Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite


Aus den Thüringer Manövertagen.

or mir liegt die neueste Nummer der Leipziger Jllustrirten Zei¬
tung, Sie bringt das Bild eines Kavallerieregiments aus den
Manövertagen zu Pettstedt, gezeichnet von Lüders in seiner be¬
kannten steifbeinigen, stereotypen Manier und so gehalten, daß
der Vorgang überall zwischen Eydtkuhnen und Wesel der gleiche
hätte sein können. Denn ein Kürassierregiment reitet, hat einen Obersten und
muß manchmal auch Gräben überschreiten. Wenn ich das Gegenteil nicht genau
wüßte, würde ich sast vermuten, daß Herr Lüders garnicht zugegen gewesen sei.
Und doch boten jene Manövertage eine Fülle von interessanten Situationen, die
sich sehr wohl sür bildliche Darstellung geeignet hätten. Die artistische Bericht¬
erstattung ist offenbar etwas petrefakt geworden. Ich sah wiederholt einen
Photographenwagen, das heißt einen Jagdwagen mit einem eisernen Gestelle,
an dem das Objektiv befestigt war. Man nahm zahlreiche Augenblicksbilder auf.
Ich bin begierig zu erfahren, was daraus geworden ist, sollte aber meinen, daß
sich der zeichnende Künstler nicht auf gleichen Standpunkt stellen, sondern das
zeichnen sollte, was für das Manövergesamtbild charakteristisch ist, wenn er anch
Panoramenformat wählen müßte.

Die gleichen Mängel müssen aber auch bei der literarischen Berichterstattung
konstatirt werden. Was liest man andres als den Abdruck der militärischen
General- und Spezialideen und einige unverständliche Details? Nach meinem
Laienverstande gehört dergleichen in die Fachzeitungen, aber nicht in die Tages¬
presse. Dagegen sollte größere Sorgfalt verwendet werden auf die Schilderung
des Terrains und der militärischen Vorgänge. Die dürftigen Ortsbestimmungen,
die Namen der Dörfer sollten wenigstens richtig sein; es dürfte nicht vorkommen,
daß am Anfange die ganze Ordre de Bataille abgedruckt wird und später Re-


Grmzbotcn IV. 1833. 28


Aus den Thüringer Manövertagen.

or mir liegt die neueste Nummer der Leipziger Jllustrirten Zei¬
tung, Sie bringt das Bild eines Kavallerieregiments aus den
Manövertagen zu Pettstedt, gezeichnet von Lüders in seiner be¬
kannten steifbeinigen, stereotypen Manier und so gehalten, daß
der Vorgang überall zwischen Eydtkuhnen und Wesel der gleiche
hätte sein können. Denn ein Kürassierregiment reitet, hat einen Obersten und
muß manchmal auch Gräben überschreiten. Wenn ich das Gegenteil nicht genau
wüßte, würde ich sast vermuten, daß Herr Lüders garnicht zugegen gewesen sei.
Und doch boten jene Manövertage eine Fülle von interessanten Situationen, die
sich sehr wohl sür bildliche Darstellung geeignet hätten. Die artistische Bericht¬
erstattung ist offenbar etwas petrefakt geworden. Ich sah wiederholt einen
Photographenwagen, das heißt einen Jagdwagen mit einem eisernen Gestelle,
an dem das Objektiv befestigt war. Man nahm zahlreiche Augenblicksbilder auf.
Ich bin begierig zu erfahren, was daraus geworden ist, sollte aber meinen, daß
sich der zeichnende Künstler nicht auf gleichen Standpunkt stellen, sondern das
zeichnen sollte, was für das Manövergesamtbild charakteristisch ist, wenn er anch
Panoramenformat wählen müßte.

Die gleichen Mängel müssen aber auch bei der literarischen Berichterstattung
konstatirt werden. Was liest man andres als den Abdruck der militärischen
General- und Spezialideen und einige unverständliche Details? Nach meinem
Laienverstande gehört dergleichen in die Fachzeitungen, aber nicht in die Tages¬
presse. Dagegen sollte größere Sorgfalt verwendet werden auf die Schilderung
des Terrains und der militärischen Vorgänge. Die dürftigen Ortsbestimmungen,
die Namen der Dörfer sollten wenigstens richtig sein; es dürfte nicht vorkommen,
daß am Anfange die ganze Ordre de Bataille abgedruckt wird und später Re-


