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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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gesagt sein, daß, gleichwie wir nach dem Ausspruche unseres größten Feldherrn
noch 50 Jahre bereit sein müssen, die auf den Schlachtfeldern errungenen kost¬
baren Güter zu vertheidigen, wir ebenso alle unsere Kraft nach ein halbes
Jahrhundert aufzubieten haben, nicht national - "liberal", sondern einzig und
allein national zu sein, national zu denken, national zu empfinden, nationale
Interessen zu verfolgen und nationale Güter zu erstreben. Wir spotten gern
der Franzosen, weil sie so eitel find auf ihre nationale Geschichte, ihren natio¬
nalen Ruhm, ihre nationale Größe und sogar auf ihre nationalen Verirrungen.
Wollte Gott, daß wir nur einen Hauch von dieser Eitelkeit unser nennen könnten!
Echt national sein ist für uns noch auf lauge Zeit wirklich frei sein. Die un-
vermischte, leidenschaftlich-nationale Gesinnung verbürgt uns unsere gegenwärtige
Freiheit und gewährleistet uns dasjenige Maß höherer Freiheit, dessen wir
bedürftig und fähig werden können, wenn wir zuvor gelernt haben werden, in
allen Fällen und zu aller Zeit national zu sein. Alles zu thun, was beitrage":
kann zum Vortheile, zur Ehre und zum Ruhme unseres Volkes -- mehr kann
auch der Freieste der Freien nicht wollen. Weisen wir daher weit von uns ab
die Einflüsterungen und Berückungskünste eines falschen und verderblichen "Libe¬
ralismus", der nur am Ende nationale Enttäuschungen und nationalen Jammer .......
wie wir es in den letzten Jahren sattsam bis zum Ekel erfahren haben -- her¬
ausführt. Was für eine Bewandtniß es mit den sogenannten liberalen Ideen und
Lehrsätzen hat, das hat uns, schon lange vor der Wiedererstehnng des Reiches, im
Hinblick auf die nationale Zerstückelung und das nationale Elend seiner Zeit, ein
Größerer gelehrt, als wir Alle sind -- Goethe. Er hat die goldenen Worte ge¬
schrieben: "Wenn ich von liberalen Ideen reden höre, so verwundere ich mich immer,
wie die Menschen so gern mit leeren Wortschällen sich Hinhalten. Eine Idee darf
nicht liberal sein; kräftig sei sie, tüchtig, in sich selbst abgeschlossen, damit sie den
göttlichen Austrag, produetiv zu sein, erfülle. Noch weniger darf der Begriff liberal
sein; denn er hat einen ganz anderen Auftrag. Wo man die Liberalität aber
suchen muß, das ist in den Gesinnungen und diese sind das lebendige Gemüth."


6


Die Darstellungen der picta in der italienischen Kunst.
Paul Schönfeld. von (Schluß.)

Die Pieta hat Michel Angelo nicht bloß einmal beschäftigt. Sehen wir ab
von der Gruppe in S. Rosalia zu Palestrina, die sicher mit Unrecht seinen


gesagt sein, daß, gleichwie wir nach dem Ausspruche unseres größten Feldherrn
noch 50 Jahre bereit sein müssen, die auf den Schlachtfeldern errungenen kost¬
baren Güter zu vertheidigen, wir ebenso alle unsere Kraft nach ein halbes
Jahrhundert aufzubieten haben, nicht national - „liberal", sondern einzig und
allein national zu sein, national zu denken, national zu empfinden, nationale
Interessen zu verfolgen und nationale Güter zu erstreben. Wir spotten gern
der Franzosen, weil sie so eitel find auf ihre nationale Geschichte, ihren natio¬
nalen Ruhm, ihre nationale Größe und sogar auf ihre nationalen Verirrungen.
Wollte Gott, daß wir nur einen Hauch von dieser Eitelkeit unser nennen könnten!
Echt national sein ist für uns noch auf lauge Zeit wirklich frei sein. Die un-
vermischte, leidenschaftlich-nationale Gesinnung verbürgt uns unsere gegenwärtige
Freiheit und gewährleistet uns dasjenige Maß höherer Freiheit, dessen wir
bedürftig und fähig werden können, wenn wir zuvor gelernt haben werden, in
allen Fällen und zu aller Zeit national zu sein. Alles zu thun, was beitrage«:
kann zum Vortheile, zur Ehre und zum Ruhme unseres Volkes — mehr kann
auch der Freieste der Freien nicht wollen. Weisen wir daher weit von uns ab
die Einflüsterungen und Berückungskünste eines falschen und verderblichen „Libe¬
ralismus", der nur am Ende nationale Enttäuschungen und nationalen Jammer .......
wie wir es in den letzten Jahren sattsam bis zum Ekel erfahren haben — her¬
ausführt. Was für eine Bewandtniß es mit den sogenannten liberalen Ideen und
Lehrsätzen hat, das hat uns, schon lange vor der Wiedererstehnng des Reiches, im
Hinblick auf die nationale Zerstückelung und das nationale Elend seiner Zeit, ein
Größerer gelehrt, als wir Alle sind — Goethe. Er hat die goldenen Worte ge¬
schrieben: „Wenn ich von liberalen Ideen reden höre, so verwundere ich mich immer,
wie die Menschen so gern mit leeren Wortschällen sich Hinhalten. Eine Idee darf
nicht liberal sein; kräftig sei sie, tüchtig, in sich selbst abgeschlossen, damit sie den
göttlichen Austrag, produetiv zu sein, erfülle. Noch weniger darf der Begriff liberal
sein; denn er hat einen ganz anderen Auftrag. Wo man die Liberalität aber
suchen muß, das ist in den Gesinnungen und diese sind das lebendige Gemüth."


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Die Darstellungen der picta in der italienischen Kunst.
Paul Schönfeld. von (Schluß.)

Die Pieta hat Michel Angelo nicht bloß einmal beschäftigt. Sehen wir ab
von der Gruppe in S. Rosalia zu Palestrina, die sicher mit Unrecht seinen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/67>, abgerufen am 30.04.2024.