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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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altmodisch gekleideten Frau in einer reich mit Kindern gesegneten Familie dar¬
stellend, errang um des Gegenstandes willen, der hübsch ausgedacht war, einen
gewissen Erfolg, welcher in der Holzschnitt-Reproduction des Bildes in illu-
strirten Blättern gipfelte. Seine malerischen Vorzüge waren ebenso gering wie
die der Bilder Rosenthals, eines 1848 in New-Haven, Conn., geborenen
Deutsch-Amerikaners, welcher 1868 in die Schule Pilotys kam und anfangs mit
historischen Genrebildern sein Glück versuchte. Nach einem weiteren Versuch in
Tennysonscher Romantik cultivirte er mit besserem Erfolge das niedrig komische
Gebiet in den Abenteuern zweier Schusterjungen ("Aus dem Regen in die
Traufe", "Wer zuletzt lacht, lacht am besten"). In dem "Alarmirten Mädchen¬
pensionat", dessen Insassen durch deu Lärm einer Katze aus ihrem Schlafe
aufgeschreckt worden sind und sich in abenteuerlichen Nachtgewändern auf die
Jagd begebe" haben, schlug er wieder eiuen feineren Ton an. Indessen hat
weder er noch ein anderer der jüngeren Pilotyschüler es zu einer eigenen
künstlerischen Physiognomie gebracht. Unter denen, welche sich genau uach Pilotys
Vorbild und Recept der Historienmalerei widmen, hat Gustav G aupp, geboren
1844 in dem württembergischen Ort Markgrvningen, durch ein 1876 gemaltes
Bild "Die Brandschatzung eines Klosters" bewiesen, daß er alle Gemälde seines
Meisters eifrig genug studirt hat, um aus den wirksamsten Bestandtheilen der¬
selben ein neues zu componiren. In der Mitte einer gothischen Halle ist auf
der Erde eine Menge kostbaren Kirchengeräths aufgethürmt, welches die Mönche
auf Geheiß des Hauptmanns der Plünderer zusammengeschleppt haben. Dieses
Beiwerk drängt sich sehr protzig in den Vordergrund und ist demzufolge auch
mit besonderer eoloristischer Bravour ausgeführt. Wohin das Auge auch sonst
blickt, fällt es auf Heiligenbilder, Crucifixe, Kelche, Kannen und Humpen, und
die Menschen, welche in diese Ausstellung kirchlicher Alterthümer hineingerathen
siud, haben Mühe, sich daneben zu behaupten. Links sitzt an einem Tische, der
noch die Spuren eines eben abgehaltenen Gelages zeigt, der Führer der Bande
ein breitschultriger Kriegsmann, welcher gebieterisch auf ein Pergament weist,
das vermuthlich eine Liste der im Kloster befindlichen Schätze enthält. Der Abt,
ein würdiger Greis, weist mit zorniger Entrüstung auf ein großes Crucifix, welches
einer der Mouche herbeigebracht hat. Er scheint andeuten zu wollen, daß dies
das letzte ist, womit er die Habsucht der Plttuderer befriedigen kann. Auch die
breite, kräftige Pinselführung schließt sich eng an Piloty an, so daß nirgends
ein Keim zu entdecken ist, welcher über das Haupt der Schule und seine nun¬
mehr hinlänglich erschöpfte Art hinauszuwachseu verspricht. Ganz dieselbe
Beobachtung macht man an den Bildern des um zehn Jahre älteren Max
Adamo (geboren 1837 in München), welcher von Philipp Foltz zu Piloty kam
und eine Anzahl historischer Scene" gemalt hat, unter welchen diejenigen aus


altmodisch gekleideten Frau in einer reich mit Kindern gesegneten Familie dar¬
stellend, errang um des Gegenstandes willen, der hübsch ausgedacht war, einen
gewissen Erfolg, welcher in der Holzschnitt-Reproduction des Bildes in illu-
strirten Blättern gipfelte. Seine malerischen Vorzüge waren ebenso gering wie
die der Bilder Rosenthals, eines 1848 in New-Haven, Conn., geborenen
Deutsch-Amerikaners, welcher 1868 in die Schule Pilotys kam und anfangs mit
historischen Genrebildern sein Glück versuchte. Nach einem weiteren Versuch in
Tennysonscher Romantik cultivirte er mit besserem Erfolge das niedrig komische
Gebiet in den Abenteuern zweier Schusterjungen („Aus dem Regen in die
Traufe", „Wer zuletzt lacht, lacht am besten"). In dem „Alarmirten Mädchen¬
pensionat", dessen Insassen durch deu Lärm einer Katze aus ihrem Schlafe
aufgeschreckt worden sind und sich in abenteuerlichen Nachtgewändern auf die
Jagd begebe» haben, schlug er wieder eiuen feineren Ton an. Indessen hat
weder er noch ein anderer der jüngeren Pilotyschüler es zu einer eigenen
künstlerischen Physiognomie gebracht. Unter denen, welche sich genau uach Pilotys
Vorbild und Recept der Historienmalerei widmen, hat Gustav G aupp, geboren
1844 in dem württembergischen Ort Markgrvningen, durch ein 1876 gemaltes
Bild „Die Brandschatzung eines Klosters" bewiesen, daß er alle Gemälde seines
Meisters eifrig genug studirt hat, um aus den wirksamsten Bestandtheilen der¬
