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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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(Lamoens.
R Adolf Stern. oman von
(Fortsetzung.)

5rotz der vorgerückten Abendstunde und des frischern Hauches, der
ans den schattenreichen Gärten durch die geöffneten Fenster hereiu-
wehtc, war es in den Prachtsälen des Palastes schwüler und
schwüler geworden. Die Fächer der Damen zeigten sich in un¬
ablässiger Bewegung, und den kühlenden Getränken, von zahlreichen
Dienern ans goldnen Platten umher geboten, ward häusiger zugesprochen als
bei andern ähnlichen Gelegenheiten. Wie eine buutschillcrude, träg bewegte Flut
wogte die Menge der Gcladncn zu dem Saale heran und von ihm hinweg, in
welchem König Sebastian verweilte. Es gab genug unter den Gästen des
Königs, die seit einer Stunde zehnmal gegangen und gekommen waren und
deren Augen doch immer auf das gleiche Bild fielen. Denn wenn auch der
jenige Herrscher von Zeit zu Zeit einen der Auf- und Abwandelnden zu sich
heranrief, ja wenn er ein- und das andremal an der Reihe der sitzenden Damen
entlang ging, so wandte er sich nach kurzem Gespräch wieder und wieder zu der
Herzogin von Bragcinza und der Gräfin Palmeirim. Die umsichtige Herzogin
hatte sich vergeblich bemüht, für sich und ihre Pflegebefohlene einen Platz in der
schimmernden Reihe zu behaupten. Der Wunsch des jungen Fürsten, mit der
jungen Gräfin ungehemmt und ungehindert zu sprechen, war nur zu wohl ver¬
standen worden, unmerklich hatten ältere und jüngere Damen ihre Sessel zurück¬
gerückt, sodaß sich der Abstand zwischen ihnen und der Herzogin immer erweitert
hatte. Je weniger die nächstsitzenden ans diese Weise von der Unterredung Dom
Sebastians und Katarinas zu erlauschen vermochten, umso gespannter ruhten alle
Blicke auf den Zügen des Königs und dem Mienenspiele des schönen Mädchens.
Der freudige Schein, der bis vor wenigen Minuten das Gesicht Sebastians
erhellt hatte, war jetzt verschwunden, der jugendliche Herrscher sah noch immer




(Lamoens.
R Adolf Stern. oman von
(Fortsetzung.)

5rotz der vorgerückten Abendstunde und des frischern Hauches, der
ans den schattenreichen Gärten durch die geöffneten Fenster hereiu-
wehtc, war es in den Prachtsälen des Palastes schwüler und
schwüler geworden. Die Fächer der Damen zeigten sich in un¬
ablässiger Bewegung, und den kühlenden Getränken, von zahlreichen
Dienern ans goldnen Platten umher geboten, ward häusiger zugesprochen als
bei andern ähnlichen Gelegenheiten. Wie eine buutschillcrude, träg bewegte Flut
wogte die Menge der Gcladncn zu dem Saale heran und von ihm hinweg, in
welchem König Sebastian verweilte. Es gab genug unter den Gästen des
Königs, die seit einer Stunde zehnmal gegangen und gekommen waren und
deren Augen doch immer auf das gleiche Bild fielen. Denn wenn auch der
jenige Herrscher von Zeit zu Zeit einen der Auf- und Abwandelnden zu sich
heranrief, ja wenn er ein- und das andremal an der Reihe der sitzenden Damen
entlang ging, so wandte er sich nach kurzem Gespräch wieder und wieder zu der
Herzogin von Bragcinza und der Gräfin Palmeirim. Die umsichtige Herzogin
hatte sich vergeblich bemüht, für sich und ihre Pflegebefohlene einen Platz in der
schimmernden Reihe zu behaupten. Der Wunsch des jungen Fürsten, mit der
jungen Gräfin ungehemmt und ungehindert zu sprechen, war nur zu wohl ver¬
standen worden, unmerklich hatten ältere und jüngere Damen ihre Sessel zurück¬
gerückt, sodaß sich der Abstand zwischen ihnen und der Herzogin immer erweitert
hatte. Je weniger die nächstsitzenden ans diese Weise von der Unterredung Dom
Sebastians und Katarinas zu erlauschen vermochten, umso gespannter ruhten alle
Blicke auf den Zügen des Königs und dem Mienenspiele des schönen Mädchens.
Der freudige Schein, der bis vor wenigen Minuten das Gesicht Sebastians
erhellt hatte, war jetzt verschwunden, der jugendliche Herrscher sah noch immer


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[0147] [Abbildung] (Lamoens. R Adolf Stern. oman von (Fortsetzung.) 5rotz der vorgerückten Abendstunde und des frischern Hauches, der ans den schattenreichen Gärten durch die geöffneten Fenster hereiu- wehtc, war es in den Prachtsälen des Palastes schwüler und schwüler geworden. Die Fächer der Damen zeigten sich in un¬ ablässiger Bewegung, und den kühlenden Getränken, von zahlreichen Dienern ans goldnen Platten umher geboten, ward häusiger zugesprochen als bei andern ähnlichen Gelegenheiten. Wie eine buutschillcrude, träg bewegte Flut wogte die Menge der Gcladncn zu dem Saale heran und von ihm hinweg, in welchem König Sebastian verweilte. Es gab genug unter den Gästen des Königs, die seit einer Stunde zehnmal gegangen und gekommen waren und deren Augen doch immer auf das gleiche Bild fielen. Denn wenn auch der jenige Herrscher von Zeit zu Zeit einen der Auf- und Abwandelnden zu sich heranrief, ja wenn er ein- und das andremal an der Reihe der sitzenden Damen entlang ging, so wandte er sich nach kurzem Gespräch wieder und wieder zu der Herzogin von Bragcinza und der Gräfin Palmeirim. Die umsichtige Herzogin hatte sich vergeblich bemüht, für sich und ihre Pflegebefohlene einen Platz in der schimmernden Reihe zu behaupten. Der Wunsch des jungen Fürsten, mit der jungen Gräfin ungehemmt und ungehindert zu sprechen, war nur zu wohl ver¬ standen worden, unmerklich hatten ältere und jüngere Damen ihre Sessel zurück¬ gerückt, sodaß sich der Abstand zwischen ihnen und der Herzogin immer erweitert hatte. Je weniger die nächstsitzenden ans diese Weise von der Unterredung Dom Sebastians und Katarinas zu erlauschen vermochten, umso gespannter ruhten alle Blicke auf den Zügen des Königs und dem Mienenspiele des schönen Mädchens. Der freudige Schein, der bis vor wenigen Minuten das Gesicht Sebastians erhellt hatte, war jetzt verschwunden, der jugendliche Herrscher sah noch immer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/147>, abgerufen am 02.05.2024.