Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Literatur.

das Wucherthema behandeln wird, voraussichtlich in derselben gründlichen Weise,
die wir an ihm kennen.




Weimar und Umgebungen.

Wenn wir den ersten Band von A. Huschkes
"Jllustrirten Städteführer von Thüringen" hier kurz anführen, so glauben wir uns
dazu berechtigt, weil wir an einen Führer durch Weimar höhere Anforderungen
stellen als an irgend einen andern Städteführer. Robert Springer hat bereits
1368 und 1809 "Weimars klassische Stätten" und "Die klassischen Stätten von
Jena und Ilmenau" als Beiträge zur Goetheliteratur in zwei Büchern behandelt,
aber viel zu weitschweifig fiir deu, welcher beim Besuche der klassische" Stätten
sich dieser Hilfsmittel praktisch bedienen will, als selbständige Schriften nicht durch¬
weg erfreulich. Hermann Franke dagegen, dessen liebenswürdige kundige Führung
mehr als einer der Teilnehmer der Versammlung der Goethegesellschaft dankbar zu
rühmen hat, giebt uns auf hundert Seiten seines höchst anziehend ausgestatteten
Büchleins eine gedrängte Zusammenstellung der klassischen wie der neuern Sehens¬
würdigkeiten Weimars. Ebenso praktisch angeordnet wie in den Angaben durchaus
gründlich und zuverlässig, ist das Buch geeignet, sowohl dein frommen Weimar¬
pilger zum treuen Führer zu dienen, wie den flüchtig durchstreifenden in wenigen,
aber charakteristischen Zügen über Weimars Geistesgeschichte und ihre äußern Denk¬
male zu belehren. Gerade jetzt, wo das nen eröffnete Gvethehans und Goethe¬
museum manche Besucher an die Ilm zieht, kommt das hübsche kleine Büchlein einem
Bedürfnisse entgegen, und viele werden es dem Herausgeber zu danken wissen, daß
er ihnen zum Führer geworden.




Literatur.
Charakterbilder aus der neueren Geschichte Italiens. Ver Alfred von Reu-
mont. Leipzig, Duncker und Humblot, 1886.

Diese Charakterbilder aus der neueren Geschichte Italiens schließen sich Neu-
monts frühern Werken, den "Zeitgenossen" und deu "Biographischen Denkmalen,"
an; auch sie beruhen wesentlich ans persönlichen Erinnerungen. Reumont hat von
Jugend ans in den Kreisen der vornehmen Gesellschaft verkehrt und namentlich
lange in Italien gelebt, wo er mit zahlreichen Politisch, künstlerisch und besonders
auch literarisch hervorragenden Persönlichkeiten in Berührung kam. Diese Männer
der Periode bor 185!) dem Andenken der Nachwelt zu überliefern, hat er sich hier
zur Aufgabe gesetzt. Es sind keine eigentliche" Lebensbeschreibungen, sondern nur
Umrisse, leichtskizzirte Charakterbilder, verbunden mit anziehenden Schilderungen des
literarischen, gesellschaftlichen und politischen Lebens, die Reumont mit feiner Be¬
obachtungsgabe hier zeichnet. Eine kurze treffen.de Schilderung der Landschaft, irgend
eine ortsgeschichtliche Episode, ein Vorgang ans Neumvnts eigner Polnischer Thätig¬
keit führt den Leser geschickt in die Erzählung ein. Mit den aristokratischen Kreisen
teilt der Verfasser die Vorliebe für Stammbäume, und hie und da ist auch etwas
eingemischt, was mau sich im Salon erzählen mag, was aber fiir das .größere
Publikum kaum Interesse hat. Neumonts politische und kirchliche Stellung ist be-


Literatur.

das Wucherthema behandeln wird, voraussichtlich in derselben gründlichen Weise,
die wir an ihm kennen.




Weimar und Umgebungen.

Wenn wir den ersten Band von A. Huschkes
„Jllustrirten Städteführer von Thüringen" hier kurz anführen, so glauben wir uns
dazu berechtigt, weil wir an einen Führer durch Weimar höhere Anforderungen
stellen als an irgend einen andern Städteführer. Robert Springer hat bereits
1368 und 1809 „Weimars klassische Stätten" und „Die klassischen Stätten von
Jena und Ilmenau" als Beiträge zur Goetheliteratur in zwei Büchern behandelt,
aber viel zu weitschweifig fiir deu, welcher beim Besuche der klassische» Stätten
sich dieser Hilfsmittel praktisch bedienen will, als selbständige Schriften nicht durch¬
weg erfreulich. Hermann Franke dagegen, dessen liebenswürdige kundige Führung
mehr als einer der Teilnehmer der Versammlung der Goethegesellschaft dankbar zu
rühmen hat, giebt uns auf hundert Seiten seines höchst anziehend ausgestatteten
Büchleins eine gedrängte Zusammenstellung der klassischen wie der neuern Sehens¬
würdigkeiten Weimars. Ebenso praktisch angeordnet wie in den Angaben durchaus
gründlich und zuverlässig, ist das Buch geeignet, sowohl dein frommen Weimar¬
pilger zum treuen Führer zu dienen, wie den flüchtig durchstreifenden in wenigen,
aber charakteristischen Zügen über Weimars Geistesgeschichte und ihre äußern Denk¬
male zu belehren. Gerade jetzt, wo das nen eröffnete Gvethehans und Goethe¬
museum manche Besucher an die Ilm zieht, kommt das hübsche kleine Büchlein einem
Bedürfnisse entgegen, und viele werden es dem Herausgeber zu danken wissen, daß
er ihnen zum Führer geworden.