selben ein neues zu componiren. In der Mitte einer gothischen Halle ist auf
der Erde eine Menge kostbaren Kirchengeräths aufgethürmt, welches die Mönche
auf Geheiß des Hauptmanns der Plünderer zusammengeschleppt haben. Dieses
Beiwerk drängt sich sehr protzig in den Vordergrund und ist demzufolge auch
mit besonderer eoloristischer Bravour ausgeführt. Wohin das Auge auch sonst
blickt, fällt es auf Heiligenbilder, Crucifixe, Kelche, Kannen und Humpen, und
die Menschen, welche in diese Ausstellung kirchlicher Alterthümer hineingerathen
siud, haben Mühe, sich daneben zu behaupten. Links sitzt an einem Tische, der
noch die Spuren eines eben abgehaltenen Gelages zeigt, der Führer der Bande
ein breitschultriger Kriegsmann, welcher gebieterisch auf ein Pergament weist,
das vermuthlich eine Liste der im Kloster befindlichen Schätze enthält. Der Abt,
ein würdiger Greis, weist mit zorniger Entrüstung auf ein großes Crucifix, welches
einer der Mouche herbeigebracht hat. Er scheint andeuten zu wollen, daß dies
das letzte ist, womit er die Habsucht der Plttuderer befriedigen kann. Auch die
breite, kräftige Pinselführung schließt sich eng an Piloty an, so daß nirgends
ein Keim zu entdecken ist, welcher über das Haupt der Schule und seine nun¬
mehr hinlänglich erschöpfte Art hinauszuwachseu verspricht. Ganz dieselbe
Beobachtung macht man an den Bildern des um zehn Jahre älteren Max
Adamo (geboren 1837 in München), welcher von Philipp Foltz zu Piloty kam
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[0135] altmodisch gekleideten Frau in einer reich mit Kindern gesegneten Familie dar¬ stellend, errang um des Gegenstandes willen, der hübsch ausgedacht war, einen gewissen Erfolg, welcher in der Holzschnitt-Reproduction des Bildes in illu- strirten Blättern gipfelte. Seine malerischen Vorzüge waren ebenso gering wie die der Bilder Rosenthals, eines 1848 in New-Haven, Conn., geborenen Deutsch-Amerikaners, welcher 1868 in die Schule Pilotys kam und anfangs mit historischen Genrebildern sein Glück versuchte. Nach einem weiteren Versuch in Tennysonscher Romantik cultivirte er mit besserem Erfolge das niedrig komische Gebiet in den Abenteuern zweier Schusterjungen („Aus dem Regen in die Traufe", „Wer zuletzt lacht, lacht am besten"). In dem „Alarmirten Mädchen¬ pensionat", dessen Insassen durch deu Lärm einer Katze aus ihrem Schlafe aufgeschreckt worden sind und sich in abenteuerlichen Nachtgewändern auf die Jagd begebe» haben, schlug er wieder eiuen feineren Ton an. Indessen hat weder er noch ein anderer der jüngeren Pilotyschüler es zu einer eigenen künstlerischen Physiognomie gebracht. Unter denen, welche sich genau uach Pilotys Vorbild und Recept der Historienmalerei widmen, hat Gustav G aupp, geboren 1844 in dem württembergischen Ort Markgrvningen, durch ein 1876 gemaltes Bild „Die Brandschatzung eines Klosters" bewiesen, daß er alle Gemälde seines Meisters eifrig genug studirt hat, um aus den wirksamsten Bestandtheilen der¬ selben ein neues zu componiren. In der Mitte einer gothischen Halle ist auf der Erde eine Menge kostbaren Kirchengeräths aufgethürmt, welches die Mönche auf Geheiß des Hauptmanns der Plünderer zusammengeschleppt haben. Dieses Beiwerk drängt sich sehr protzig in den Vordergrund und ist demzufolge auch mit besonderer eoloristischer Bravour ausgeführt. Wohin das Auge auch sonst blickt, fällt es auf Heiligenbilder, Crucifixe, Kelche, Kannen und Humpen, und die Menschen, welche in diese Ausstellung kirchlicher Alterthümer hineingerathen siud, haben Mühe, sich daneben zu behaupten. Links sitzt an einem Tische, der noch die Spuren eines eben abgehaltenen Gelages zeigt, der Führer der Bande ein breitschultriger Kriegsmann, welcher gebieterisch auf ein Pergament weist, das vermuthlich eine Liste der im Kloster befindlichen Schätze enthält. Der Abt, ein würdiger Greis, weist mit zorniger Entrüstung auf ein großes Crucifix, welches einer der Mouche herbeigebracht hat. Er scheint andeuten zu wollen, daß dies das letzte ist, womit er die Habsucht der Plttuderer befriedigen kann. Auch die breite, kräftige Pinselführung schließt sich eng an Piloty an, so daß nirgends ein Keim zu entdecken ist, welcher über das Haupt der Schule und seine nun¬ mehr hinlänglich erschöpfte Art hinauszuwachseu verspricht. Ganz dieselbe Beobachtung macht man an den Bildern des um zehn Jahre älteren Max Adamo (geboren 1837 in München), welcher von Philipp Foltz zu Piloty kam und eine Anzahl historischer Scene» gemalt hat, unter welchen diejenigen aus

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/135>, abgerufen am 22.05.2024.