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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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i^cimoöns.

mit glänzenden Angen ans Catarina, aber um seinen Mund zuckte es halb zornig,
halb wehmütig, und man sah deutlich, daß er eifrig und eindringlich zu der
jungen Gräfin sprach. In der That hatte Catarina den König durch einige
Worte über seiue kriegerischen Pläne leidenschaftlich erregt.

Um aller Heiligen willen, könnt Ihr in Wahrheit daran zweifeln, daß es
Gottes Stimme sei, die mich gegen Marokko ins Feld ruft, auch wenn Ihr
Recht hättet, daß die verschwuudnen Pilger Betrüger wären? Ich träumte, daß
jedermann in meinem Reiche mir Sieg und Glück wünsche, und Ihr -- gerade
Ihr, Gräfin Catarina, verschließt Eure Seele gegen das heilige Vorhaben, das
die meine bis zum Zerspringen erfüllt?

Eure Majestät weiß, daß ich ihr hundert Siege und die höchsten Ehren
aus der Tiefe meines Herzens wünsche, entgegnete Catarina. Daß ich vor den
Gefahren zittre, nach denen Euch verlangt, Herr, das müßt Ihr der Schwäche
des Weibes verzeihen; würdet Ihr es gut heißen, mein König, wenn ich nicht
um Euch bangte?

Es kann mir kein Haar meines Hauptes gekrümmt werden! sagte der König
mit feierlich schwärmerischem Tone. Gottes Hand, die mich über das Meer
weist, wird sich anch schirmend über mich breiten, daran zweifelt Ihr doch nicht,
Herrin?

Ich flehe zur heiligen Jungfrau darum! erwiederte das junge Mädchen
hastig. Aber Ihr habt die schwere Pflicht auf meine Seele gelegt, Euch die
Wahrheit zu sagen, soweit ich sie kenne. Ich darf Euch nicht verhehlen, Herr,
daß ich nicht allein zittre. Hunderttausende in Euerm Lande bürgen davor, daß
Eure Majestät über das Meer geht, das Land ohne Schutz läßt. Die Zukunft
liegt nicht hell und glorreich vor ihren Angen, und sie wagen zu denken, daß
es die erste Pflicht des Königs sei, des Landes Zukunft zu sichern --

Catarina verstummte plötzlich, und ihre Augen, die dem forschenden und
vorwurfsvollen Blicke des Königs kühn begegnet waren, senkten sich zu Boden.
Ein Lächeln der Herzogin, das aufblitzte und verschwand, brachte ihr zum Be¬
wußtsein, daß gerade sie uicht mehr sagen dürfe, wie sehr sie auch ihr selbstloser
Eifer dazu anspornen mochte. Es überwallte sie heiß bei dein Gedanken, daß
sie schon zuviel gesagt habe, doch war sie zu erregt, um das Gespräch mit einer
leichten Wendung abbrechen zu können.

Dom Sebastian, welcher einige Augenblicke auf ein weiteres Wort des
Mädchens geharrt hatte, sagte jetzt lauter als zuvor und auch den gespannt
lauschenden nächsten Umgebungen Vollkommen verständlich:

Der König denkt wie die Hunderttausende, von denen Ihr sprecht, schöne
Herrin, er wird den Boden Afrikas nicht betreten, ohne zuvor für seines Landes,
seines Hauses Zukunft Sorge getragen zu haben! Dann aber, Donna Catarina,
wie denkt Ihr dann über die Heerfahrt nach Marokko und den heiligen Krieg?

Erhabner Herr, antwortete Catarina, und so sehr sie nach Fassung rang,


i^cimoöns.

mit glänzenden Angen ans Catarina, aber um seinen Mund zuckte es halb zornig,
halb wehmütig, und man sah deutlich, daß er eifrig und eindringlich zu der
jungen Gräfin sprach. In der That hatte Catarina den König durch einige
Worte über seiue kriegerischen Pläne leidenschaftlich erregt.

Um aller Heiligen willen, könnt Ihr in Wahrheit daran zweifeln, daß es
Gottes Stimme sei, die mich gegen Marokko ins Feld ruft, auch wenn Ihr
Recht hättet, daß die verschwuudnen Pilger Betrüger wären? Ich träumte, daß
jedermann in meinem Reiche mir Sieg und Glück wünsche, und Ihr — gerade
Ihr, Gräfin Catarina, verschließt Eure Seele gegen das heilige Vorhaben, das
die meine bis zum Zerspringen erfüllt?

Eure Majestät weiß, daß ich ihr hundert Siege und die höchsten Ehren
aus der Tiefe meines Herzens wünsche, entgegnete Catarina. Daß ich vor den
Gefahren zittre, nach denen Euch verlangt, Herr, das müßt Ihr der Schwäche
des Weibes verzeihen; würdet Ihr es gut heißen, mein König, wenn ich nicht
um Euch bangte?

Es kann mir kein Haar meines Hauptes gekrümmt werden! sagte der König
mit feierlich schwärmerischem Tone. Gottes Hand, die mich über das Meer
weist, wird sich anch schirmend über mich breiten, daran zweifelt Ihr doch nicht,
Herrin?

Ich flehe zur heiligen Jungfrau darum! erwiederte das junge Mädchen
hastig. Aber Ihr habt die schwere Pflicht auf meine Seele gelegt, Euch die
Wahrheit zu sagen, soweit ich sie kenne. Ich darf Euch nicht verhehlen, Herr,
daß ich nicht allein zittre. Hunderttausende in Euerm Lande bürgen davor, daß
Eure Majestät über das Meer geht, das Land ohne Schutz läßt. Die Zukunft
liegt nicht hell und glorreich vor ihren Angen, und sie wagen zu denken, daß
es die erste Pflicht des Königs sei, des Landes Zukunft zu sichern —

Catarina verstummte plötzlich, und ihre Augen, die dem forschenden und
vorwurfsvollen Blicke des Königs kühn begegnet waren, senkten sich zu Boden.
Ein Lächeln der Herzogin, das aufblitzte und verschwand, brachte ihr zum Be¬
wußtsein, daß gerade sie uicht mehr sagen dürfe, wie sehr sie auch ihr selbstloser
Eifer dazu anspornen mochte. Es überwallte sie heiß bei dein Gedanken, daß
sie schon zuviel gesagt habe, doch war sie zu erregt, um das Gespräch mit einer
leichten Wendung abbrechen zu können.

Dom Sebastian, welcher einige Augenblicke auf ein weiteres Wort des
Mädchens geharrt hatte, sagte jetzt lauter als zuvor und auch den gespannt
lauschenden nächsten Umgebungen Vollkommen verständlich:

Der König denkt wie die Hunderttausende, von denen Ihr sprecht, schöne
Herrin, er wird den Boden Afrikas nicht betreten, ohne zuvor für seines Landes,
seines Hauses Zukunft Sorge getragen zu haben! Dann aber, Donna Catarina,
wie denkt Ihr dann über die Heerfahrt nach Marokko und den heiligen Krieg?

Erhabner Herr, antwortete Catarina, und so sehr sie nach Fassung rang,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/148>, abgerufen am 22.05.2024.