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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Entwicklung des Landes und zur gedeihlichen Entscheidung der auf der Tages¬
ordnung stehenden Fragen ein fester Mittelpunkt bilde. Die Gnmbettasche Clique
mit ihrer Streberci würde dagegen nicht viel vermögen, im Gegenteil mit der
Zeit immermehr Boden verlieren. Wünschen wir das unsern westlichen Nachbarn;
wir wünschen es damit auch uns, denn nur werden dann an ihnen mich gute
Nachbarn haben.




Die Erziehung der deutschen Jugend zur Nahrhaftigkeit.

le größte politische und militärische Niederlage, welche Frankreich
je erlitten, hat im ganzen Lande ein Gefühl ungebändigte" Hasses
gegen die glücklichen Sieger hervorgerufen, der dnrch das ver¬
flossene Dezennium kaum abgekühlt ist. Man möge den vielleicht
""parlamentarischen Ausdruck verzeihen, der aber doch die Thät¬
liche nur korrekt bezeichnet, wie sich aus allen Maßnahmen der Regierung lind
ans dem Verhalten eines großen Teiles der Presse zur Genüge ersehen läßt.
Wie jln Jahre 1866 der unglückliche Schulmeister vou Sadvwa die kriegerischen
Erfolge der Preußen zu verantworten hatte, so sollte es 1870 lediglich die
allgemeine Wehrpflicht und die Organisation der deutschen Heere sein, welche
ehren deu Sieg verschafft hatten. Gewiß kann der Deutsche stolz sein anf die
Errungenschaft der allgemeinen Wehrpflicht, welche die Verteidigung des Vater¬
landes in die Hände der besten seiner Bürger gelegt und den sittlichen Stand
der Armee damit weit über das Niveau der frühern Söldnerheere erhoben hat,
^vie er auch mit Genugthuung auf die innere Gliederung des Heeres blickt,
dessen gewaltig massiver und dabei doch leicht lenkbarer und beweglicher Ban
seine Probe ans blutigem Blachfeld mit Ehre bestanden hat. Wir verdenken
^ deshalb mich unsern westlichen Nachbarn nicht, wenn sie in dem Bestreben,
^es für die unausbleibliche Revanche würdig vorzubereiten, die Einrichtungen
des deutschen Heeres von der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht bis zur Ein-
^llung in schon während des Friedens bestehende gleich starke Kadres und einer
großen Zahl andrer mehr oder weniger bedeutungsvollen Bestimmungen in der
noch immer nicht vollendeten Heeresorganisation ünßerlich vollkommen nachge¬
bildet haben. Möge man aber im eigenen Interesse jenseits des Rheines nie¬
mals vergessen, daß die allgemeine Wehrpflicht erst Leben nud Wirksamkeit
erhalt dnrch den Geist des Volkes, von dem sie getragen wird, und daß eine
Armee nicht allein durch die geschickte Art ihrer Gliederung zu Thaten hinge¬
gen und begeistert wird, sondern daß erst der durch angestrengte und sorgsame


Entwicklung des Landes und zur gedeihlichen Entscheidung der auf der Tages¬
ordnung stehenden Fragen ein fester Mittelpunkt bilde. Die Gnmbettasche Clique
mit ihrer Streberci würde dagegen nicht viel vermögen, im Gegenteil mit der
Zeit immermehr Boden verlieren. Wünschen wir das unsern westlichen Nachbarn;
wir wünschen es damit auch uns, denn nur werden dann an ihnen mich gute
Nachbarn haben.




Die Erziehung der deutschen Jugend zur Nahrhaftigkeit.

