Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite


Um eine perle.
Roman von Robert Maldmüller (Ld> Duboc). iFortsctzung^)
Neunundzwanzigstes Aapitel.

er Herzog schloß seine Augen, wie er in Augenblicken der Ver¬
legenheit zu thun pflegte. Dann sagte er: Ihr habt eine besondre
Methode, zu fechten, aber lassen wir das; es ist mir lieb, daß
ich, was weinen Leibbarbier und was den Lavagnowein be¬
trifft, mit dem bloßen Schrecken davonzukommen scheine. Wollt
nur nun in zusammenhängendem Vortrage sagen, was Ihr denn als ehr¬
licher Mann von der ganzen Enthüllung haltet, und lasset uus dazu -- der
Herzog und der cinasi gegen ihn Verschworene -- eine Flasche jenes verdächtigen
Weißweins gemeinsam ausstechen.

Er klingelte, der Page trat wieder ein; die beiden ungleichen Männer
setzten sich -- ans einen Sessel jetzt auch Andrea --, und der Anwalt begann
seinen Vortrag.

Die Blätter 8 und 4 des Protokolls wurden dabei, als unter dem stei¬
genden Druck der berüchtigt wirksamen Mcmtuaner Folterwerkzeuge entstanden,
nur beiläufig berührt. Kaum jemals hatte sich deutlicher als in diesen Aus¬
sagen gezeigt, daß auf der Folter jeder durch den Gefolterten eines beliebigen
Verbrechens bezichtigt werden konnte, auch solche Personen, deren Namen der
im peinlichen Verhör befindliche nie früher als aus dem Munde des Inquirenten
vernommen hatte. Selbst die drei zuletzt Gencmnnten zählten zu den auf solche
Weise bloßgestellteu, was den Anwalt nicht hinderte, für Beppo das Wort zu
führen. Denn, Mezza, sagte er, ohne gesunde Gliedmaßen sind wir Menschen
nur unvollkommen imstande, hieneben die uus vom Weltenschöpfer zugewiesenen
Lebensaufgaben zu erfüllen, und könnte ich beispielsweise, in einer Lage wie der
arme Beppo, die Gefahr, zum Krüppel znsammengcschrobe" oder zum Gespenst




Um eine perle.
Roman von Robert Maldmüller (Ld> Duboc). iFortsctzung^)
Neunundzwanzigstes Aapitel.

er Herzog schloß seine Augen, wie er in Augenblicken der Ver¬
legenheit zu thun pflegte. Dann sagte er: Ihr habt eine besondre
Methode, zu fechten, aber lassen wir das; es ist mir lieb, daß
ich, was weinen Leibbarbier und was den Lavagnowein be¬
trifft, mit dem bloßen Schrecken davonzukommen scheine. Wollt
nur nun in zusammenhängendem Vortrage sagen, was Ihr denn als ehr¬
licher Mann von der ganzen Enthüllung haltet, und lasset uus dazu — der
Herzog und der cinasi gegen ihn Verschworene — eine Flasche jenes verdächtigen
Weißweins gemeinsam ausstechen.

Er klingelte, der Page trat wieder ein; die beiden ungleichen Männer
setzten sich — ans einen Sessel jetzt auch Andrea —, und der Anwalt begann
seinen Vortrag.

Die Blätter 8 und 4 des Protokolls wurden dabei, als unter dem stei¬
genden Druck der berüchtigt wirksamen Mcmtuaner Folterwerkzeuge entstanden,
nur beiläufig berührt. Kaum jemals hatte sich deutlicher als in diesen Aus¬
sagen gezeigt, daß auf der Folter jeder durch den Gefolterten eines beliebigen
Verbrechens bezichtigt werden konnte, auch solche Personen, deren Namen der
im peinlichen Verhör befindliche nie früher als aus dem Munde des Inquirenten
vernommen hatte. Selbst die drei zuletzt Gencmnnten zählten zu den auf solche
Weise bloßgestellteu, was den Anwalt nicht hinderte, für Beppo das Wort zu
führen. Denn, Mezza, sagte er, ohne gesunde Gliedmaßen sind wir Menschen
nur unvollkommen imstande, hieneben die uus vom Weltenschöpfer zugewiesenen
Lebensaufgaben zu erfüllen, und könnte ich beispielsweise, in einer Lage wie der
arme Beppo, die Gefahr, zum Krüppel znsammengcschrobe» oder zum Gespenst


