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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Die hannoversche Gesellschaft.

der Kapitalmacht nicht zu begegnen, und der Einzelne ist widerstandslos dem
Markte verfallen.

Ferner ist der Steuerreform das regste Interesse fortdauernd zuzuwenden.
Lohnende Arbeit, ungeschüdigt von Steuerdruck, macht die wachsende Bevölke¬
rung kaufkräftig, und das inländische Kousumtionsgebiet ist so sehr die Haupt¬
sache, besonders bei der Landwirtschaft, daß das Wechselverhältnis der heimischen
Industrie und Landwirtschaft immer die wichtigste Sorge für uus bleibt. Die
Erleichterung, die dabei möglich wird, geht weit über die untersten Steuerklassen
hinaus und kommt den mittlern Bürgcrschichten vielleicht am meisten zu gute.
Die mehr oder weniger unausgereiften Steuerprojekte zu besprechen, die jetzt
der Erörterung anheimgegeben sind, ist hier nicht am Orte. Aber das ist wohl
zu hoffen, das; den jetzt schon vorhandnen Staatsindustrien, insbesondre der
Post, der Telegraphie und der Eisenbahn, höhere Erträge zum Besten des
Ganzen abgewonnen werden. Sie leisten schon jetzt viel, aber das Vorurteil,
daß diese Institute eigentlich nur ihre Kosten decken müßten, ist doch noch zu sehr
verbreitet. Es ist völlig unrichtig, daß diese Verkehrsanstalten ihre Wohlthaten
allen Staatsangehörigen gleichmäßig zuwenden. Sie müssen eine Rente ab¬
werfen, die zur Ausgleichung unnötiger Belastung der untern Schichten, auch
zur Aufhebung der Salzsteuer verwendet werden kann. Hierüber hat Professor
E. Witte in mehreren Broschüren vieles Beherzigenswerte gesagt. Es ist nicht
nötig, daß die Erleichterung der Gemeinden hinsichtlich der Schullasteu, die Er¬
höhung von niedrigen Veamtengehalten und ähnlicher dringender Bedürfnisse
auf Anleihen und neue Steuerquelleu vertröstet werden. Man könnte recht
wohl die bestehenden, oben genannten Einnahmequellen ergiebiger machen. Und
um zu unserm Thema zurückzukehren: man sollte die Währungsfrage aus dem
Spiele lassen, bis Anzeichen bei unsern Konkurrenten uus reiten, das Defini-
tionen bei uns schneller an die Stelle des Provisoriums zu setzen, als es jetzt
geboten erscheint. Unsre Reichsbank bietet für diese Beobachtung eine gute
Warte, und an guten Beobachtern fehlt es uns nicht.




Die hannoversche Gesellschaft.
2. Nach der Annexion.

evor wir mit dem zweiten Teile unsrer Schilderung beginnen, sei
es uns gestattet, einen Irrtum, ans den wir von freundlicher
Hand hingewiesen worden sind, zu berichtigen; umsomehr, als
es sich dabei um einen Mann handelt, dessen Name weit über
die Grenzen seines engern Vaterlandes, ja weit über Deutschlands
und Europas Grenzen hinaus in der ganzen zivilisirten Welt bekannt geworden


Die hannoversche Gesellschaft.

der Kapitalmacht nicht zu begegnen, und der Einzelne ist widerstandslos dem
Markte verfallen.

Ferner ist der Steuerreform das regste Interesse fortdauernd zuzuwenden.
Lohnende Arbeit, ungeschüdigt von Steuerdruck, macht die wachsende Bevölke¬
rung kaufkräftig, und das inländische Kousumtionsgebiet ist so sehr die Haupt¬
sache, besonders bei der Landwirtschaft, daß das Wechselverhältnis der heimischen
Industrie und Landwirtschaft immer die wichtigste Sorge für uus bleibt. Die
Erleichterung, die dabei möglich wird, geht weit über die untersten Steuerklassen
hinaus und kommt den mittlern Bürgcrschichten vielleicht am meisten zu gute.
Die mehr oder weniger unausgereiften Steuerprojekte zu besprechen, die jetzt
der Erörterung anheimgegeben sind, ist hier nicht am Orte. Aber das ist wohl
zu hoffen, das; den jetzt schon vorhandnen Staatsindustrien, insbesondre der
Post, der Telegraphie und der Eisenbahn, höhere Erträge zum Besten des
Ganzen abgewonnen werden. Sie leisten schon jetzt viel, aber das Vorurteil,
daß diese Institute eigentlich nur ihre Kosten decken müßten, ist doch noch zu sehr
verbreitet. Es ist völlig unrichtig, daß diese Verkehrsanstalten ihre Wohlthaten
allen Staatsangehörigen gleichmäßig zuwenden. Sie müssen eine Rente ab¬
werfen, die zur Ausgleichung unnötiger Belastung der untern Schichten, auch
zur Aufhebung der Salzsteuer verwendet werden kann. Hierüber hat Professor
E. Witte in mehreren Broschüren vieles Beherzigenswerte gesagt. Es ist nicht
nötig, daß die Erleichterung der Gemeinden hinsichtlich der Schullasteu, die Er¬
höhung von niedrigen Veamtengehalten und ähnlicher dringender Bedürfnisse
auf Anleihen und neue Steuerquelleu vertröstet werden. Man könnte recht
wohl die bestehenden, oben genannten Einnahmequellen ergiebiger machen. Und
um zu unserm Thema zurückzukehren: man sollte die Währungsfrage aus dem
Spiele lassen, bis Anzeichen bei unsern Konkurrenten uus reiten, das Defini-
tionen bei uns schneller an die Stelle des Provisoriums zu setzen, als es jetzt
geboten erscheint. Unsre Reichsbank bietet für diese Beobachtung eine gute
Warte, und an guten Beobachtern fehlt es uns nicht.




