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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.

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Dichterfrenndinnen.

liebenswürdig genug war, zuzugeben, uicht nach jedermanns Geschmack. So
durfte ich meiner Galanterie gestatten, diese Hinterthür zu benutzen und bei
einigen Anstandslöffelu zuzusehen, wie das Familienhaupt vergnügt einige Teller
schmanßte, zu allem Überfluß durch den Umstand getröstet, daß ich Zeuge
gewesen war, wie die zwei Ferkelchen des Hauses eine gelungene Razzia in den
auf dem Boden der Veranda niedergesetzten Napf mit den frischgepflückten Kei-
leken ausführen konnten, bevor es den zur Bewachung aufgestellten Kindern
gelang, sie zurückzuschlagen.

So gut ich nun im Forsthause aufgehoben war, so hatte der Aufenthalt doch
für mich sein Unbehagliches dadurch, daß ich uicht wußte, wie weit die Aufnahme
Sache der Gastfreundschaft, wie weit sie Sache des Geschäfts war. Da nun oben¬
drein für die nächsten Tage zwei Beamte der Palffyschen Grnndherrschaft
angemeldet waren, die mich bei der Beschränktheit der Wohnung und der Be¬
vorzugung, die ihnen gebührte, sehr in die Enge treiben mußten, beschloß ich,
die Liebenswürdigktcit der Wirte durch entsprechende Rücksicht zu erwiedern
und meine Untersuchung möglichst schnell abzuschließen, eine Aufgabe, bei der
mir Woland bereitwillig an die Hand ging. Die drei Tage, welche mir im
ganzen nur zu Gebote standen, verwandte ich einmal darauf, mich über die Ver¬
hältnisse der alten Hausgenossenschaft eingehender zu unterrichten. Dann lag
mir am Herzen, einen recht alten, von Neuerungen so gut wie ganz unberührten
Hof ausfindig zu macheu und in allen seinen Teilen aufzunehmen. Hierbei
stieß ich indes bei der Kürze der Zeit auf unüberwindliche Schwierigkeiten, da
bald das Wohnhaus, bald die Nebengebäude in letzter Zeit mehr oder weniger
einen Umbau erfahren hatten. (Schluß folgt.)




Dichterfreundinnen.
von Franz Pfalz.
^ Lharlotte von Stein.

s ist immer so: die Frauen machen die Geschichte anziehender,
aber auch verwickelter, als sie sein würde, wenn sie allein von
Männern handelte. Ohne Zweifel, weil sich ein großer Teil des
weiblichen Einflusses hinter geschlossenen Thüren abspielt. Auch
die Literaturgeschichte hat mit den Frauen zu rechnen, und hier
sind es besonders die sogenannten klassischen Zeiten, denen die Frauen gewisser¬
maßen Weihe und Glanz verleihen. Nicht als Schriftstellerinnen vom Hand-


Dichterfrenndinnen.

liebenswürdig genug war, zuzugeben, uicht nach jedermanns Geschmack. So
durfte ich meiner Galanterie gestatten, diese Hinterthür zu benutzen und bei
einigen Anstandslöffelu zuzusehen, wie das Familienhaupt vergnügt einige Teller
schmanßte, zu allem Überfluß durch den Umstand getröstet, daß ich Zeuge
gewesen war, wie die zwei Ferkelchen des Hauses eine gelungene Razzia in den
auf dem Boden der Veranda niedergesetzten Napf mit den frischgepflückten Kei-
leken ausführen konnten, bevor es den zur Bewachung aufgestellten Kindern
gelang, sie zurückzuschlagen.

