Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Politische Briefe.

tiefste Weh seines Lebens auszusprechen und in andern Seelen nachklingen zu
lassen, so sind die lyrischen Dichtungen Heyses allerdings weder werthlos an sich,
noch untergeordnet in der Reihe seiner Schöpfungen überhaupt. Die Sonette
und Terzinen namentlich gewähren zum Theil den Schlüssel nicht etwa zum Ver¬
ständniß der Dramen, Romane und Novellen unsers Dichters -- auch die mindest
gelungner derselben sprechen mit der Kraft lebendiger Darstellung zu unsrer
Phantasie und Mitempfindung und bedürfen keiner Erläuterung sondern zum
Verständniß des Zusammenhangs der subjectiven Erlebnisse und objectiven Ge¬
bilde, zu deren Fülle und Mannichfaltigkeit wir uns nunmehr wenden müssen.




politische Briefe. 7. Der Anschluß Hamburgs an den Reichszollverbani).

in 27. Mai hat der Senat von Hamburg der dortigen Bürger¬
schaft oder Vertretung die Grundzüge des mit dem Bundesrathe
geschlossnen Abkommens mitgetheilt, durch welches, vorbehaltlich
der Genehmigung des Reichstags wie der hamburgischen Bürger¬
schaft, der Eintritt Hamburgs in den Ncichszvllverband geregelt
wird. Die Scnatsmittheilung vom 27. Mai enthält noch nicht das ganze Ab¬
kommen und noch nicht die Gründe des Senats, auf welche er das an die Bürger¬
schaft zu richtende Ersuchen, den Eintritt und die vereinbarten Modalitüten zu
genehmigen, stützen wird.

Auch aus der bisherigen lückenhafte" Mittheilung ersieht man wieder die
praktische Kunst des Reichskanzlers, die von spätern Zeiten oft gepriesen und oft
zurückersehnt werde" wird. Vor allem fällt dies in die Augen bei der Wahl
des Freihafenbezirks, von dem allerdings bis jetzt erst der Kern, noch nicht die
Grenzen genau bestimmt sind. Aber da ist keine Rede von kostspieligen, man
weiß nicht wo zu erbauenden ausgedehnten Docks. Der alte Stadtkern von
der Jnnen-Älster bis zur Elbe, vom Binnenhafen bis zum Oberhafen, mit den
gegenüber liegenden Elbinseln, ausschließlich also der Vorstädte im Osten und
Westen, bildet den Freihafenbezirk. Dies wird künftig die City von Hamburg
sein, ein Stadttheil ausschließlich für Geschäftsräume, Comtoirs und Wohnungen


Politische Briefe.

tiefste Weh seines Lebens auszusprechen und in andern Seelen nachklingen zu
lassen, so sind die lyrischen Dichtungen Heyses allerdings weder werthlos an sich,
noch untergeordnet in der Reihe seiner Schöpfungen überhaupt. Die Sonette
und Terzinen namentlich gewähren zum Theil den Schlüssel nicht etwa zum Ver¬
ständniß der Dramen, Romane und Novellen unsers Dichters — auch die mindest
gelungner derselben sprechen mit der Kraft lebendiger Darstellung zu unsrer
Phantasie und Mitempfindung und bedürfen keiner Erläuterung sondern zum
Verständniß des Zusammenhangs der subjectiven Erlebnisse und objectiven Ge¬
bilde, zu deren Fülle und Mannichfaltigkeit wir uns nunmehr wenden müssen.




politische Briefe. 7. Der Anschluß Hamburgs an den Reichszollverbani).

in 27. Mai hat der Senat von Hamburg der dortigen Bürger¬
schaft oder Vertretung die Grundzüge des mit dem Bundesrathe
geschlossnen Abkommens mitgetheilt, durch welches, vorbehaltlich
der Genehmigung des Reichstags wie der hamburgischen Bürger¬
schaft, der Eintritt Hamburgs in den Ncichszvllverband geregelt
wird. Die Scnatsmittheilung vom 27. Mai enthält noch nicht das ganze Ab¬
kommen und noch nicht die Gründe des Senats, auf welche er das an die Bürger¬
schaft zu richtende Ersuchen, den Eintritt und die vereinbarten Modalitüten zu
genehmigen, stützen wird.

