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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr.

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Theaterstücke in Weimar und Lauchstädt zur Aufführung verhalf. Nur der
Oratorientext: "Das Ende des Gerechten" hat sich durch Schichts Komposition
lange erhalten; der schöne und noch heute gern gehörte Grabgesang: "Wir
drücken dir die Augen zu" stammt daraus.

Weniger ist bisher darüber bekannt geworden, daß Rochlitz auch der bil¬
denden Kunst das lebhafteste Interesse zuwandte. Zwar fehlt es weder bei
Biedermann uoch in Goethes Briefen an Rochlitz an Hinweisen darauf; viel
deutlicher aber tritt -- neben manchem andern -- gerade diese Seite seiner
Persönlichkeit zu Tage aus zwei Schriftstücken von ihm, die bisher unbekannt
gewesen sind: 1. aus seiner Einladung zur Gründung eines Kunstvereins in
Leipzig vom Jahre 1826, die sich in den Akten des Leipziger Kunstvereins
befindet, und 2. aus seinem Testament vom Jahre 1839, das im Archiv des
Leipziger Amtsgerichts aufbewahrt wird. Zum Verständnis beider Schriftstücke
wird es nur weniger einleitender Bemerkungen bedürfen.

1. Seine Einladung zur Gründung eines Kunstvereins in Leipzig.
1826.

Die erste Anregung zur Gründung eines Kunstvereins in Leipzig ging von
dem allen Knnstfvrschern durch sein grundlegendes Werk über die Denkmale der
Baukunst des Mittelalters in Sachsen wohlbekannten or, Puttrich aus. Dieser
hatte sich bereits 1824 mit dem Buchhändler Weigel wiederholt darüber besprochen,
"ob es nicht möglich sei, in Sachsen, und namentlich in Leipzig, eine Vereinigung
von Künstlern und Kunstliebhabern zutreffen, welche denselben Zweck beabsichtigten,
als der ihnen nur vom Hörensagen bekannte Kunstverein zu München." Um die Be¬
strebungen des Münchner Vereins kennen zu lernen, hatte er sich dnrch den Hofmaler
Quaglio in München einen Abdruck der dortigen Satzungen (von 1824) kommen
lassen. Im Oktober 1825 kam der Buchhändler Ambrosius Barth unnbhäugig
von den Genannten auf denselben Gedanken und machte Puttrich davon Mit¬
teilung, und da um dieselbe Zeit auch der Maler Börner aus München nach
Leipzig gekommen war und ihnen über die Verhältnisse des Münchner Vereins
manches mitgeteilt hatte, so lud Puttrich die beiden andern zu einigen Vor¬
besprechungen ein, bei denen die Münchner und auch die inzwischen noch bekannt
gewordenen Berliner Satzungen zu Grunde gelegt und den Leipziger Verhält¬
nissen angepaßt wurden. Ihr Plan ging dahin, "in Leipzig und Dresden zwei
Hauptbranchen des Kunstvereins zu bilden, welche ein Corpus ausmachen und
gleiche Gerechtsame haben, jedoch jederzeit vereint agiren sollen." Die erste
Zusammenkunft fand am 15. Oktober 1825 in Pnttrichs Wohnung statt; es
hatten sich Barth und Börner dazu eingefunden, und man besprach die Münchner
Satzungen. Am 18. Oktober nahm man die Berliner Statuten vor. Zu weitern
Beratungen wurden noch die bekannten Kunstfreunde Quandt und Dr. Hillig
zugezogen, und auf Quandts Rat ließ man den Gedanken, einen Doppclverein


Theaterstücke in Weimar und Lauchstädt zur Aufführung verhalf. Nur der
Oratorientext: „Das Ende des Gerechten" hat sich durch Schichts Komposition
lange erhalten; der schöne und noch heute gern gehörte Grabgesang: „Wir
drücken dir die Augen zu" stammt daraus.

Weniger ist bisher darüber bekannt geworden, daß Rochlitz auch der bil¬
denden Kunst das lebhafteste Interesse zuwandte. Zwar fehlt es weder bei
Biedermann uoch in Goethes Briefen an Rochlitz an Hinweisen darauf; viel
deutlicher aber tritt — neben manchem andern — gerade diese Seite seiner
Persönlichkeit zu Tage aus zwei Schriftstücken von ihm, die bisher unbekannt
gewesen sind: 1. aus seiner Einladung zur Gründung eines Kunstvereins in
Leipzig vom Jahre 1826, die sich in den Akten des Leipziger Kunstvereins
befindet, und 2. aus seinem Testament vom Jahre 1839, das im Archiv des
Leipziger Amtsgerichts aufbewahrt wird. Zum Verständnis beider Schriftstücke
wird es nur weniger einleitender Bemerkungen bedürfen.

