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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Aus Baden.

republicanischen Partei in sich vereinigt und so dazu beitragen dürste, diese Partei
in allen Hauptfragen gegenüber den bekanntlich nicht innrer zu billigenden Be¬
strebungen der Demokraten als geeinigt erscheinen zu lassen. Einen innern Zwie¬
spalt im Ministerium selbst wird aber Präsident Gnrfield dnrch Weisheit und Um¬
sicht zu vermeiden wissen.




le Verlobung, die am 12. März zwischen der Prinzessin Victoria
von Baden, der neunzehnjährigen einzigen Tochter des Großherzogs,
mit dein Kronprinzen Gustav von Schweden geschlossen wurde, nahm
das öffentliche Interesse lebhaft in Anspruch und hat in allen Schichten
des Volkes eine große und freudige Theilnahme hervorgerufen, die
sich in viefacheu und begeisterten Kundgebungen offenbarte. Denn
wie unser Hcrrscherpnar jede Gelegenheit wahrnimmt, zu weitern Kreisen in Be¬
ziehung zu treten und seine rege Theilnahme an dem Ergehen des Volkes an den
Tag zu legen, so benutzt auch dus Volk wiederum gern jede Veranlassung zu zeigen,
wie innige Bande Fürst und Volk umschließen. Dein jugendlichen schwedischen
Thronerben bringt man hier warme Sympathien entgegen. Diese wird er aber
auch über unsre engere Heimat hinaus, im ganzen deutschen Vaterlande, schon um
deswillen finden, daß er sich die künftige Gattin aus einem der nationalsten und
freisinnigsten deutschen Fürstenhcinscr gewählt hat, als dessen charakteristische Züge
nationale Gesinnung und patriotische Opferwilligkeit, tiefe und echt protestantische
Frömmigkeit, treuer und inniger Familiensinn vor allein hervorleuchten. Mau wird
hieraus die schöne Hoffnung schöpfen dürfen, daß Schweden-Norwegens Stellung
zu Deutschland künftig vielleicht mit noch größerer Entschiedenheit eine deutschfreund¬
liche werde" wird als bisher, und daß die für den Partieularstaat verwandtschaft¬
lichen Baude für das Reich zu unlöslichen politischen werden. Die Zeit ist ernst,
und der Ausblick in die Zukunft bedrohlich genug, um eine derartige Freundschaft
für uns wünschenswert!) zu machen.

Die Secession, dieser wunderbare Versuch, durch Zersplitterung zur Einheit zu
gelangen, ist auf die politischen Verhältnisse Bodens nicht ohne Rückwirkung ge¬
blieben. Wie in Würtemberg und Baiern, fand dieselbe zwar auch in der badischen
Bevölkerung wenig Beifall, und das einflußreichste Blatt des Landes, die "Bild.
Landeszeitnng," nahm vom ersten Augenblicke an gegen die Secession eine so ent¬
schieden feindliche Haltung um, daß sie dadurch in die Partei selbst da, wo man
noch schwankte oder dnrch den sccessionistisch-antiseccssionistischen Veitstanz eines
Frankfurter nationallibcralen Blattes ins Schwanken gerieth, eine feste Haltung
hineintrug; immerhin aber war man zweifelhaft, wie die badischen Reichstags-und
Landtagsabgeordneten sich zu den frühern politischen Freunden stellen würden,' ob¬
gleich sie in den letzten Monaten sich mehr ans Herrn v. Benuigscns als auf die
Seite der Laster, Forckenbcck, Bamberger gestellt hatten. Daher begrüßte man es
in allen liberalen Kreisen als eine erlösende That, als die "Badische Korrespondenz"


Aus Baden.

republicanischen Partei in sich vereinigt und so dazu beitragen dürste, diese Partei
in allen Hauptfragen gegenüber den bekanntlich nicht innrer zu billigenden Be¬
strebungen der Demokraten als geeinigt erscheinen zu lassen. Einen innern Zwie¬
spalt im Ministerium selbst wird aber Präsident Gnrfield dnrch Weisheit und Um¬
sicht zu vermeiden wissen.




le Verlobung, die am 12. März zwischen der Prinzessin Victoria
von Baden, der neunzehnjährigen einzigen Tochter des Großherzogs,
mit dein Kronprinzen Gustav von Schweden geschlossen wurde, nahm
das öffentliche Interesse lebhaft in Anspruch und hat in allen Schichten
des Volkes eine große und freudige Theilnahme hervorgerufen, die
sich in viefacheu und begeisterten Kundgebungen offenbarte. Denn
wie unser Hcrrscherpnar jede Gelegenheit wahrnimmt, zu weitern Kreisen in Be¬
ziehung zu treten und seine rege Theilnahme an dem Ergehen des Volkes an den
Tag zu legen, so benutzt auch dus Volk wiederum gern jede Veranlassung zu zeigen,
wie innige Bande Fürst und Volk umschließen. Dein jugendlichen schwedischen
Thronerben bringt man hier warme Sympathien entgegen. Diese wird er aber
auch über unsre engere Heimat hinaus, im ganzen deutschen Vaterlande, schon um
deswillen finden, daß er sich die künftige Gattin aus einem der nationalsten und
freisinnigsten deutschen Fürstenhcinscr gewählt hat, als dessen charakteristische Züge
nationale Gesinnung und patriotische Opferwilligkeit, tiefe und echt protestantische
Frömmigkeit, treuer und inniger Familiensinn vor allein hervorleuchten. Mau wird
hieraus die schöne Hoffnung schöpfen dürfen, daß Schweden-Norwegens Stellung
zu Deutschland künftig vielleicht mit noch größerer Entschiedenheit eine deutschfreund¬
liche werde» wird als bisher, und daß die für den Partieularstaat verwandtschaft¬
lichen Baude für das Reich zu unlöslichen politischen werden. Die Zeit ist ernst,
und der Ausblick in die Zukunft bedrohlich genug, um eine derartige Freundschaft
für uns wünschenswert!) zu machen.

