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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Krimkrieges schien er zuerst zwischen Rußland und England zu schwanken,
glaubte aber dann sein Interesse besser bei letzterem gewahrt und schloß infolge
dessen mit den Briten 1855 einen Freundschaftsvertrag ab, wobei er jedoch das
Ansinnen derselben, eine ständige englische Gesandtschaft an seinem Hofe zuzu¬
lassen, von der Hand wies. Die Freundschaft der Engländer kam ihm zu
statten, als er 1862 mit seinem Neffen Achmed, dem Gouverneur von Herat,
in Streitigkeiten über die Provinz Fcirrah geriet. Im nächsten Jahre unter¬
nahm er einen Feldzug dahin, der mit der Einnahme Herats endigte, starb
indes schon einige Tage nach dem Einrücken in diese Stadt, am 9. Juni 1863.
Er schied mit dem Bewußtsein aus dem Leben, alle Teile Afghanistans rechts
vom Indus wieder zu einem Reiche verbunden zu haben.




Die Schriftvergleichung im Strafprozeß
von Otto Gerland.

"V lK'^KZ^v'ÄtzWlön politischen Blättern wird ab und zu unter Anknüpfung an
bestimmte Rechtsfälle eine herbe Kritik an dem im Strafprozeß
zulässige" Schriftvergleich-Verfahren geübt. Es verlohnt sich
bei der Wichtigkeit des Stoffes, die Frage auch in diesen
Blättern einmal einer Besprechung zu unterziehen.

Eine Reihe von Gesetzesübertretuugen, wie z. B. die Urkundenfälschung,
werden nur durch die Schrift begangen, andre, wie eine Majestätsbeleidigung oder
eine Privatbeleidigung, können auch auf schriftlichen Wege begangen werden; in
solchen Fällen steht und fällt die Anklage mit der Frage, ob das in Rede
stehende Schriftstück von der Hand des Angeklagten herrührt. Es kaun aber
ein Schriftstück auch als Beweismittel von erheblicher Bedeutung sein, wie z. B.
ein Brief, in welchem der Angeschuldigte sich bereit erklärt, ein Verbrechen zu
begehen, oder in welchem er die That direkt oder indirekt wie etwa durch den
Auftrag, gestohlene Gegenstände oder blutige Kleidungsstücke zu beseitigen,
einräumt.

Es ist klar, daß in allen diesen Fällen die Frage, ob der Angeschuldigte
das betreffende Schriftstück oder die in Betracht kommende Stelle desselben ge¬
schrieben habe, garnicht umgangen werden kann, und es handelt sich nur darum,
mit welchen Mitteln mau zur Beantwortung dieser Frage gelangen kann. Ist
die Urkunde eine öffentliche, sind beweisende Zeugen vorhanden oder liegt ein
glaubhaftes Eingeständnis vor, so erledigt sich alles sehr einfach; trifft aber
dies alles nicht zu, dann bleibt nur noch ein einziges Mittel zum Beweise der


Krimkrieges schien er zuerst zwischen Rußland und England zu schwanken,
glaubte aber dann sein Interesse besser bei letzterem gewahrt und schloß infolge
dessen mit den Briten 1855 einen Freundschaftsvertrag ab, wobei er jedoch das
Ansinnen derselben, eine ständige englische Gesandtschaft an seinem Hofe zuzu¬
lassen, von der Hand wies. Die Freundschaft der Engländer kam ihm zu
statten, als er 1862 mit seinem Neffen Achmed, dem Gouverneur von Herat,
in Streitigkeiten über die Provinz Fcirrah geriet. Im nächsten Jahre unter¬
nahm er einen Feldzug dahin, der mit der Einnahme Herats endigte, starb
indes schon einige Tage nach dem Einrücken in diese Stadt, am 9. Juni 1863.
Er schied mit dem Bewußtsein aus dem Leben, alle Teile Afghanistans rechts
vom Indus wieder zu einem Reiche verbunden zu haben.




Die Schriftvergleichung im Strafprozeß
von Otto Gerland.

»V lK'^KZ^v'ÄtzWlön politischen Blättern wird ab und zu unter Anknüpfung an
bestimmte Rechtsfälle eine herbe Kritik an dem im Strafprozeß
zulässige» Schriftvergleich-Verfahren geübt. Es verlohnt sich
bei der Wichtigkeit des Stoffes, die Frage auch in diesen
Blättern einmal einer Besprechung zu unterziehen.