So gut ich nun im Forsthause aufgehoben war, so hatte der Aufenthalt doch
für mich sein Unbehagliches dadurch, daß ich uicht wußte, wie weit die Aufnahme
Sache der Gastfreundschaft, wie weit sie Sache des Geschäfts war. Da nun oben¬
drein für die nächsten Tage zwei Beamte der Palffyschen Grnndherrschaft
angemeldet waren, die mich bei der Beschränktheit der Wohnung und der Be¬
vorzugung, die ihnen gebührte, sehr in die Enge treiben mußten, beschloß ich,
die Liebenswürdigktcit der Wirte durch entsprechende Rücksicht zu erwiedern
und meine Untersuchung möglichst schnell abzuschließen, eine Aufgabe, bei der
mir Woland bereitwillig an die Hand ging. Die drei Tage, welche mir im
ganzen nur zu Gebote standen, verwandte ich einmal darauf, mich über die Ver¬
hältnisse der alten Hausgenossenschaft eingehender zu unterrichten. Dann lag
mir am Herzen, einen recht alten, von Neuerungen so gut wie ganz unberührten
Hof ausfindig zu macheu und in allen seinen Teilen aufzunehmen. Hierbei
stieß ich indes bei der Kürze der Zeit auf unüberwindliche Schwierigkeiten, da
bald das Wohnhaus, bald die Nebengebäude in letzter Zeit mehr oder weniger
einen Umbau erfahren hatten. (Schluß folgt.)




Dichterfreundinnen.
von Franz Pfalz.
^ Lharlotte von Stein.

s ist immer so: die Frauen machen die Geschichte anziehender,
aber auch verwickelter, als sie sein würde, wenn sie allein von
Männern handelte. Ohne Zweifel, weil sich ein großer Teil des
weiblichen Einflusses hinter geschlossenen Thüren abspielt. Auch
die Literaturgeschichte hat mit den Frauen zu rechnen, und hier
sind es besonders die sogenannten klassischen Zeiten, denen die Frauen gewisser¬
maßen Weihe und Glanz verleihen. Nicht als Schriftstellerinnen vom Hand-


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[0083] Dichterfrenndinnen. liebenswürdig genug war, zuzugeben, uicht nach jedermanns Geschmack. So durfte ich meiner Galanterie gestatten, diese Hinterthür zu benutzen und bei einigen Anstandslöffelu zuzusehen, wie das Familienhaupt vergnügt einige Teller schmanßte, zu allem Überfluß durch den Umstand getröstet, daß ich Zeuge gewesen war, wie die zwei Ferkelchen des Hauses eine gelungene Razzia in den auf dem Boden der Veranda niedergesetzten Napf mit den frischgepflückten Kei- leken ausführen konnten, bevor es den zur Bewachung aufgestellten Kindern gelang, sie zurückzuschlagen. So gut ich nun im Forsthause aufgehoben war, so hatte der Aufenthalt doch für mich sein Unbehagliches dadurch, daß ich uicht wußte, wie weit die Aufnahme Sache der Gastfreundschaft, wie weit sie Sache des Geschäfts war. Da nun oben¬ drein für die nächsten Tage zwei Beamte der Palffyschen Grnndherrschaft angemeldet waren, die mich bei der Beschränktheit der Wohnung und der Be¬ vorzugung, die ihnen gebührte, sehr in die Enge treiben mußten, beschloß ich, die Liebenswürdigktcit der Wirte durch entsprechende Rücksicht zu erwiedern und meine Untersuchung möglichst schnell abzuschließen, eine Aufgabe, bei der mir Woland bereitwillig an die Hand ging. Die drei Tage, welche mir im ganzen nur zu Gebote standen, verwandte ich einmal darauf, mich über die Ver¬ hältnisse der alten Hausgenossenschaft eingehender zu unterrichten. Dann lag mir am Herzen, einen recht alten, von Neuerungen so gut wie ganz unberührten Hof ausfindig zu macheu und in allen seinen Teilen aufzunehmen. Hierbei stieß ich indes bei der Kürze der Zeit auf unüberwindliche Schwierigkeiten, da bald das Wohnhaus, bald die Nebengebäude in letzter Zeit mehr oder weniger einen Umbau erfahren hatten. (Schluß folgt.) Dichterfreundinnen. von Franz Pfalz. ^ Lharlotte von Stein. s ist immer so: die Frauen machen die Geschichte anziehender, aber auch verwickelter, als sie sein würde, wenn sie allein von Männern handelte. Ohne Zweifel, weil sich ein großer Teil des weiblichen Einflusses hinter geschlossenen Thüren abspielt. Auch die Literaturgeschichte hat mit den Frauen zu rechnen, und hier sind es besonders die sogenannten klassischen Zeiten, denen die Frauen gewisser¬ maßen Weihe und Glanz verleihen. Nicht als Schriftstellerinnen vom Hand-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353/83>, abgerufen am 29.04.2024.