Die Secession, dieser wunderbare Versuch, durch Zersplitterung zur Einheit zu
gelangen, ist auf die politischen Verhältnisse Bodens nicht ohne Rückwirkung ge¬
blieben. Wie in Würtemberg und Baiern, fand dieselbe zwar auch in der badischen
Bevölkerung wenig Beifall, und das einflußreichste Blatt des Landes, die „Bild.
Landeszeitnng," nahm vom ersten Augenblicke an gegen die Secession eine so ent¬
schieden feindliche Haltung um, daß sie dadurch in die Partei selbst da, wo man
noch schwankte oder dnrch den sccessionistisch-antiseccssionistischen Veitstanz eines
Frankfurter nationallibcralen Blattes ins Schwanken gerieth, eine feste Haltung
hineintrug; immerhin aber war man zweifelhaft, wie die badischen Reichstags-und
Landtagsabgeordneten sich zu den frühern politischen Freunden stellen würden,' ob¬
gleich sie in den letzten Monaten sich mehr ans Herrn v. Benuigscns als auf die
Seite der Laster, Forckenbcck, Bamberger gestellt hatten. Daher begrüßte man es
in allen liberalen Kreisen als eine erlösende That, als die „Badische Korrespondenz"


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[0089] Aus Baden. republicanischen Partei in sich vereinigt und so dazu beitragen dürste, diese Partei in allen Hauptfragen gegenüber den bekanntlich nicht innrer zu billigenden Be¬ strebungen der Demokraten als geeinigt erscheinen zu lassen. Einen innern Zwie¬ spalt im Ministerium selbst wird aber Präsident Gnrfield dnrch Weisheit und Um¬ sicht zu vermeiden wissen. le Verlobung, die am 12. März zwischen der Prinzessin Victoria von Baden, der neunzehnjährigen einzigen Tochter des Großherzogs, mit dein Kronprinzen Gustav von Schweden geschlossen wurde, nahm das öffentliche Interesse lebhaft in Anspruch und hat in allen Schichten des Volkes eine große und freudige Theilnahme hervorgerufen, die sich in viefacheu und begeisterten Kundgebungen offenbarte. Denn wie unser Hcrrscherpnar jede Gelegenheit wahrnimmt, zu weitern Kreisen in Be¬ ziehung zu treten und seine rege Theilnahme an dem Ergehen des Volkes an den Tag zu legen, so benutzt auch dus Volk wiederum gern jede Veranlassung zu zeigen, wie innige Bande Fürst und Volk umschließen. Dein jugendlichen schwedischen Thronerben bringt man hier warme Sympathien entgegen. Diese wird er aber auch über unsre engere Heimat hinaus, im ganzen deutschen Vaterlande, schon um deswillen finden, daß er sich die künftige Gattin aus einem der nationalsten und freisinnigsten deutschen Fürstenhcinscr gewählt hat, als dessen charakteristische Züge nationale Gesinnung und patriotische Opferwilligkeit, tiefe und echt protestantische Frömmigkeit, treuer und inniger Familiensinn vor allein hervorleuchten. Mau wird hieraus die schöne Hoffnung schöpfen dürfen, daß Schweden-Norwegens Stellung zu Deutschland künftig vielleicht mit noch größerer Entschiedenheit eine deutschfreund¬ liche werde» wird als bisher, und daß die für den Partieularstaat verwandtschaft¬ lichen Baude für das Reich zu unlöslichen politischen werden. Die Zeit ist ernst, und der Ausblick in die Zukunft bedrohlich genug, um eine derartige Freundschaft für uns wünschenswert!) zu machen. Die Secession, dieser wunderbare Versuch, durch Zersplitterung zur Einheit zu gelangen, ist auf die politischen Verhältnisse Bodens nicht ohne Rückwirkung ge¬ blieben. Wie in Würtemberg und Baiern, fand dieselbe zwar auch in der badischen Bevölkerung wenig Beifall, und das einflußreichste Blatt des Landes, die „Bild. Landeszeitnng," nahm vom ersten Augenblicke an gegen die Secession eine so ent¬ schieden feindliche Haltung um, daß sie dadurch in die Partei selbst da, wo man noch schwankte oder dnrch den sccessionistisch-antiseccssionistischen Veitstanz eines Frankfurter nationallibcralen Blattes ins Schwanken gerieth, eine feste Haltung hineintrug; immerhin aber war man zweifelhaft, wie die badischen Reichstags-und Landtagsabgeordneten sich zu den frühern politischen Freunden stellen würden,' ob¬ gleich sie in den letzten Monaten sich mehr ans Herrn v. Benuigscns als auf die Seite der Laster, Forckenbcck, Bamberger gestellt hatten. Daher begrüßte man es in allen liberalen Kreisen als eine erlösende That, als die „Badische Korrespondenz"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/89>, abgerufen am 06.05.2024.