Literatur.
Charakterbilder aus der neueren Geschichte Italiens. Ver Alfred von Reu-
mont. Leipzig, Duncker und Humblot, 1886.

Diese Charakterbilder aus der neueren Geschichte Italiens schließen sich Neu-
monts frühern Werken, den „Zeitgenossen" und deu „Biographischen Denkmalen,"
an; auch sie beruhen wesentlich ans persönlichen Erinnerungen. Reumont hat von
Jugend ans in den Kreisen der vornehmen Gesellschaft verkehrt und namentlich
lange in Italien gelebt, wo er mit zahlreichen Politisch, künstlerisch und besonders
auch literarisch hervorragenden Persönlichkeiten in Berührung kam. Diese Männer
der Periode bor 185!) dem Andenken der Nachwelt zu überliefern, hat er sich hier
zur Aufgabe gesetzt. Es sind keine eigentliche» Lebensbeschreibungen, sondern nur
Umrisse, leichtskizzirte Charakterbilder, verbunden mit anziehenden Schilderungen des
literarischen, gesellschaftlichen und politischen Lebens, die Reumont mit feiner Be¬
obachtungsgabe hier zeichnet. Eine kurze treffen.de Schilderung der Landschaft, irgend
eine ortsgeschichtliche Episode, ein Vorgang ans Neumvnts eigner Polnischer Thätig¬
keit führt den Leser geschickt in die Erzählung ein. Mit den aristokratischen Kreisen
teilt der Verfasser die Vorliebe für Stammbäume, und hie und da ist auch etwas
eingemischt, was mau sich im Salon erzählen mag, was aber fiir das .größere
Publikum kaum Interesse hat. Neumonts politische und kirchliche Stellung ist be-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0293" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/199013"/>
            <fw type="header" place="top"> Literatur.</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_817" prev="#ID_816"> das Wucherthema behandeln wird, voraussichtlich in derselben gründlichen Weise,<lb/>
die wir an ihm kennen.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Weimar und Umgebungen.</head>
            <p xml:id="ID_818"> Wenn wir den ersten Band von A. Huschkes<lb/>
&#x201E;Jllustrirten Städteführer von Thüringen" hier kurz anführen, so glauben wir uns<lb/>
dazu berechtigt, weil wir an einen Führer durch Weimar höhere Anforderungen<lb/>
stellen als an irgend einen andern Städteführer. Robert Springer hat bereits<lb/>
1368 und 1809 &#x201E;Weimars klassische Stätten" und &#x201E;Die klassischen Stätten von<lb/>
Jena und Ilmenau" als Beiträge zur Goetheliteratur in zwei Büchern behandelt,<lb/>
aber viel zu weitschweifig fiir deu, welcher beim Besuche der klassische» Stätten<lb/>
sich dieser Hilfsmittel praktisch bedienen will, als selbständige Schriften nicht durch¬<lb/>
weg erfreulich. Hermann Franke dagegen, dessen liebenswürdige kundige Führung<lb/>
mehr als einer der Teilnehmer der Versammlung der Goethegesellschaft dankbar zu<lb/>
rühmen hat, giebt uns auf hundert Seiten seines höchst anziehend ausgestatteten<lb/>
Büchleins eine gedrängte Zusammenstellung der klassischen wie der neuern Sehens¬<lb/>
würdigkeiten Weimars. Ebenso praktisch angeordnet wie in den Angaben durchaus<lb/>
gründlich und zuverlässig, ist das Buch geeignet, sowohl dein frommen Weimar¬<lb/>
pilger zum treuen Führer zu dienen, wie den flüchtig durchstreifenden in wenigen,<lb/>
aber charakteristischen Zügen über Weimars Geistesgeschichte und ihre äußern Denk¬<lb/>
male zu belehren. Gerade jetzt, wo das nen eröffnete Gvethehans und Goethe¬<lb/>
museum manche Besucher an die Ilm zieht, kommt das hübsche kleine Büchlein einem<lb/>
Bedürfnisse entgegen, und viele werden es dem Herausgeber zu danken wissen, daß<lb/>
er ihnen zum Führer geworden.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Literatur.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> Charakterbilder aus der neueren Geschichte Italiens.  Ver Alfred von Reu-<lb/>
mont.  Leipzig, Duncker und Humblot, 1886.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_819" next="#ID_820"> Diese Charakterbilder aus der neueren Geschichte Italiens schließen sich Neu-<lb/>
monts frühern Werken, den &#x201E;Zeitgenossen" und deu &#x201E;Biographischen Denkmalen,"<lb/>
an; auch sie beruhen wesentlich ans persönlichen Erinnerungen. Reumont hat von<lb/>
Jugend ans in den Kreisen der vornehmen Gesellschaft verkehrt und namentlich<lb/>
lange in Italien gelebt, wo er mit zahlreichen Politisch, künstlerisch und besonders<lb/>
