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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Die Lucia-Bucht.

Maße zugesprochene! Protektorat der Boeren über Zululand als zu Recht
bestehend anerkannt. Besteht dieses Protektorat nach der Meinung der deutschen
Regierung zu Recht, so folgt daraus naturgemäß, daß für sie. wie für jeden,
welcher derselben Auffassung ist, eine einseitig von England vorgenommene
Prvllamiruug seiner Svnverünctät über Teile des Zululandes sin unserm Falle
der Sanct Lucia-Bucht samt Zubehörs nicht rechtsgiltig ist; um letzteres zu sein,
bedürfte sie zuvor der Einwilligung des Protektors "der des andern Protektors^,
nach der Darstellung des offiziösen deutschen Organs also eben der Bvern,
welche allem Anscheine nach vor einem bewaffneten Konflikte mit England stehen."

Wir machen keinen weiteren Versuch, das Dunkel aufzuhellen, in welches
sich die Angelegenheit trotz der bevorstehenden Betrachtungen noch hüllt, sondern
vertrauen einfach dem vielbewährten Geschicke des Reichskanzlers, Knoten zu
schürzen und zu lösen; er wird auch hier die rechten Mittel zur Förderung
und Wahrung des Interesses der Nation gefunden haben und, wenn nötig,
weiter finden. Daß es dabei zu einem Konflikte ernster Art zwischen Deutschland
und England kommen könne oder gar müsse, halten wir für eine grundlose
Befürchtung, die sich bald in nichts auflösen wird.

Zum Schlüsse noch die Bemerkung, daß die Sache im Laufe des Januar
verschiedene seltene und auffallende Besuche, außer Lüderitz anch den Minister
König Dinizulus, den Kommandanten Adolf Schiel, und Herrn EinWald, einen der
Vermittler des Ankaufs der Lucia-Bucht, nach Berlin geführt hat, und daß sich
die Zahl dieser interessanten Gäste noch dnrch zwei andre Persönlichkeiten ver¬
mehren wird, von denen die eine durch nachstehende eigentümlich gefaßte Notiz
der Zeitungen angekündigt wurde: "Die Reihe seltsamer Gäste, welche während
der Dauer der Konferenz der Hauptstadt des deutschen Reiches einen Besuch
abgestattet, ohne daß derselbe immer mit der Konferenz selbst in direkte Ver¬
bindung gebracht werden könnte, wird dnrch den ehemaligen Generalschatzmeister
der neuen Boerenrepublik Gösen im Betschuanenlande vervollständigt werden.
Herr Henderick de Körte, das ist der Name des neuen Gastes, ist mit Herrn
EinWald zu gleicher Zeit von Kapstadt nach London gekommen. Er hat seinen
Aufenthalt dort benutzt, um an maßgebender Stelle vor jeder gewaltsamen Ein¬
mischung in die neuen Staatengründuugeu der Boeren zu warnen, da dieselben
jeder englischen Truppemnacht waffenfähige Männer in genügender Zahl ent¬
gegenwerfen können. Herr Henderick de Körte gedenkt sich zunächst nach Holland
zu begeben ftvo sich zu Amsterdam ein ständiger Vertreter der "südafrikanischen
Republik" befindet^ und von da nach Deutschland. Über den eigentlichen Zweck
dieser Reise hat man bis jetzt noch nichts verlauten lassen. Daß dieselbe einen
offiziellen Charakter nicht tragen kann, d. h. daß sie nicht auf Veranlassung
der Regierung des Goscnlandes oder seines Präsidenten Geh van Pittius er¬
folgt sein kann, geht schon daraus hervor, daß Herr de Körte wegen Streitig¬
keiten mit letzterm flüchtig geworden ist und seine Äcker mit Beschlag belegt


Grenzboten I. 1885. 22
Die Lucia-Bucht.

Maße zugesprochene! Protektorat der Boeren über Zululand als zu Recht
bestehend anerkannt. Besteht dieses Protektorat nach der Meinung der deutschen
Regierung zu Recht, so folgt daraus naturgemäß, daß für sie. wie für jeden,
welcher derselben Auffassung ist, eine einseitig von England vorgenommene
Prvllamiruug seiner Svnverünctät über Teile des Zululandes sin unserm Falle
der Sanct Lucia-Bucht samt Zubehörs nicht rechtsgiltig ist; um letzteres zu sein,
bedürfte sie zuvor der Einwilligung des Protektors »der des andern Protektors^,
nach der Darstellung des offiziösen deutschen Organs also eben der Bvern,
welche allem Anscheine nach vor einem bewaffneten Konflikte mit England stehen."

Wir machen keinen weiteren Versuch, das Dunkel aufzuhellen, in welches
sich die Angelegenheit trotz der bevorstehenden Betrachtungen noch hüllt, sondern
vertrauen einfach dem vielbewährten Geschicke des Reichskanzlers, Knoten zu
schürzen und zu lösen; er wird auch hier die rechten Mittel zur Förderung
und Wahrung des Interesses der Nation gefunden haben und, wenn nötig,
weiter finden. Daß es dabei zu einem Konflikte ernster Art zwischen Deutschland
und England kommen könne oder gar müsse, halten wir für eine grundlose
Befürchtung, die sich bald in nichts auflösen wird.

