereinigung des Herzogthums Magdeburg mit Kurbranden¬
burg. Festschrift zur Erinnerung an die zweihundertjährige Vereinigung, heraus¬
gegeben in: Namen der historischen Commission der Provinz Sachsen. Von Dr.
Julius Opel, Halle, Otto Hendel, 1880.

Diese stilvoll ausgestattete Schrift schildert in ihrer ersten Abhandlung die
Regierung des letzten Administrators des Erzstifts Magdeburg, des Herzogs August
vou Sachsen, der nach einem kurzen Anlauf, in der Verwaltung und im Unterrichts¬
wesen das Land zu heben, immer abhängiger von seinen orthodox-lutherischen Geist¬
lichen und gewinnsüchtigen Günstlingen, allmählich in vollständige Unabhängigkeit
versank, bis ihm, dem kraftlosen Greis, die Zügel der Regierung entglitten, die sein
im westfälischen Frieden bestimmter Nachfolger, Kurfürst Friedrich Wilhelm von
Brandenburg, als erster Herzog von Magdeburg im Jahre 1680 mit lang erprob¬
ten Nachdruck und mit Kraft ergriff. Die folgenden Abschnitte beschreiben die
Feierlichkeiten bei Gelegenheit der damaligen Huldigung zu Magdeburg und Halle
und legen dar, wie das Erzstift nach Verlust seiner phäakischen Sonderexistenz in
den Kreis moderner Staatsverhältnisse eintrat, und damit die alten verrotteten Zu¬
stände in Staat und Kirche, Wissenschaft und Leben zusammenbrachen. Da alle
ständischen und confessionellen Sondergelüste, für die im brandenburgischen Staate
kein Raum war, von nun an mit Entschiedenheit zurückgewiesen wurden, so empfand
man den Wechsel der Regierung nicht selten schwer, und nicht immer waren es die
schlechtesten Männer, die damals sich zu einer herben Kritik der neuen Zustände
herausgefordert fühlten. Wie groß aber auch der Mißmuth war, der anfangs
herrschen mochte, niemals führte er zu irgend einer Ausschreitung, und rasch ist er
verschwunden. „Die Heldengestalt des Großen Kurfürsten, des deutschen Achilles,
die weit höheren und glänzenderen Ziele, welche der äußeren Stellung und dem
Talente in dem größeren Staatswesen winkten und die hohen Aufgaben dieses
Staates selbst haben den Gedanken der Menschen über Erwarten schnell eine andere
Richtung gegeben, und auch ihre Herzen dem neuen Herrscherhause bald vollständig
gewonnen." Mit diesen Worten wendet sich der Verfasser der trefflich geschriebenen
Abhandlungen zum Schluß, in welchem er die Bedeutung des Herzogthums Magde¬
burg, als des Mittelpunkts jenes reformatorischen Geistes, der seit der letzten Hälfte
des 17. Jahrhunderts von Brandenburg ausgegangen ist, gedenkt, namentlich an
Frankes, Thomasius' und Christian Wolfs Thätigkeit in Halle erinnert, und mit
warmen Worten ans die Reihe jener erlauchten Regenten des brandenburgisch-preu-
ßischen Staates hinweist, „durch deren Genie und Thatkraft unserem ganzen Volks¬
leben eine Verjüngung zu Theil geworden, und das alte mehrmals verfehlte Ziel
deutscher Entwicklung glücklich erreicht ist."




Für die Redaction verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig.
Verlag wu L, Herbig in Leipzig- — Druck von Hiithel K Herrmann in Leipzig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/136>, abgerufen am 30.04.2024.