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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Die vevlagshandlung kündigt hierdurch den Lesern an, daß die "Grenzboten in dem
bevorstehenden neuen Jahrgange, mit welchem ste in das fünfte Jahrzehnt ihres Bestehens
eintreten, insofern eine (ürweiterung und Bereicherung ihres Inhaltes erfahren werden,
als den bisherigen politischen und wissenschaftlichen Theilen derselben sich von setzt an ein
rein belletristischer anschließen wird. <Ac freut sich, zunächst einen Roman von besonders
hervorragendem Werth und Interesse in Aussicht stellen zu können, der von Ur. z des
neuen Jahrganges an zum Abdrucke gelangen wird:
BaKchen und MprsuArager
von
U. Siemann.

Vom Reichskanzler und vom Reichstage.

MM
^MzZZ^Ovoch immer ist die Unklarheit, in der sich die Kanzlerkrisis ent¬
wickelt, nicht ganz geschwunden. Noch sind, wie es scheint, end-
giltige Entschlüsse nicht gefaßt, so daß an dein Bilde der Zukunft,
welches unser letzter Brief skizzirte, nach Maßgabe der Thatsachen
sich noch das eine und das andre verändern kann. Im großen
und ganzen aber wird es sich nach dem, was man in der letzten Woche hörte,
als richtig erweisen. Inzwischen werden wie bisher allerhand Vermuthungen
und Erfindungen durch die Welt gehen, die ihre Existenz dem Bedürfniß der
Redactionen und Reporter uach dem Scheine von Wissenden und Tiefblickenden
verdanken oder wirklich gefallene Aeußerungen nach den Wünschen und Hoff¬
nungen derer, in deren Gegenwart sie fielen, interpretiren und ummodeln. Dies
gilt auch vou den Andeutungen, die der Kanzler nach liberalen Blättern wäh¬
rend des letzten parlamentarischen Diners gemacht haben soll, wenigstens zum
Theil. Prüfen wir sie nach dem, was andre Quellen der Information ergeben,
so wird etwa folgendes als richtig übrig bleiben.

Fürst Vismarck erwartet in dieser Session des Reichstages, d. h. bis Weih¬
nachten, keinen Conflict. Er wird, nachdem die Herren Reichsboten in die Ferien
gegangen sind, bald nach Ablauf der Festzeit den preußischen Landtag einberufen,
und nach dessen Schluß wird der Reichstag wieder zusammentreten, um einen
Theil der von der kaiserlichen Botschaft in Aussicht gestellten Vorlagen zu be¬
rathen. Der Kaiser hält fest an der Ueberzeugung, daß die von ihm in der
Botschaft befürworteten Reformen für die Wohlfahrt des Reiches nothwendig
sind, und daß sie deshalb durchgeführt werden müssen. Zweifelhaft erscheint
ihm nur, ob dies mit allen bald zu ermöglichen sein wird. Die Negierung theilt
diese Ansicht. Ans welchem Wege und mit welchen Mitteln sie auf ihr Ziel


Grmzlwtcn IV. 1L8I, 50


Die vevlagshandlung kündigt hierdurch den Lesern an, daß die „Grenzboten in dem
bevorstehenden neuen Jahrgange, mit welchem ste in das fünfte Jahrzehnt ihres Bestehens
eintreten, insofern eine (ürweiterung und Bereicherung ihres Inhaltes erfahren werden,
als den bisherigen politischen und wissenschaftlichen Theilen derselben sich von setzt an ein
rein belletristischer anschließen wird. <Ac freut sich, zunächst einen Roman von besonders
hervorragendem Werth und Interesse in Aussicht stellen zu können, der von Ur. z des
neuen Jahrganges an zum Abdrucke gelangen wird:
BaKchen und MprsuArager
von
U. Siemann.

Vom Reichskanzler und vom Reichstage.

MM
^MzZZ^Ovoch immer ist die Unklarheit, in der sich die Kanzlerkrisis ent¬
wickelt, nicht ganz geschwunden. Noch sind, wie es scheint, end-
giltige Entschlüsse nicht gefaßt, so daß an dein Bilde der Zukunft,
welches unser letzter Brief skizzirte, nach Maßgabe der Thatsachen
sich noch das eine und das andre verändern kann. Im großen
und ganzen aber wird es sich nach dem, was man in der letzten Woche hörte,
als richtig erweisen. Inzwischen werden wie bisher allerhand Vermuthungen
und Erfindungen durch die Welt gehen, die ihre Existenz dem Bedürfniß der
Redactionen und Reporter uach dem Scheine von Wissenden und Tiefblickenden
verdanken oder wirklich gefallene Aeußerungen nach den Wünschen und Hoff¬
nungen derer, in deren Gegenwart sie fielen, interpretiren und ummodeln. Dies
gilt auch vou den Andeutungen, die der Kanzler nach liberalen Blättern wäh¬
rend des letzten parlamentarischen Diners gemacht haben soll, wenigstens zum
Theil. Prüfen wir sie nach dem, was andre Quellen der Information ergeben,
so wird etwa folgendes als richtig übrig bleiben.

Fürst Vismarck erwartet in dieser Session des Reichstages, d. h. bis Weih¬
nachten, keinen Conflict. Er wird, nachdem die Herren Reichsboten in die Ferien
gegangen sind, bald nach Ablauf der Festzeit den preußischen Landtag einberufen,
und nach dessen Schluß wird der Reichstag wieder zusammentreten, um einen
Theil der von der kaiserlichen Botschaft in Aussicht gestellten Vorlagen zu be¬
rathen. Der Kaiser hält fest an der Ueberzeugung, daß die von ihm in der
Botschaft befürworteten Reformen für die Wohlfahrt des Reiches nothwendig
sind, und daß sie deshalb durchgeführt werden müssen. Zweifelhaft erscheint
ihm nur, ob dies mit allen bald zu ermöglichen sein wird. Die Negierung theilt
diese Ansicht. Ans welchem Wege und mit welchen Mitteln sie auf ihr Ziel


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/395>, abgerufen am 28.04.2024.