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0642" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196031"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341841_195390/figures/grenzboten_341841_195390_196031_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Um eine perle.<lb/><note type="byline"> Roman von Robert Maldmüller (Ld&gt; Duboc).</note> iFortsctzung^) </head><lb/>
          <div n="2">
            <head> Neunundzwanzigstes Aapitel.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_2332"> er Herzog schloß seine Augen, wie er in Augenblicken der Ver¬<lb/>
legenheit zu thun pflegte. Dann sagte er: Ihr habt eine besondre<lb/>
Methode, zu fechten, aber lassen wir das; es ist mir lieb, daß<lb/>
ich, was weinen Leibbarbier und was den Lavagnowein be¬<lb/>
trifft, mit dem bloßen Schrecken davonzukommen scheine. Wollt<lb/>
nur nun in zusammenhängendem Vortrage sagen, was Ihr denn als ehr¬<lb/>
licher Mann von der ganzen Enthüllung haltet, und lasset uus dazu &#x2014; der<lb/>
Herzog und der cinasi gegen ihn Verschworene &#x2014; eine Flasche jenes verdächtigen<lb/>
Weißweins gemeinsam ausstechen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2333"> Er klingelte, der Page trat wieder ein; die beiden ungleichen Männer<lb/>
setzten sich &#x2014; ans einen Sessel jetzt auch Andrea &#x2014;, und der Anwalt begann<lb/>
seinen Vortrag.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2334" next="#ID_2335"> Die Blätter 8 und 4 des Protokolls wurden dabei, als unter dem stei¬<lb/>
genden Druck der berüchtigt wirksamen Mcmtuaner Folterwerkzeuge entstanden,<lb/>
nur beiläufig berührt. Kaum jemals hatte sich deutlicher als in diesen Aus¬<lb/>
sagen gezeigt, daß auf der Folter jeder durch den Gefolterten eines beliebigen<lb/>
Verbrechens bezichtigt werden konnte, auch solche Personen, deren Namen der<lb/>
im peinlichen Verhör befindliche nie früher als aus dem Munde des Inquirenten<lb/>
vernommen hatte. Selbst die drei zuletzt Gencmnnten zählten zu den auf solche<lb/>
Weise bloßgestellteu, was den Anwalt nicht hinderte, für Beppo das Wort zu<lb/>
führen. Denn, Mezza, sagte er, ohne gesunde Gliedmaßen sind wir Menschen<lb/>
nur unvollkommen imstande, hieneben die uus vom Weltenschöpfer zugewiesenen<lb/>
Lebensaufgaben zu erfüllen, und könnte ich beispielsweise, in einer Lage wie der<lb/>
arme Beppo, die Gefahr, zum Krüppel znsammengcschrobe» oder zum Gespenst</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0642] [Abbildung] Um eine perle. Roman von Robert Maldmüller (Ld> Duboc). iFortsctzung^) Neunundzwanzigstes Aapitel. er Herzog schloß seine Augen, wie er in Augenblicken der Ver¬ legenheit zu thun pflegte. Dann sagte er: Ihr habt eine besondre Methode, zu fechten, aber lassen wir das; es ist mir lieb, daß ich, was weinen Leibbarbier und was den Lavagnowein be¬ trifft, mit dem bloßen Schrecken davonzukommen scheine. Wollt nur nun in zusammenhängendem Vortrage sagen, was Ihr denn als ehr¬ licher Mann von der ganzen Enthüllung haltet, und lasset uus dazu — der Herzog und der cinasi gegen ihn Verschworene — eine Flasche jenes verdächtigen Weißweins gemeinsam ausstechen. Er klingelte, der Page trat wieder ein; die beiden ungleichen Männer setzten sich — ans einen Sessel jetzt auch Andrea —, und der Anwalt begann seinen Vortrag. Die Blätter 8 und 4 des Protokolls wurden dabei, als unter dem stei¬ genden Druck der berüchtigt wirksamen Mcmtuaner Folterwerkzeuge entstanden, nur beiläufig berührt. Kaum jemals hatte sich deutlicher als in diesen Aus¬ sagen gezeigt, daß auf der Folter jeder durch den Gefolterten eines beliebigen Verbrechens bezichtigt werden konnte, auch solche Personen, deren Namen der im peinlichen Verhör befindliche nie früher als aus dem Munde des Inquirenten vernommen hatte. Selbst die drei zuletzt Gencmnnten zählten zu den auf solche Weise bloßgestellteu, was den Anwalt nicht hinderte, für Beppo das Wort zu führen. Denn, Mezza, sagte er, ohne gesunde Gliedmaßen sind wir Menschen nur unvollkommen imstande, hieneben die uus vom Weltenschöpfer zugewiesenen Lebensaufgaben zu erfüllen, und könnte ich beispielsweise, in einer Lage wie der arme Beppo, die Gefahr, zum Krüppel znsammengcschrobe» oder zum Gespenst

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/642
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/642>, abgerufen am 03.05.2024.