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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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<An< Anarchistenthat,

sind." Der letzte Schluß läßt an Beweiskraft zu wünschen übrig, und die
Boerenrepublik im Betschuanenlcmde ist ziemlich weit von hier.

Nachschrift. Soeben teilt man uns noch mit, daß die englische Regierung
wiederholt und zwar vor kurzer Zeit im Parlament erklärt hat, daß sie ein
Protektorat über das Zululand nicht übernehmen könne, man müsse es ent¬
weder annektiren, was mit zu großen Schwierigkeiten und Verantwortlichkeiten
verbunden sei, oder die Hand ganz davon lassen. Damit wird erklärlich, daß
Warrens Expedition nur gegen die Boers im Betschuanenlcmde, nicht aber gegen
die Zulus oder deren Verbündete, die dortigen Boers, gerichtet ist, und die
von Bulwer an der Lucia-Bucht aufgepflanzte Flagge kann in der That nur
voreilige Eigenmächtigkeit eines Unterbeamten sein, welcher keine Bestätigung
durch die Reichsregierung folgen wird.




Eine Anarchistenthat.

in 13. Januar dieses Jahres abends gegen acht Uhr wurde zu
Frankfurt a. M. der Polizeirat Dr. Rumpfs vor seiner Wohnung
in den letzten Zügen liegend aufgefunden; ein Wort zu sprechen
war er nicht mehr imstande. Der Tod war herbeigeführt worden
durch einen mit großer Gewalt beigebrachten, die sämtlichen Klei¬
dungsstücke des Getöteten durchdringenden, das Herz durchbohrenden Stich mit
einem langen, dreikantigen Stilet. Die That war so rasch und sicher vollführt worden,
daß kein Laut des Angefallenen vernommen worden ist. I)r. Rumpfs war einer
der höheren Polizeibecnnteu, welche sich durch Aufspürung und Entdeckung von
Verbrechen auszeichneten, und war allgemeiner bekannt geworden durch die vom 10.
bis zum 20. Oktober 1881 vor dem Reichsgerichte zu Leipzig angestellte Verhand¬
lung des Hochverratsprozesses gegen fünfzehn Sozialdemokraten Mostscher Rich¬
tung. Bei diesem Prozesse hatte namentlich Dr. Rumpfs sich das Verdienst
erworben, die anarchistischen Verbindungen aufzudecken, welche damals zur Ab¬
urteilung kamen; er hatte zu diesem Zwecke einen gewissen Horsch benutzt, welcher
sich den betreffenden Anarchisten genähert und ihre Pläne ausgekundschaftet hatte.
Dieser in dem damaligen Prozesse als Zeuge vernommene Horsch starb nicht
lange nach der Beendigung des Prozesses; Polizeirat or. Rumpfs hatte wegen
der von ihm entfalteten Thätigkeit seit jener Zeit verschiedne Drohungen erhalten
und war nicht mehr im Zweifel darüber, daß er jeden Augenblick eines Atten¬
tats sich zu gewärtigen habe. Nimmt man hinzu, daß auch in dem neuer


<An< Anarchistenthat,

sind." Der letzte Schluß läßt an Beweiskraft zu wünschen übrig, und die
Boerenrepublik im Betschuanenlcmde ist ziemlich weit von hier.

Nachschrift. Soeben teilt man uns noch mit, daß die englische Regierung
wiederholt und zwar vor kurzer Zeit im Parlament erklärt hat, daß sie ein
Protektorat über das Zululand nicht übernehmen könne, man müsse es ent¬
weder annektiren, was mit zu großen Schwierigkeiten und Verantwortlichkeiten
verbunden sei, oder die Hand ganz davon lassen. Damit wird erklärlich, daß
Warrens Expedition nur gegen die Boers im Betschuanenlcmde, nicht aber gegen
die Zulus oder deren Verbündete, die dortigen Boers, gerichtet ist, und die
von Bulwer an der Lucia-Bucht aufgepflanzte Flagge kann in der That nur
voreilige Eigenmächtigkeit eines Unterbeamten sein, welcher keine Bestätigung
durch die Reichsregierung folgen wird.




Eine Anarchistenthat.

in 13. Januar dieses Jahres abends gegen acht Uhr wurde zu
Frankfurt a. M. der Polizeirat Dr. Rumpfs vor seiner Wohnung
in den letzten Zügen liegend aufgefunden; ein Wort zu sprechen
war er nicht mehr imstande. Der Tod war herbeigeführt worden
durch einen mit großer Gewalt beigebrachten, die sämtlichen Klei¬
dungsstücke des Getöteten durchdringenden, das Herz durchbohrenden Stich mit
einem langen, dreikantigen Stilet. Die That war so rasch und sicher vollführt worden,
daß kein Laut des Angefallenen vernommen worden ist. I)r. Rumpfs war einer
der höheren Polizeibecnnteu, welche sich durch Aufspürung und Entdeckung von
Verbrechen auszeichneten, und war allgemeiner bekannt geworden durch die vom 10.
bis zum 20. Oktober 1881 vor dem Reichsgerichte zu Leipzig angestellte Verhand¬
lung des Hochverratsprozesses gegen fünfzehn Sozialdemokraten Mostscher Rich¬
tung. Bei diesem Prozesse hatte namentlich Dr. Rumpfs sich das Verdienst
erworben, die anarchistischen Verbindungen aufzudecken, welche damals zur Ab¬
urteilung kamen; er hatte zu diesem Zwecke einen gewissen Horsch benutzt, welcher
sich den betreffenden Anarchisten genähert und ihre Pläne ausgekundschaftet hatte.
Dieser in dem damaligen Prozesse als Zeuge vernommene Horsch starb nicht
lange nach der Beendigung des Prozesses; Polizeirat or. Rumpfs hatte wegen
der von ihm entfalteten Thätigkeit seit jener Zeit verschiedne Drohungen erhalten
und war nicht mehr im Zweifel darüber, daß er jeden Augenblick eines Atten¬
tats sich zu gewärtigen habe. Nimmt man hinzu, daß auch in dem neuer


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/182>, abgerufen am 30.04.2024.