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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Aus dem englischen Parlamente.

n voriger Woche hat das englische Parlament seine Arbeiten wieder
ausgenommen, um zunächst an die Entscheidung einer Frage zu
gehen, welche alle Parteien als eine sehr bedeutungsvolle ansehen,
und welche das Unterhaus voraussichtlich bis gegen Weihnachten
beschäftigen wird. Sie betrifft die Geschäftsordnung dieses Hnnses
und ist insofern von hoher Wichtigkeit für das parlamentarische Leben Englands
und von Interesse auch für uns, als es sich bei ihr darum handelt, ob die her¬
kömmliche nahezu unbegrenzte Redefreiheit der Abgeordneten beschränkt werden
soll, und der Vorschlag solcher Beschränkung von einem liberalen Ministerium
ausgeht. Was wir meinen, sind die von Gladstone eingebrachten und vom
Unterhause bis zum Mai dieses Jahres erörterten "neuen Regeln des Verfahrens"
(no>v mi68 ok xrootZÄurk) bei der Behandlung der parlamentarischen Geschäfte
und namentlich die erste derselben, welche die Einführung dessen empfiehlt, was
man in Frankreich olöwrv und bei uns Schluß der Debatte nennt. Diese Ma߬
regel war bisher in England ungebräuchlich, vielmehr starb die Debatte hier,
^zusagen, eines natürlichen Todes, d. h. man hörte eben aus zu reden, wenn
Ulan nicht mehr dazu geneigt war, man durfte mit oder ohne Grazie ius Un¬
endlich^ weitersprechen, wenn es einer Partei oder einem einzelnen Mitgliede
beliebte.

Visher verlangte die auf Herkommen beruhende, vom Sprecher gehandhabte
Geschäftsordnung ungefähr folgendes: Der Abgeordnete redet bei der Debatte
^ beiläufig von seinem Platze aus, stehend und den Hut auf dem Kopfe --
zum Sprecher, also uicht zum Hause oder zu einer Partei in demselben. Dies
uuiß nach Verlesung des betreffenden Antrages und vor der Fragestellung, mit
der die Abstimmung beginnt, geschehen; doch kommt es vor, daß man aus Un-


Grenzbvti'n IV. 18W. 3!Z


Aus dem englischen Parlamente.

n voriger Woche hat das englische Parlament seine Arbeiten wieder
ausgenommen, um zunächst an die Entscheidung einer Frage zu
gehen, welche alle Parteien als eine sehr bedeutungsvolle ansehen,
und welche das Unterhaus voraussichtlich bis gegen Weihnachten
beschäftigen wird. Sie betrifft die Geschäftsordnung dieses Hnnses
und ist insofern von hoher Wichtigkeit für das parlamentarische Leben Englands
und von Interesse auch für uns, als es sich bei ihr darum handelt, ob die her¬
kömmliche nahezu unbegrenzte Redefreiheit der Abgeordneten beschränkt werden
soll, und der Vorschlag solcher Beschränkung von einem liberalen Ministerium
ausgeht. Was wir meinen, sind die von Gladstone eingebrachten und vom
Unterhause bis zum Mai dieses Jahres erörterten „neuen Regeln des Verfahrens"
(no>v mi68 ok xrootZÄurk) bei der Behandlung der parlamentarischen Geschäfte
und namentlich die erste derselben, welche die Einführung dessen empfiehlt, was
man in Frankreich olöwrv und bei uns Schluß der Debatte nennt. Diese Ma߬
regel war bisher in England ungebräuchlich, vielmehr starb die Debatte hier,
^zusagen, eines natürlichen Todes, d. h. man hörte eben aus zu reden, wenn
Ulan nicht mehr dazu geneigt war, man durfte mit oder ohne Grazie ius Un¬
endlich^ weitersprechen, wenn es einer Partei oder einem einzelnen Mitgliede
beliebte.

Visher verlangte die auf Herkommen beruhende, vom Sprecher gehandhabte
Geschäftsordnung ungefähr folgendes: Der Abgeordnete redet bei der Debatte
^ beiläufig von seinem Platze aus, stehend und den Hut auf dem Kopfe —
zum Sprecher, also uicht zum Hause oder zu einer Partei in demselben. Dies
uuiß nach Verlesung des betreffenden Antrages und vor der Fragestellung, mit
der die Abstimmung beginnt, geschehen; doch kommt es vor, daß man aus Un-


Grenzbvti'n IV. 18W. 3!Z
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[0261] [Abbildung] Aus dem englischen Parlamente. n voriger Woche hat das englische Parlament seine Arbeiten wieder ausgenommen, um zunächst an die Entscheidung einer Frage zu gehen, welche alle Parteien als eine sehr bedeutungsvolle ansehen, und welche das Unterhaus voraussichtlich bis gegen Weihnachten beschäftigen wird. Sie betrifft die Geschäftsordnung dieses Hnnses und ist insofern von hoher Wichtigkeit für das parlamentarische Leben Englands und von Interesse auch für uns, als es sich bei ihr darum handelt, ob die her¬ kömmliche nahezu unbegrenzte Redefreiheit der Abgeordneten beschränkt werden soll, und der Vorschlag solcher Beschränkung von einem liberalen Ministerium ausgeht. Was wir meinen, sind die von Gladstone eingebrachten und vom Unterhause bis zum Mai dieses Jahres erörterten „neuen Regeln des Verfahrens" (no>v mi68 ok xrootZÄurk) bei der Behandlung der parlamentarischen Geschäfte und namentlich die erste derselben, welche die Einführung dessen empfiehlt, was man in Frankreich olöwrv und bei uns Schluß der Debatte nennt. Diese Ma߬ regel war bisher in England ungebräuchlich, vielmehr starb die Debatte hier, ^zusagen, eines natürlichen Todes, d. h. man hörte eben aus zu reden, wenn Ulan nicht mehr dazu geneigt war, man durfte mit oder ohne Grazie ius Un¬ endlich^ weitersprechen, wenn es einer Partei oder einem einzelnen Mitgliede beliebte. Visher verlangte die auf Herkommen beruhende, vom Sprecher gehandhabte Geschäftsordnung ungefähr folgendes: Der Abgeordnete redet bei der Debatte ^ beiläufig von seinem Platze aus, stehend und den Hut auf dem Kopfe — zum Sprecher, also uicht zum Hause oder zu einer Partei in demselben. Dies uuiß nach Verlesung des betreffenden Antrages und vor der Fragestellung, mit der die Abstimmung beginnt, geschehen; doch kommt es vor, daß man aus Un- Grenzbvti'n IV. 18W. 3!Z

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/261>, abgerufen am 06.05.2024.