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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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vollständige Einigung erzielt werde, damit nach der langen orthographischen
Anarchie das, was Sanders als einzelner vergeblich angestrebt hat, durch den
mächtigen Einfluß des Reiches wirklich zu Stande komme: eine einheitliche
Rechtschreibung für Alldeutschland.


Hermann Dünger.


Die vierte allgemeine deutsche Kunstausstellung
in Düsseldorf.

Welch ein stolzes Aushängeschild! Eine allgemeine deutsche Kunstausstel¬
lung in Verbindung mit einer Industrieausstellung der beiden gewerbthätigsten
Provinzen Preußens, Rheinlands und Westfalens, eine Kunstausstellung, ver¬
anstaltet von der deutschen Kunstgenossenschaft, die kaum ein Vierteljahrhundert
besteht, der man also noch genug Lebenskraft zutrauen kann, um etwas Großes
oder doch etwas Würdiges ins Werk zu setzen. Freilich hatte die vorjährige
Münchener Ausstellung schon böse Schatten vorausgeworfen. Dort war die
Anziehungskraft einer internationalen Kunstausstellung nicht einmal stark
genug gewesen, um eine so allgemeine Betheiligung der deutschen Künstler zu
bewirken, daß man aus ihr ein wenigstens annähernd richtiges Bild von dem
gegenwärtigen Stande der deutschen Kunst hätte construiren können. Die
Münchener hatten die internationale Ausstellung gleichsam monopolisirt und die
Säle des Glaspalastes in einen Bildermarkt umgewandelt, auf welchem sie
alles loszuschlagen gedachten, was ihre Kunsthändler während des letzten Jahr¬
zehnts nicht hatten an den Mann bringen können. Zu unserem Bedauern und
zum großen Schaden aller kommenden Ausstellungen ist ihnen dieses Project
mißlungen.

Die Düsseldorfer hat das zuerst empfunden. Wie vorauszusehen war,
haben sich die Münchener einfach damit begnügt, nach Düsseldorf zu schicken,
was in München nicht verkauft worden ist. Auf neue Sendungen von Belang
haben sie sich mit äußerst wenigen Ausnahmen gar nicht eingelassen. Man
weiß überdies nicht, was von den Malern selbst und was von Kunsthändlern
eingeschickt worden ist, so daß die Zahl der 155 Münchener Maler, welche sich
an der Düsseldorfer Ausstellung betheiligt haben, nicht einmal einen Rückschluß
auf das Interesse der Künstler für derartige Ausstellungen erlaubt. Und das


Grenzboten III. 188". 4s

vollständige Einigung erzielt werde, damit nach der langen orthographischen
Anarchie das, was Sanders als einzelner vergeblich angestrebt hat, durch den
mächtigen Einfluß des Reiches wirklich zu Stande komme: eine einheitliche
Rechtschreibung für Alldeutschland.


Hermann Dünger.


Die vierte allgemeine deutsche Kunstausstellung
in Düsseldorf.

Welch ein stolzes Aushängeschild! Eine allgemeine deutsche Kunstausstel¬
lung in Verbindung mit einer Industrieausstellung der beiden gewerbthätigsten
Provinzen Preußens, Rheinlands und Westfalens, eine Kunstausstellung, ver¬
anstaltet von der deutschen Kunstgenossenschaft, die kaum ein Vierteljahrhundert
besteht, der man also noch genug Lebenskraft zutrauen kann, um etwas Großes
oder doch etwas Würdiges ins Werk zu setzen. Freilich hatte die vorjährige
Münchener Ausstellung schon böse Schatten vorausgeworfen. Dort war die
Anziehungskraft einer internationalen Kunstausstellung nicht einmal stark
genug gewesen, um eine so allgemeine Betheiligung der deutschen Künstler zu
bewirken, daß man aus ihr ein wenigstens annähernd richtiges Bild von dem
gegenwärtigen Stande der deutschen Kunst hätte construiren können. Die
Münchener hatten die internationale Ausstellung gleichsam monopolisirt und die
Säle des Glaspalastes in einen Bildermarkt umgewandelt, auf welchem sie
alles loszuschlagen gedachten, was ihre Kunsthändler während des letzten Jahr¬
zehnts nicht hatten an den Mann bringen können. Zu unserem Bedauern und
zum großen Schaden aller kommenden Ausstellungen ist ihnen dieses Project
mißlungen.

Die Düsseldorfer hat das zuerst empfunden. Wie vorauszusehen war,
haben sich die Münchener einfach damit begnügt, nach Düsseldorf zu schicken,
was in München nicht verkauft worden ist. Auf neue Sendungen von Belang
haben sie sich mit äußerst wenigen Ausnahmen gar nicht eingelassen. Man
weiß überdies nicht, was von den Malern selbst und was von Kunsthändlern
eingeschickt worden ist, so daß die Zahl der 155 Münchener Maler, welche sich
an der Düsseldorfer Ausstellung betheiligt haben, nicht einmal einen Rückschluß
auf das Interesse der Künstler für derartige Ausstellungen erlaubt. Und das


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[0374] vollständige Einigung erzielt werde, damit nach der langen orthographischen Anarchie das, was Sanders als einzelner vergeblich angestrebt hat, durch den mächtigen Einfluß des Reiches wirklich zu Stande komme: eine einheitliche Rechtschreibung für Alldeutschland. Hermann Dünger. Die vierte allgemeine deutsche Kunstausstellung in Düsseldorf. Welch ein stolzes Aushängeschild! Eine allgemeine deutsche Kunstausstel¬ lung in Verbindung mit einer Industrieausstellung der beiden gewerbthätigsten Provinzen Preußens, Rheinlands und Westfalens, eine Kunstausstellung, ver¬ anstaltet von der deutschen Kunstgenossenschaft, die kaum ein Vierteljahrhundert besteht, der man also noch genug Lebenskraft zutrauen kann, um etwas Großes oder doch etwas Würdiges ins Werk zu setzen. Freilich hatte die vorjährige Münchener Ausstellung schon böse Schatten vorausgeworfen. Dort war die Anziehungskraft einer internationalen Kunstausstellung nicht einmal stark genug gewesen, um eine so allgemeine Betheiligung der deutschen Künstler zu bewirken, daß man aus ihr ein wenigstens annähernd richtiges Bild von dem gegenwärtigen Stande der deutschen Kunst hätte construiren können. Die Münchener hatten die internationale Ausstellung gleichsam monopolisirt und die Säle des Glaspalastes in einen Bildermarkt umgewandelt, auf welchem sie alles loszuschlagen gedachten, was ihre Kunsthändler während des letzten Jahr¬ zehnts nicht hatten an den Mann bringen können. Zu unserem Bedauern und zum großen Schaden aller kommenden Ausstellungen ist ihnen dieses Project mißlungen. Die Düsseldorfer hat das zuerst empfunden. Wie vorauszusehen war, haben sich die Münchener einfach damit begnügt, nach Düsseldorf zu schicken, was in München nicht verkauft worden ist. Auf neue Sendungen von Belang haben sie sich mit äußerst wenigen Ausnahmen gar nicht eingelassen. Man weiß überdies nicht, was von den Malern selbst und was von Kunsthändlern eingeschickt worden ist, so daß die Zahl der 155 Münchener Maler, welche sich an der Düsseldorfer Ausstellung betheiligt haben, nicht einmal einen Rückschluß auf das Interesse der Künstler für derartige Ausstellungen erlaubt. Und das Grenzboten III. 188». 4s

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/374>, abgerufen am 30.04.2024.