le größte politische und militärische Niederlage, welche Frankreich
je erlitten, hat im ganzen Lande ein Gefühl ungebändigte» Hasses
gegen die glücklichen Sieger hervorgerufen, der dnrch das ver¬
flossene Dezennium kaum abgekühlt ist. Man möge den vielleicht
»»parlamentarischen Ausdruck verzeihen, der aber doch die Thät¬
liche nur korrekt bezeichnet, wie sich aus allen Maßnahmen der Regierung lind
ans dem Verhalten eines großen Teiles der Presse zur Genüge ersehen läßt.
Wie jln Jahre 1866 der unglückliche Schulmeister vou Sadvwa die kriegerischen
Erfolge der Preußen zu verantworten hatte, so sollte es 1870 lediglich die
allgemeine Wehrpflicht und die Organisation der deutschen Heere sein, welche
ehren deu Sieg verschafft hatten. Gewiß kann der Deutsche stolz sein anf die
Errungenschaft der allgemeinen Wehrpflicht, welche die Verteidigung des Vater¬
landes in die Hände der besten seiner Bürger gelegt und den sittlichen Stand
der Armee damit weit über das Niveau der frühern Söldnerheere erhoben hat,
^vie er auch mit Genugthuung auf die innere Gliederung des Heeres blickt,
dessen gewaltig massiver und dabei doch leicht lenkbarer und beweglicher Ban
seine Probe ans blutigem Blachfeld mit Ehre bestanden hat. Wir verdenken
^ deshalb mich unsern westlichen Nachbarn nicht, wenn sie in dem Bestreben,
^es für die unausbleibliche Revanche würdig vorzubereiten, die Einrichtungen
des deutschen Heeres von der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht bis zur Ein-
^llung in schon während des Friedens bestehende gleich starke Kadres und einer
großen Zahl andrer mehr oder weniger bedeutungsvollen Bestimmungen in der
noch immer nicht vollendeten Heeresorganisation ünßerlich vollkommen nachge¬
bildet haben. Möge man aber im eigenen Interesse jenseits des Rheines nie¬
mals vergessen, daß die allgemeine Wehrpflicht erst Leben nud Wirksamkeit
erhalt dnrch den Geist des Volkes, von dem sie getragen wird, und daß eine
Armee nicht allein durch die geschickte Art ihrer Gliederung zu Thaten hinge¬
gen und begeistert wird, sondern daß erst der durch angestrengte und sorgsame


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[0067] Entwicklung des Landes und zur gedeihlichen Entscheidung der auf der Tages¬ ordnung stehenden Fragen ein fester Mittelpunkt bilde. Die Gnmbettasche Clique mit ihrer Streberci würde dagegen nicht viel vermögen, im Gegenteil mit der Zeit immermehr Boden verlieren. Wünschen wir das unsern westlichen Nachbarn; wir wünschen es damit auch uns, denn nur werden dann an ihnen mich gute Nachbarn haben. Die Erziehung der deutschen Jugend zur Nahrhaftigkeit. le größte politische und militärische Niederlage, welche Frankreich je erlitten, hat im ganzen Lande ein Gefühl ungebändigte» Hasses gegen die glücklichen Sieger hervorgerufen, der dnrch das ver¬ flossene Dezennium kaum abgekühlt ist. Man möge den vielleicht »»parlamentarischen Ausdruck verzeihen, der aber doch die Thät¬ liche nur korrekt bezeichnet, wie sich aus allen Maßnahmen der Regierung lind ans dem Verhalten eines großen Teiles der Presse zur Genüge ersehen läßt. Wie jln Jahre 1866 der unglückliche Schulmeister vou Sadvwa die kriegerischen Erfolge der Preußen zu verantworten hatte, so sollte es 1870 lediglich die allgemeine Wehrpflicht und die Organisation der deutschen Heere sein, welche ehren deu Sieg verschafft hatten. Gewiß kann der Deutsche stolz sein anf die Errungenschaft der allgemeinen Wehrpflicht, welche die Verteidigung des Vater¬ landes in die Hände der besten seiner Bürger gelegt und den sittlichen Stand der Armee damit weit über das Niveau der frühern Söldnerheere erhoben hat, ^vie er auch mit Genugthuung auf die innere Gliederung des Heeres blickt, dessen gewaltig massiver und dabei doch leicht lenkbarer und beweglicher Ban seine Probe ans blutigem Blachfeld mit Ehre bestanden hat. Wir verdenken ^ deshalb mich unsern westlichen Nachbarn nicht, wenn sie in dem Bestreben, ^es für die unausbleibliche Revanche würdig vorzubereiten, die Einrichtungen des deutschen Heeres von der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht bis zur Ein- ^llung in schon während des Friedens bestehende gleich starke Kadres und einer großen Zahl andrer mehr oder weniger bedeutungsvollen Bestimmungen in der noch immer nicht vollendeten Heeresorganisation ünßerlich vollkommen nachge¬ bildet haben. Möge man aber im eigenen Interesse jenseits des Rheines nie¬ mals vergessen, daß die allgemeine Wehrpflicht erst Leben nud Wirksamkeit erhalt dnrch den Geist des Volkes, von dem sie getragen wird, und daß eine Armee nicht allein durch die geschickte Art ihrer Gliederung zu Thaten hinge¬ gen und begeistert wird, sondern daß erst der durch angestrengte und sorgsame

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/67>, abgerufen am 06.05.2024.