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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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regungen erhalten, und hoffentlich wird der vom Standpunkte der jüdisch-berli¬
nischen Kritik bis jetzt geübte Spott vor der gerechten Anerkennung des genialen
Unternehnumgsgeistes und der patriotischen Liberalität or. Schliemcmns ver¬
stummen.




Gneisenau in den Jahren ^8^5 bis 583^.
(Schluß,)

neiscnaus Aufenthalt in dem trauten Erdmannsdorf war nicht
ungestört. Erst im Jahre 1825 konnte der General die ihm nach
den Befreiungskriegen zugefallene Dotation Sommcrschcnburg in
Besitz nehmen. Der Zustand der neuen Besitzung, die in längerer
Verpachtung verwahrlost war, erforderte seine ganze Arbeitskraft,
gab ihm aber wenigstens dafür die erfrischende Freude des Schaffens. Sein
für Naturschönheiten tief empfängliches Gemüth schwelgte im Anschauen der ent¬
zückenden Landschaft, die der Blick von dem hochgelegnen Schlüsse umfaßte, und
als seine wirthschaftlichen Pläne guten Fortgang nahmen, fühlte er sich geradezu
wie verjüngt. Umsomehr mußte er es bedauern, daß ein Amt ihn jetzt wieder
einen großen Theil des Jahres an die Hauptstadt des Landes band.

Am 8. März 1817 hatte ihm der Staatskanzler Fürst Hardenberg mitgetheilt,
daß ihn der König zum Mitgliede des Staatsrathes ernannt habe. Gneisenau
konnte die ihm zugedachte Ehre nicht ausschlagen. "Als ich meine Entlassung
begehrte," schreibt er an Clausewitz von Berlin aus (6. April 1817), "dachte
ich nicht lange mehr zu leben und wollte mit meinen Kindern den Rest meiner
Tage verbringen. Wie es weiter kam, wissen Sie. Nun rechnete ich darauf,
daß meiner nicht ferner gedacht werden würde. Ich war so glücklich mit meinen
Kindern! Jetzt ruft man mich, und ich kann nicht verweigern zu kommen. All
das verächtliche Gerede von meiner der Regierung feindseligen, mißvergnügten
Stimmung würde neuen Schwung erhalten haben. Dem wollte ich mich ferner
nicht preisgeben und somit gehorchte ich." Wirklich betheiligte sich Gneisenau
bis zu seinem Tode mit Eifer an den Berathungen des Staatsrathes. In zwei
ständigen Ausschüssen der Versammlung, dem für auswärtige und dem für mili¬
tärische Angelegenheiten, führte er sogar den Vorsitz, und wenn mich gerade seine


Greisen«» in den Jahren 1.3^5 bis ^331^.

regungen erhalten, und hoffentlich wird der vom Standpunkte der jüdisch-berli¬
nischen Kritik bis jetzt geübte Spott vor der gerechten Anerkennung des genialen
Unternehnumgsgeistes und der patriotischen Liberalität or. Schliemcmns ver¬
stummen.




Gneisenau in den Jahren ^8^5 bis 583^.
(Schluß,)

neiscnaus Aufenthalt in dem trauten Erdmannsdorf war nicht
ungestört. Erst im Jahre 1825 konnte der General die ihm nach
den Befreiungskriegen zugefallene Dotation Sommcrschcnburg in
Besitz nehmen. Der Zustand der neuen Besitzung, die in längerer
Verpachtung verwahrlost war, erforderte seine ganze Arbeitskraft,
gab ihm aber wenigstens dafür die erfrischende Freude des Schaffens. Sein
für Naturschönheiten tief empfängliches Gemüth schwelgte im Anschauen der ent¬
zückenden Landschaft, die der Blick von dem hochgelegnen Schlüsse umfaßte, und
als seine wirthschaftlichen Pläne guten Fortgang nahmen, fühlte er sich geradezu
wie verjüngt. Umsomehr mußte er es bedauern, daß ein Amt ihn jetzt wieder
einen großen Theil des Jahres an die Hauptstadt des Landes band.

Am 8. März 1817 hatte ihm der Staatskanzler Fürst Hardenberg mitgetheilt,
daß ihn der König zum Mitgliede des Staatsrathes ernannt habe. Gneisenau
konnte die ihm zugedachte Ehre nicht ausschlagen. „Als ich meine Entlassung
begehrte," schreibt er an Clausewitz von Berlin aus (6. April 1817), „dachte
ich nicht lange mehr zu leben und wollte mit meinen Kindern den Rest meiner
Tage verbringen. Wie es weiter kam, wissen Sie. Nun rechnete ich darauf,
daß meiner nicht ferner gedacht werden würde. Ich war so glücklich mit meinen
Kindern! Jetzt ruft man mich, und ich kann nicht verweigern zu kommen. All
das verächtliche Gerede von meiner der Regierung feindseligen, mißvergnügten
Stimmung würde neuen Schwung erhalten haben. Dem wollte ich mich ferner
nicht preisgeben und somit gehorchte ich." Wirklich betheiligte sich Gneisenau
bis zu seinem Tode mit Eifer an den Berathungen des Staatsrathes. In zwei
ständigen Ausschüssen der Versammlung, dem für auswärtige und dem für mili¬
tärische Angelegenheiten, führte er sogar den Vorsitz, und wenn mich gerade seine


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/400>, abgerufen am 28.04.2024.