1. Seine Einladung zur Gründung eines Kunstvereins in Leipzig.
1826.

Die erste Anregung zur Gründung eines Kunstvereins in Leipzig ging von
dem allen Knnstfvrschern durch sein grundlegendes Werk über die Denkmale der
Baukunst des Mittelalters in Sachsen wohlbekannten or, Puttrich aus. Dieser
hatte sich bereits 1824 mit dem Buchhändler Weigel wiederholt darüber besprochen,
„ob es nicht möglich sei, in Sachsen, und namentlich in Leipzig, eine Vereinigung
von Künstlern und Kunstliebhabern zutreffen, welche denselben Zweck beabsichtigten,
als der ihnen nur vom Hörensagen bekannte Kunstverein zu München." Um die Be¬
strebungen des Münchner Vereins kennen zu lernen, hatte er sich dnrch den Hofmaler
Quaglio in München einen Abdruck der dortigen Satzungen (von 1824) kommen
lassen. Im Oktober 1825 kam der Buchhändler Ambrosius Barth unnbhäugig
von den Genannten auf denselben Gedanken und machte Puttrich davon Mit¬
teilung, und da um dieselbe Zeit auch der Maler Börner aus München nach
Leipzig gekommen war und ihnen über die Verhältnisse des Münchner Vereins
manches mitgeteilt hatte, so lud Puttrich die beiden andern zu einigen Vor¬
besprechungen ein, bei denen die Münchner und auch die inzwischen noch bekannt
gewordenen Berliner Satzungen zu Grunde gelegt und den Leipziger Verhält¬
nissen angepaßt wurden. Ihr Plan ging dahin, „in Leipzig und Dresden zwei
Hauptbranchen des Kunstvereins zu bilden, welche ein Corpus ausmachen und
gleiche Gerechtsame haben, jedoch jederzeit vereint agiren sollen." Die erste
Zusammenkunft fand am 15. Oktober 1825 in Pnttrichs Wohnung statt; es
hatten sich Barth und Börner dazu eingefunden, und man besprach die Münchner
Satzungen. Am 18. Oktober nahm man die Berliner Statuten vor. Zu weitern
Beratungen wurden noch die bekannten Kunstfreunde Quandt und Dr. Hillig
zugezogen, und auf Quandts Rat ließ man den Gedanken, einen Doppclverein


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[0424] Theaterstücke in Weimar und Lauchstädt zur Aufführung verhalf. Nur der Oratorientext: „Das Ende des Gerechten" hat sich durch Schichts Komposition lange erhalten; der schöne und noch heute gern gehörte Grabgesang: „Wir drücken dir die Augen zu" stammt daraus. Weniger ist bisher darüber bekannt geworden, daß Rochlitz auch der bil¬ denden Kunst das lebhafteste Interesse zuwandte. Zwar fehlt es weder bei Biedermann uoch in Goethes Briefen an Rochlitz an Hinweisen darauf; viel deutlicher aber tritt — neben manchem andern — gerade diese Seite seiner Persönlichkeit zu Tage aus zwei Schriftstücken von ihm, die bisher unbekannt gewesen sind: 1. aus seiner Einladung zur Gründung eines Kunstvereins in Leipzig vom Jahre 1826, die sich in den Akten des Leipziger Kunstvereins befindet, und 2. aus seinem Testament vom Jahre 1839, das im Archiv des Leipziger Amtsgerichts aufbewahrt wird. Zum Verständnis beider Schriftstücke wird es nur weniger einleitender Bemerkungen bedürfen. 1. Seine Einladung zur Gründung eines Kunstvereins in Leipzig. 1826. Die erste Anregung zur Gründung eines Kunstvereins in Leipzig ging von dem allen Knnstfvrschern durch sein grundlegendes Werk über die Denkmale der Baukunst des Mittelalters in Sachsen wohlbekannten or, Puttrich aus. Dieser hatte sich bereits 1824 mit dem Buchhändler Weigel wiederholt darüber besprochen, „ob es nicht möglich sei, in Sachsen, und namentlich in Leipzig, eine Vereinigung von Künstlern und Kunstliebhabern zutreffen, welche denselben Zweck beabsichtigten, als der ihnen nur vom Hörensagen bekannte Kunstverein zu München." Um die Be¬ strebungen des Münchner Vereins kennen zu lernen, hatte er sich dnrch den Hofmaler Quaglio in München einen Abdruck der dortigen Satzungen (von 1824) kommen lassen. Im Oktober 1825 kam der Buchhändler Ambrosius Barth unnbhäugig von den Genannten auf denselben Gedanken und machte Puttrich davon Mit¬ teilung, und da um dieselbe Zeit auch der Maler Börner aus München nach Leipzig gekommen war und ihnen über die Verhältnisse des Münchner Vereins manches mitgeteilt hatte, so lud Puttrich die beiden andern zu einigen Vor¬ besprechungen ein, bei denen die Münchner und auch die inzwischen noch bekannt gewordenen Berliner Satzungen zu Grunde gelegt und den Leipziger Verhält¬ nissen angepaßt wurden. Ihr Plan ging dahin, „in Leipzig und Dresden zwei Hauptbranchen des Kunstvereins zu bilden, welche ein Corpus ausmachen und gleiche Gerechtsame haben, jedoch jederzeit vereint agiren sollen." Die erste Zusammenkunft fand am 15. Oktober 1825 in Pnttrichs Wohnung statt; es hatten sich Barth und Börner dazu eingefunden, und man besprach die Münchner Satzungen. Am 18. Oktober nahm man die Berliner Statuten vor. Zu weitern Beratungen wurden noch die bekannten Kunstfreunde Quandt und Dr. Hillig zugezogen, und auf Quandts Rat ließ man den Gedanken, einen Doppclverein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200778/424>, abgerufen am 29.04.2024.