Grmzbotcn IV. 1833. 28
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0227" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/154392"/>
            <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341837_154164/figures/grenzboten_341837_154164_154392_000.jpg"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Aus den Thüringer Manövertagen.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_630"> or mir liegt die neueste Nummer der Leipziger Jllustrirten Zei¬<lb/>
tung, Sie bringt das Bild eines Kavallerieregiments aus den<lb/>
Manövertagen zu Pettstedt, gezeichnet von Lüders in seiner be¬<lb/>
kannten steifbeinigen, stereotypen Manier und so gehalten, daß<lb/>
der Vorgang überall zwischen Eydtkuhnen und Wesel der gleiche<lb/>
hätte sein können. Denn ein Kürassierregiment reitet, hat einen Obersten und<lb/>
muß manchmal auch Gräben überschreiten. Wenn ich das Gegenteil nicht genau<lb/>
wüßte, würde ich sast vermuten, daß Herr Lüders garnicht zugegen gewesen sei.<lb/>
Und doch boten jene Manövertage eine Fülle von interessanten Situationen, die<lb/>
sich sehr wohl sür bildliche Darstellung geeignet hätten. Die artistische Bericht¬<lb/>
erstattung ist offenbar etwas petrefakt geworden. Ich sah wiederholt einen<lb/>
Photographenwagen, das heißt einen Jagdwagen mit einem eisernen Gestelle,<lb/>
an dem das Objektiv befestigt war. Man nahm zahlreiche Augenblicksbilder auf.<lb/>
Ich bin begierig zu erfahren, was daraus geworden ist, sollte aber meinen, daß<lb/>
sich der zeichnende Künstler nicht auf gleichen Standpunkt stellen, sondern das<lb/>
zeichnen sollte, was für das Manövergesamtbild charakteristisch ist, wenn er anch<lb/>
Panoramenformat wählen müßte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_631" next="#ID_632"> Die gleichen Mängel müssen aber auch bei der literarischen Berichterstattung<lb/>
konstatirt werden. Was liest man andres als den Abdruck der militärischen<lb/>
General- und Spezialideen und einige unverständliche Details? Nach meinem<lb/>
Laienverstande gehört dergleichen in die Fachzeitungen, aber nicht in die Tages¬<lb/>
presse. Dagegen sollte größere Sorgfalt verwendet werden auf die Schilderung<lb/>
des Terrains und der militärischen Vorgänge. Die dürftigen Ortsbestimmungen,<lb/>
die Namen der Dörfer sollten wenigstens richtig sein; es dürfte nicht vorkommen,<lb/>
daß am Anfange die ganze Ordre de Bataille abgedruckt wird und später Re-</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grmzbotcn IV. 1833. 28</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0227] [Abbildung] Aus den Thüringer Manövertagen. or mir liegt die neueste Nummer der Leipziger Jllustrirten Zei¬ tung, Sie bringt das Bild eines Kavallerieregiments aus den Manövertagen zu Pettstedt, gezeichnet von Lüders in seiner be¬ kannten steifbeinigen, stereotypen Manier und so gehalten, daß der Vorgang überall zwischen Eydtkuhnen und Wesel der gleiche hätte sein können. Denn ein Kürassierregiment reitet, hat einen Obersten und muß manchmal auch Gräben überschreiten. Wenn ich das Gegenteil nicht genau wüßte, würde ich sast vermuten, daß Herr Lüders garnicht zugegen gewesen sei. Und doch boten jene Manövertage eine Fülle von interessanten Situationen, die sich sehr wohl sür bildliche Darstellung geeignet hätten. Die artistische Bericht¬ erstattung ist offenbar etwas petrefakt geworden. Ich sah wiederholt einen Photographenwagen, das heißt einen Jagdwagen mit einem eisernen Gestelle, an dem das Objektiv befestigt war. Man nahm zahlreiche Augenblicksbilder auf. Ich bin begierig zu erfahren, was daraus geworden ist, sollte aber meinen, daß sich der zeichnende Künstler nicht auf gleichen Standpunkt stellen, sondern das zeichnen sollte, was für das Manövergesamtbild charakteristisch ist, wenn er anch Panoramenformat wählen müßte. Die gleichen Mängel müssen aber auch bei der literarischen Berichterstattung konstatirt werden. Was liest man andres als den Abdruck der militärischen General- und Spezialideen und einige unverständliche Details? Nach meinem Laienverstande gehört dergleichen in die Fachzeitungen, aber nicht in die Tages¬ presse. Dagegen sollte größere Sorgfalt verwendet werden auf die Schilderung des Terrains und der militärischen Vorgänge. Die dürftigen Ortsbestimmungen, die Namen der Dörfer sollten wenigstens richtig sein; es dürfte nicht vorkommen, daß am Anfange die ganze Ordre de Bataille abgedruckt wird und später Re- Grmzbotcn IV. 1833. 28

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/227
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/227>, abgerufen am 03.05.2024.