Die hannoversche Gesellschaft.
2. Nach der Annexion.

evor wir mit dem zweiten Teile unsrer Schilderung beginnen, sei
es uns gestattet, einen Irrtum, ans den wir von freundlicher
Hand hingewiesen worden sind, zu berichtigen; umsomehr, als
es sich dabei um einen Mann handelt, dessen Name weit über
die Grenzen seines engern Vaterlandes, ja weit über Deutschlands
und Europas Grenzen hinaus in der ganzen zivilisirten Welt bekannt geworden


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[0354] Die hannoversche Gesellschaft. der Kapitalmacht nicht zu begegnen, und der Einzelne ist widerstandslos dem Markte verfallen. Ferner ist der Steuerreform das regste Interesse fortdauernd zuzuwenden. Lohnende Arbeit, ungeschüdigt von Steuerdruck, macht die wachsende Bevölke¬ rung kaufkräftig, und das inländische Kousumtionsgebiet ist so sehr die Haupt¬ sache, besonders bei der Landwirtschaft, daß das Wechselverhältnis der heimischen Industrie und Landwirtschaft immer die wichtigste Sorge für uus bleibt. Die Erleichterung, die dabei möglich wird, geht weit über die untersten Steuerklassen hinaus und kommt den mittlern Bürgcrschichten vielleicht am meisten zu gute. Die mehr oder weniger unausgereiften Steuerprojekte zu besprechen, die jetzt der Erörterung anheimgegeben sind, ist hier nicht am Orte. Aber das ist wohl zu hoffen, das; den jetzt schon vorhandnen Staatsindustrien, insbesondre der Post, der Telegraphie und der Eisenbahn, höhere Erträge zum Besten des Ganzen abgewonnen werden. Sie leisten schon jetzt viel, aber das Vorurteil, daß diese Institute eigentlich nur ihre Kosten decken müßten, ist doch noch zu sehr verbreitet. Es ist völlig unrichtig, daß diese Verkehrsanstalten ihre Wohlthaten allen Staatsangehörigen gleichmäßig zuwenden. Sie müssen eine Rente ab¬ werfen, die zur Ausgleichung unnötiger Belastung der untern Schichten, auch zur Aufhebung der Salzsteuer verwendet werden kann. Hierüber hat Professor E. Witte in mehreren Broschüren vieles Beherzigenswerte gesagt. Es ist nicht nötig, daß die Erleichterung der Gemeinden hinsichtlich der Schullasteu, die Er¬ höhung von niedrigen Veamtengehalten und ähnlicher dringender Bedürfnisse auf Anleihen und neue Steuerquelleu vertröstet werden. Man könnte recht wohl die bestehenden, oben genannten Einnahmequellen ergiebiger machen. Und um zu unserm Thema zurückzukehren: man sollte die Währungsfrage aus dem Spiele lassen, bis Anzeichen bei unsern Konkurrenten uus reiten, das Defini- tionen bei uns schneller an die Stelle des Provisoriums zu setzen, als es jetzt geboten erscheint. Unsre Reichsbank bietet für diese Beobachtung eine gute Warte, und an guten Beobachtern fehlt es uns nicht. Die hannoversche Gesellschaft. 2. Nach der Annexion. evor wir mit dem zweiten Teile unsrer Schilderung beginnen, sei es uns gestattet, einen Irrtum, ans den wir von freundlicher Hand hingewiesen worden sind, zu berichtigen; umsomehr, als es sich dabei um einen Mann handelt, dessen Name weit über die Grenzen seines engern Vaterlandes, ja weit über Deutschlands und Europas Grenzen hinaus in der ganzen zivilisirten Welt bekannt geworden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/354>, abgerufen am 19.05.2024.