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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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Der Verfassungskonflikt in Norwegen.

in 27. Februar dieses Jahres hat das Reichsgericht zu Christiania
ein Urteil verkündet, das von der demokratischen Presse Deutsch¬
lands ebenso einstimmig mit Jubel begrüßt wird, wie es die
Organe der konservativen und gemäßigten Parteien verurteilen.
Das Urteil des Reichsgerichts lautet: "Der Staatsminister
seiner soll sein Amt als Staatsminister und Mitglied des königlichen Rates
verwirkt haben. An Prozcßtosten hat derselbe 18225^ Kronen zu bezahlen,
wovon 15000 Kronen für die drei Ankläger bestimmt sind." Dieses Urteil
wurde gegen ihn gefällt, weil er dem Könige geraten hatte, 1. den Beschluß
des Storthings vom I ^. März 1880 über den Zutritt der Staatsräte zu den
Verhandlungen des Storthings nicht zu genehmigen und in Kraft treten zu
lassen; 2. den Beschluß des Storthings vom 14. Juni 1882 über eine Be¬
willigung für die Volksbewaffnungsvereine und den Zentralverein für die Ver¬
breitung von Körperübungen und Waffengebrauch nicht zu vollziehen; 3. teil¬
weise den Beschluß des Storthings vom 16. und 17. Juni 1832 betreffend das
Gehaltsregulativ für die Anordnung einer Zentralverwaltung für die in Betrieb
befindlichen Eisenbahnen anzunehmen (d. h. die Aufnahme zweier vom Storthing
gewählten Mitglieder in die zentrale Eisenbahnadministration zu verweigern).
Den Hauptpunkt des Urteils bildet der unter Nummer 1 aufgeführte Ent¬
scheidungsgrund, mit welchem dem Könige das absolute Veto in Fragen des
Grundgesetzes und, rechtlich verstanden, jedes Veto abgesprochen ist, und es soll
nun erörtert werden, was von dem Urteile des norwegischen Reichsgerichts in
dieser Beziehung und damit von dem ganzen Urteile zu halten ist. Die nähern
thatsächlichen Grundlagen bietet ein im sechsten Bande der kritischen Viertel-


Grmzbotcn I. 1884, 80


Der Verfassungskonflikt in Norwegen.

in 27. Februar dieses Jahres hat das Reichsgericht zu Christiania
ein Urteil verkündet, das von der demokratischen Presse Deutsch¬
lands ebenso einstimmig mit Jubel begrüßt wird, wie es die
Organe der konservativen und gemäßigten Parteien verurteilen.
Das Urteil des Reichsgerichts lautet: „Der Staatsminister
seiner soll sein Amt als Staatsminister und Mitglied des königlichen Rates
verwirkt haben. An Prozcßtosten hat derselbe 18225^ Kronen zu bezahlen,
wovon 15000 Kronen für die drei Ankläger bestimmt sind." Dieses Urteil
wurde gegen ihn gefällt, weil er dem Könige geraten hatte, 1. den Beschluß
des Storthings vom I ^. März 1880 über den Zutritt der Staatsräte zu den
Verhandlungen des Storthings nicht zu genehmigen und in Kraft treten zu
lassen; 2. den Beschluß des Storthings vom 14. Juni 1882 über eine Be¬
willigung für die Volksbewaffnungsvereine und den Zentralverein für die Ver¬
breitung von Körperübungen und Waffengebrauch nicht zu vollziehen; 3. teil¬
weise den Beschluß des Storthings vom 16. und 17. Juni 1832 betreffend das
Gehaltsregulativ für die Anordnung einer Zentralverwaltung für die in Betrieb
befindlichen Eisenbahnen anzunehmen (d. h. die Aufnahme zweier vom Storthing
gewählten Mitglieder in die zentrale Eisenbahnadministration zu verweigern).
Den Hauptpunkt des Urteils bildet der unter Nummer 1 aufgeführte Ent¬
scheidungsgrund, mit welchem dem Könige das absolute Veto in Fragen des
Grundgesetzes und, rechtlich verstanden, jedes Veto abgesprochen ist, und es soll
nun erörtert werden, was von dem Urteile des norwegischen Reichsgerichts in
dieser Beziehung und damit von dem ganzen Urteile zu halten ist. Die nähern
thatsächlichen Grundlagen bietet ein im sechsten Bande der kritischen Viertel-


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[0643] [Abbildung] Der Verfassungskonflikt in Norwegen. in 27. Februar dieses Jahres hat das Reichsgericht zu Christiania ein Urteil verkündet, das von der demokratischen Presse Deutsch¬ lands ebenso einstimmig mit Jubel begrüßt wird, wie es die Organe der konservativen und gemäßigten Parteien verurteilen. Das Urteil des Reichsgerichts lautet: „Der Staatsminister seiner soll sein Amt als Staatsminister und Mitglied des königlichen Rates verwirkt haben. An Prozcßtosten hat derselbe 18225^ Kronen zu bezahlen, wovon 15000 Kronen für die drei Ankläger bestimmt sind." Dieses Urteil wurde gegen ihn gefällt, weil er dem Könige geraten hatte, 1. den Beschluß des Storthings vom I ^. März 1880 über den Zutritt der Staatsräte zu den Verhandlungen des Storthings nicht zu genehmigen und in Kraft treten zu lassen; 2. den Beschluß des Storthings vom 14. Juni 1882 über eine Be¬ willigung für die Volksbewaffnungsvereine und den Zentralverein für die Ver¬ breitung von Körperübungen und Waffengebrauch nicht zu vollziehen; 3. teil¬ weise den Beschluß des Storthings vom 16. und 17. Juni 1832 betreffend das Gehaltsregulativ für die Anordnung einer Zentralverwaltung für die in Betrieb befindlichen Eisenbahnen anzunehmen (d. h. die Aufnahme zweier vom Storthing gewählten Mitglieder in die zentrale Eisenbahnadministration zu verweigern). Den Hauptpunkt des Urteils bildet der unter Nummer 1 aufgeführte Ent¬ scheidungsgrund, mit welchem dem Könige das absolute Veto in Fragen des Grundgesetzes und, rechtlich verstanden, jedes Veto abgesprochen ist, und es soll nun erörtert werden, was von dem Urteile des norwegischen Reichsgerichts in dieser Beziehung und damit von dem ganzen Urteile zu halten ist. Die nähern thatsächlichen Grundlagen bietet ein im sechsten Bande der kritischen Viertel- Grmzbotcn I. 1884, 80

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/643>, abgerufen am 04.05.2024.