Eine Reihe von Gesetzesübertretuugen, wie z. B. die Urkundenfälschung,
werden nur durch die Schrift begangen, andre, wie eine Majestätsbeleidigung oder
eine Privatbeleidigung, können auch auf schriftlichen Wege begangen werden; in
solchen Fällen steht und fällt die Anklage mit der Frage, ob das in Rede
stehende Schriftstück von der Hand des Angeklagten herrührt. Es kaun aber
ein Schriftstück auch als Beweismittel von erheblicher Bedeutung sein, wie z. B.
ein Brief, in welchem der Angeschuldigte sich bereit erklärt, ein Verbrechen zu
begehen, oder in welchem er die That direkt oder indirekt wie etwa durch den
Auftrag, gestohlene Gegenstände oder blutige Kleidungsstücke zu beseitigen,
einräumt.

Es ist klar, daß in allen diesen Fällen die Frage, ob der Angeschuldigte
das betreffende Schriftstück oder die in Betracht kommende Stelle desselben ge¬
schrieben habe, garnicht umgangen werden kann, und es handelt sich nur darum,
mit welchen Mitteln mau zur Beantwortung dieser Frage gelangen kann. Ist
die Urkunde eine öffentliche, sind beweisende Zeugen vorhanden oder liegt ein
glaubhaftes Eingeständnis vor, so erledigt sich alles sehr einfach; trifft aber
dies alles nicht zu, dann bleibt nur noch ein einziges Mittel zum Beweise der


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[0074] Krimkrieges schien er zuerst zwischen Rußland und England zu schwanken, glaubte aber dann sein Interesse besser bei letzterem gewahrt und schloß infolge dessen mit den Briten 1855 einen Freundschaftsvertrag ab, wobei er jedoch das Ansinnen derselben, eine ständige englische Gesandtschaft an seinem Hofe zuzu¬ lassen, von der Hand wies. Die Freundschaft der Engländer kam ihm zu statten, als er 1862 mit seinem Neffen Achmed, dem Gouverneur von Herat, in Streitigkeiten über die Provinz Fcirrah geriet. Im nächsten Jahre unter¬ nahm er einen Feldzug dahin, der mit der Einnahme Herats endigte, starb indes schon einige Tage nach dem Einrücken in diese Stadt, am 9. Juni 1863. Er schied mit dem Bewußtsein aus dem Leben, alle Teile Afghanistans rechts vom Indus wieder zu einem Reiche verbunden zu haben. Die Schriftvergleichung im Strafprozeß von Otto Gerland. »V lK'^KZ^v'ÄtzWlön politischen Blättern wird ab und zu unter Anknüpfung an bestimmte Rechtsfälle eine herbe Kritik an dem im Strafprozeß zulässige» Schriftvergleich-Verfahren geübt. Es verlohnt sich bei der Wichtigkeit des Stoffes, die Frage auch in diesen Blättern einmal einer Besprechung zu unterziehen. Eine Reihe von Gesetzesübertretuugen, wie z. B. die Urkundenfälschung, werden nur durch die Schrift begangen, andre, wie eine Majestätsbeleidigung oder eine Privatbeleidigung, können auch auf schriftlichen Wege begangen werden; in solchen Fällen steht und fällt die Anklage mit der Frage, ob das in Rede stehende Schriftstück von der Hand des Angeklagten herrührt. Es kaun aber ein Schriftstück auch als Beweismittel von erheblicher Bedeutung sein, wie z. B. ein Brief, in welchem der Angeschuldigte sich bereit erklärt, ein Verbrechen zu begehen, oder in welchem er die That direkt oder indirekt wie etwa durch den Auftrag, gestohlene Gegenstände oder blutige Kleidungsstücke zu beseitigen, einräumt. Es ist klar, daß in allen diesen Fällen die Frage, ob der Angeschuldigte das betreffende Schriftstück oder die in Betracht kommende Stelle desselben ge¬ schrieben habe, garnicht umgangen werden kann, und es handelt sich nur darum, mit welchen Mitteln mau zur Beantwortung dieser Frage gelangen kann. Ist die Urkunde eine öffentliche, sind beweisende Zeugen vorhanden oder liegt ein glaubhaftes Eingeständnis vor, so erledigt sich alles sehr einfach; trifft aber dies alles nicht zu, dann bleibt nur noch ein einziges Mittel zum Beweise der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/74>, abgerufen am 03.05.2024.