auch literarisch hervorragenden Persönlichkeiten in Berührung kam. Diese Männer<lb/>
der Periode bor 185!) dem Andenken der Nachwelt zu überliefern, hat er sich hier<lb/>
zur Aufgabe gesetzt. Es sind keine eigentliche» Lebensbeschreibungen, sondern nur<lb/>
Umrisse, leichtskizzirte Charakterbilder, verbunden mit anziehenden Schilderungen des<lb/>
literarischen, gesellschaftlichen und politischen Lebens, die Reumont mit feiner Be¬<lb/>
obachtungsgabe hier zeichnet. Eine kurze treffen.de Schilderung der Landschaft, irgend<lb/>
eine ortsgeschichtliche Episode, ein Vorgang ans Neumvnts eigner Polnischer Thätig¬<lb/>
keit führt den Leser geschickt in die Erzählung ein. Mit den aristokratischen Kreisen<lb/>
teilt der Verfasser die Vorliebe für Stammbäume, und hie und da ist auch etwas<lb/>
eingemischt, was mau sich im Salon erzählen mag, was aber fiir das .größere<lb/>
Publikum kaum Interesse hat.  Neumonts politische und kirchliche Stellung ist be-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0293] Literatur. das Wucherthema behandeln wird, voraussichtlich in derselben gründlichen Weise, die wir an ihm kennen. Weimar und Umgebungen. Wenn wir den ersten Band von A. Huschkes „Jllustrirten Städteführer von Thüringen" hier kurz anführen, so glauben wir uns dazu berechtigt, weil wir an einen Führer durch Weimar höhere Anforderungen stellen als an irgend einen andern Städteführer. Robert Springer hat bereits 1368 und 1809 „Weimars klassische Stätten" und „Die klassischen Stätten von Jena und Ilmenau" als Beiträge zur Goetheliteratur in zwei Büchern behandelt, aber viel zu weitschweifig fiir deu, welcher beim Besuche der klassische» Stätten sich dieser Hilfsmittel praktisch bedienen will, als selbständige Schriften nicht durch¬ weg erfreulich. Hermann Franke dagegen, dessen liebenswürdige kundige Führung mehr als einer der Teilnehmer der Versammlung der Goethegesellschaft dankbar zu rühmen hat, giebt uns auf hundert Seiten seines höchst anziehend ausgestatteten Büchleins eine gedrängte Zusammenstellung der klassischen wie der neuern Sehens¬ würdigkeiten Weimars. Ebenso praktisch angeordnet wie in den Angaben durchaus gründlich und zuverlässig, ist das Buch geeignet, sowohl dein frommen Weimar¬ pilger zum treuen Führer zu dienen, wie den flüchtig durchstreifenden in wenigen, aber charakteristischen Zügen über Weimars Geistesgeschichte und ihre äußern Denk¬ male zu belehren. Gerade jetzt, wo das nen eröffnete Gvethehans und Goethe¬ museum manche Besucher an die Ilm zieht, kommt das hübsche kleine Büchlein einem Bedürfnisse entgegen, und viele werden es dem Herausgeber zu danken wissen, daß er ihnen zum Führer geworden. Literatur. Charakterbilder aus der neueren Geschichte Italiens. Ver Alfred von Reu- mont. Leipzig, Duncker und Humblot, 1886. Diese Charakterbilder aus der neueren Geschichte Italiens schließen sich Neu- monts frühern Werken, den „Zeitgenossen" und deu „Biographischen Denkmalen," an; auch sie beruhen wesentlich ans persönlichen Erinnerungen. Reumont hat von Jugend ans in den Kreisen der vornehmen Gesellschaft verkehrt und namentlich lange in Italien gelebt, wo er mit zahlreichen Politisch, künstlerisch und besonders auch literarisch hervorragenden Persönlichkeiten in Berührung kam. Diese Männer der Periode bor 185!) dem Andenken der Nachwelt zu überliefern, hat er sich hier zur Aufgabe gesetzt. Es sind keine eigentliche» Lebensbeschreibungen, sondern nur Umrisse, leichtskizzirte Charakterbilder, verbunden mit anziehenden Schilderungen des literarischen, gesellschaftlichen und politischen Lebens, die Reumont mit feiner Be¬ obachtungsgabe hier zeichnet. Eine kurze treffen.de Schilderung der Landschaft, irgend eine ortsgeschichtliche Episode, ein Vorgang ans Neumvnts eigner Polnischer Thätig¬ keit führt den Leser geschickt in die Erzählung ein. Mit den aristokratischen Kreisen teilt der Verfasser die Vorliebe für Stammbäume, und hie und da ist auch etwas eingemischt, was mau sich im Salon erzählen mag, was aber fiir das .größere Publikum kaum Interesse hat. Neumonts politische und kirchliche Stellung ist be-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/293
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/293>, abgerufen am 01.05.2024.