Zum Schlüsse noch die Bemerkung, daß die Sache im Laufe des Januar
verschiedene seltene und auffallende Besuche, außer Lüderitz anch den Minister
König Dinizulus, den Kommandanten Adolf Schiel, und Herrn EinWald, einen der
Vermittler des Ankaufs der Lucia-Bucht, nach Berlin geführt hat, und daß sich
die Zahl dieser interessanten Gäste noch dnrch zwei andre Persönlichkeiten ver¬
mehren wird, von denen die eine durch nachstehende eigentümlich gefaßte Notiz
der Zeitungen angekündigt wurde: „Die Reihe seltsamer Gäste, welche während
der Dauer der Konferenz der Hauptstadt des deutschen Reiches einen Besuch
abgestattet, ohne daß derselbe immer mit der Konferenz selbst in direkte Ver¬
bindung gebracht werden könnte, wird dnrch den ehemaligen Generalschatzmeister
der neuen Boerenrepublik Gösen im Betschuanenlande vervollständigt werden.
Herr Henderick de Körte, das ist der Name des neuen Gastes, ist mit Herrn
EinWald zu gleicher Zeit von Kapstadt nach London gekommen. Er hat seinen
Aufenthalt dort benutzt, um an maßgebender Stelle vor jeder gewaltsamen Ein¬
mischung in die neuen Staatengründuugeu der Boeren zu warnen, da dieselben
jeder englischen Truppemnacht waffenfähige Männer in genügender Zahl ent¬
gegenwerfen können. Herr Henderick de Körte gedenkt sich zunächst nach Holland
zu begeben ftvo sich zu Amsterdam ein ständiger Vertreter der „südafrikanischen
Republik" befindet^ und von da nach Deutschland. Über den eigentlichen Zweck
dieser Reise hat man bis jetzt noch nichts verlauten lassen. Daß dieselbe einen
offiziellen Charakter nicht tragen kann, d. h. daß sie nicht auf Veranlassung
der Regierung des Goscnlandes oder seines Präsidenten Geh van Pittius er¬
folgt sein kann, geht schon daraus hervor, daß Herr de Körte wegen Streitig¬
keiten mit letzterm flüchtig geworden ist und seine Äcker mit Beschlag belegt


Grenzboten I. 1885. 22
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[0181] Die Lucia-Bucht. Maße zugesprochene! Protektorat der Boeren über Zululand als zu Recht bestehend anerkannt. Besteht dieses Protektorat nach der Meinung der deutschen Regierung zu Recht, so folgt daraus naturgemäß, daß für sie. wie für jeden, welcher derselben Auffassung ist, eine einseitig von England vorgenommene Prvllamiruug seiner Svnverünctät über Teile des Zululandes sin unserm Falle der Sanct Lucia-Bucht samt Zubehörs nicht rechtsgiltig ist; um letzteres zu sein, bedürfte sie zuvor der Einwilligung des Protektors »der des andern Protektors^, nach der Darstellung des offiziösen deutschen Organs also eben der Bvern, welche allem Anscheine nach vor einem bewaffneten Konflikte mit England stehen." Wir machen keinen weiteren Versuch, das Dunkel aufzuhellen, in welches sich die Angelegenheit trotz der bevorstehenden Betrachtungen noch hüllt, sondern vertrauen einfach dem vielbewährten Geschicke des Reichskanzlers, Knoten zu schürzen und zu lösen; er wird auch hier die rechten Mittel zur Förderung und Wahrung des Interesses der Nation gefunden haben und, wenn nötig, weiter finden. Daß es dabei zu einem Konflikte ernster Art zwischen Deutschland und England kommen könne oder gar müsse, halten wir für eine grundlose Befürchtung, die sich bald in nichts auflösen wird. Zum Schlüsse noch die Bemerkung, daß die Sache im Laufe des Januar verschiedene seltene und auffallende Besuche, außer Lüderitz anch den Minister König Dinizulus, den Kommandanten Adolf Schiel, und Herrn EinWald, einen der Vermittler des Ankaufs der Lucia-Bucht, nach Berlin geführt hat, und daß sich die Zahl dieser interessanten Gäste noch dnrch zwei andre Persönlichkeiten ver¬ mehren wird, von denen die eine durch nachstehende eigentümlich gefaßte Notiz der Zeitungen angekündigt wurde: „Die Reihe seltsamer Gäste, welche während der Dauer der Konferenz der Hauptstadt des deutschen Reiches einen Besuch abgestattet, ohne daß derselbe immer mit der Konferenz selbst in direkte Ver¬ bindung gebracht werden könnte, wird dnrch den ehemaligen Generalschatzmeister der neuen Boerenrepublik Gösen im Betschuanenlande vervollständigt werden. Herr Henderick de Körte, das ist der Name des neuen Gastes, ist mit Herrn EinWald zu gleicher Zeit von Kapstadt nach London gekommen. Er hat seinen Aufenthalt dort benutzt, um an maßgebender Stelle vor jeder gewaltsamen Ein¬ mischung in die neuen Staatengründuugeu der Boeren zu warnen, da dieselben jeder englischen Truppemnacht waffenfähige Männer in genügender Zahl ent¬ gegenwerfen können. Herr Henderick de Körte gedenkt sich zunächst nach Holland zu begeben ftvo sich zu Amsterdam ein ständiger Vertreter der „südafrikanischen Republik" befindet^ und von da nach Deutschland. Über den eigentlichen Zweck dieser Reise hat man bis jetzt noch nichts verlauten lassen. Daß dieselbe einen offiziellen Charakter nicht tragen kann, d. h. daß sie nicht auf Veranlassung der Regierung des Goscnlandes oder seines Präsidenten Geh van Pittius er¬ folgt sein kann, geht schon daraus hervor, daß Herr de Körte wegen Streitig¬ keiten mit letzterm flüchtig geworden ist und seine Äcker mit Beschlag belegt Grenzboten I. 1885. 22

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/181>, abgerufen am 21.05.2024.