Auch aus der bisherigen lückenhafte« Mittheilung ersieht man wieder die
praktische Kunst des Reichskanzlers, die von spätern Zeiten oft gepriesen und oft
zurückersehnt werde» wird. Vor allem fällt dies in die Augen bei der Wahl
des Freihafenbezirks, von dem allerdings bis jetzt erst der Kern, noch nicht die
Grenzen genau bestimmt sind. Aber da ist keine Rede von kostspieligen, man
weiß nicht wo zu erbauenden ausgedehnten Docks. Der alte Stadtkern von
der Jnnen-Älster bis zur Elbe, vom Binnenhafen bis zum Oberhafen, mit den
gegenüber liegenden Elbinseln, ausschließlich also der Vorstädte im Osten und
Westen, bildet den Freihafenbezirk. Dies wird künftig die City von Hamburg
sein, ein Stadttheil ausschließlich für Geschäftsräume, Comtoirs und Wohnungen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0430" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150002"/>
          <fw type="header" place="top"> Politische Briefe.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1436" prev="#ID_1435"> tiefste Weh seines Lebens auszusprechen und in andern Seelen nachklingen zu<lb/>
lassen, so sind die lyrischen Dichtungen Heyses allerdings weder werthlos an sich,<lb/>
noch untergeordnet in der Reihe seiner Schöpfungen überhaupt. Die Sonette<lb/>
und Terzinen namentlich gewähren zum Theil den Schlüssel nicht etwa zum Ver¬<lb/>
ständniß der Dramen, Romane und Novellen unsers Dichters &#x2014; auch die mindest<lb/>
gelungner derselben sprechen mit der Kraft lebendiger Darstellung zu unsrer<lb/>
Phantasie und Mitempfindung und bedürfen keiner Erläuterung sondern zum<lb/>
Verständniß des Zusammenhangs der subjectiven Erlebnisse und objectiven Ge¬<lb/>
bilde, zu deren Fülle und Mannichfaltigkeit wir uns nunmehr wenden müssen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> politische Briefe. 7. Der Anschluß Hamburgs an den Reichszollverbani). </head><lb/>
          <p xml:id="ID_1437"> in 27. Mai hat der Senat von Hamburg der dortigen Bürger¬<lb/>
schaft oder Vertretung die Grundzüge des mit dem Bundesrathe<lb/>
geschlossnen Abkommens mitgetheilt, durch welches, vorbehaltlich<lb/>
der Genehmigung des Reichstags wie der hamburgischen Bürger¬<lb/>
schaft, der Eintritt Hamburgs in den Ncichszvllverband geregelt<lb/>
wird. Die Scnatsmittheilung vom 27. Mai enthält noch nicht das ganze Ab¬<lb/>
kommen und noch nicht die Gründe des Senats, auf welche er das an die Bürger¬<lb/>
schaft zu richtende Ersuchen, den Eintritt und die vereinbarten Modalitüten zu<lb/>
genehmigen, stützen wird.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1438" next="#ID_1439"> Auch aus der bisherigen lückenhafte« Mittheilung ersieht man wieder die<lb/>
praktische Kunst des Reichskanzlers, die von spätern Zeiten oft gepriesen und oft<lb/>
zurückersehnt werde» wird. Vor allem fällt dies in die Augen bei der Wahl<lb/>
des Freihafenbezirks, von dem allerdings bis jetzt erst der Kern, noch nicht die<lb/>
Grenzen genau bestimmt sind. Aber da ist keine Rede von kostspieligen, man<lb/>
weiß nicht wo zu erbauenden ausgedehnten Docks. Der alte Stadtkern von<lb/>
der Jnnen-Älster bis zur Elbe, vom Binnenhafen bis zum Oberhafen, mit den<lb/>
gegenüber liegenden Elbinseln, ausschließlich also der Vorstädte im Osten und<lb/>
Westen, bildet den Freihafenbezirk. Dies wird künftig die City von Hamburg<lb/>
sein, ein Stadttheil ausschließlich für Geschäftsräume, Comtoirs und Wohnungen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0430] Politische Briefe. tiefste Weh seines Lebens auszusprechen und in andern Seelen nachklingen zu lassen, so sind die lyrischen Dichtungen Heyses allerdings weder werthlos an sich, noch untergeordnet in der Reihe seiner Schöpfungen überhaupt. Die Sonette und Terzinen namentlich gewähren zum Theil den Schlüssel nicht etwa zum Ver¬ ständniß der Dramen, Romane und Novellen unsers Dichters — auch die mindest gelungner derselben sprechen mit der Kraft lebendiger Darstellung zu unsrer Phantasie und Mitempfindung und bedürfen keiner Erläuterung sondern zum Verständniß des Zusammenhangs der subjectiven Erlebnisse und objectiven Ge¬ bilde, zu deren Fülle und Mannichfaltigkeit wir uns nunmehr wenden müssen. politische Briefe. 7. Der Anschluß Hamburgs an den Reichszollverbani). in 27. Mai hat der Senat von Hamburg der dortigen Bürger¬ schaft oder Vertretung die Grundzüge des mit dem Bundesrathe geschlossnen Abkommens mitgetheilt, durch welches, vorbehaltlich der Genehmigung des Reichstags wie der hamburgischen Bürger¬ schaft, der Eintritt Hamburgs in den Ncichszvllverband geregelt wird. Die Scnatsmittheilung vom 27. Mai enthält noch nicht das ganze Ab¬ kommen und noch nicht die Gründe des Senats, auf welche er das an die Bürger¬ schaft zu richtende Ersuchen, den Eintritt und die vereinbarten Modalitüten zu genehmigen, stützen wird. Auch aus der bisherigen lückenhafte« Mittheilung ersieht man wieder die praktische Kunst des Reichskanzlers, die von spätern Zeiten oft gepriesen und oft zurückersehnt werde» wird. Vor allem fällt dies in die Augen bei der Wahl des Freihafenbezirks, von dem allerdings bis jetzt erst der Kern, noch nicht die Grenzen genau bestimmt sind. Aber da ist keine Rede von kostspieligen, man weiß nicht wo zu erbauenden ausgedehnten Docks. Der alte Stadtkern von der Jnnen-Älster bis zur Elbe, vom Binnenhafen bis zum Oberhafen, mit den gegenüber liegenden Elbinseln, ausschließlich also der Vorstädte im Osten und Westen, bildet den Freihafenbezirk. Dies wird künftig die City von Hamburg sein, ein Stadttheil ausschließlich für Geschäftsräume, Comtoirs und Wohnungen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/430
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/430>, abgerufen am 06.05.2024.